und ernstlich zu Werke gehen, leicht einleuchtet, daß es sogar einerseits im Thierreiche ganze Ordnungen, als der Vögel, oder Gattungen, z. B. der Blakfische (Dintenfische, sepiae) gebe, welche sehr übel, und nur durch gewisse Affektation in einem solchen Schema der Stu- fenfolge in den Naturdingen mit andern benach- barten verbunden werden; anderer Seits aber sich Thierarten finden, z. B. die Schildläuse (cocci), wo zwischen der Beschaffenheit beyder Geschlechter ein so großer Unterschied eintritt, daß man, um sie in eine solche Leiter zu passen, die Männchen von ihren Weibchen sehr weit entfernen, und die verschiedene Geschlechter von einerley Art an ganz verschiedenen Orten an- bringen müste; daß es aber im Gegentheile in diesen Schematen unläugbar sehr große Lücken gebe, wodurch die Naturreiche sich am offen- barsten von einander unterscheiden; und ande- res der Art mehr; wiewohl, sage ich, alles recht erwogen, ich jene gewöhnliche von den Physikotheologen insgemein ausgeschmückte und gepriesene Wichtigkeit und Würde in der Lehre von der Stufenfolge der Natur, auf keinen Fall an- erkennen kann, so gebe ich doch sehr gern das zu, daß diese metaphorischen und allegorischen Spie- le einen unläugbaren Nutzen für die Erleichte- rung der Methode in der Naturgeschichte haben.
Denn
**2
und ernſtlich zu Werke gehen, leicht einleuchtet, daß es ſogar einerſeits im Thierreiche ganze Ordnungen, als der Voͤgel, oder Gattungen, z. B. der Blakfiſche (Dintenfiſche, ſepiae) gebe, welche ſehr uͤbel, und nur durch gewiſſe Affektation in einem ſolchen Schema der Stu- fenfolge in den Naturdingen mit andern benach- barten verbunden werden; anderer Seits aber ſich Thierarten finden, z. B. die Schildlaͤuſe (cocci), wo zwiſchen der Beſchaffenheit beyder Geſchlechter ein ſo großer Unterſchied eintritt, daß man, um ſie in eine ſolche Leiter zu paſſen, die Maͤnnchen von ihren Weibchen ſehr weit entfernen, und die verſchiedene Geſchlechter von einerley Art an ganz verſchiedenen Orten an- bringen muͤſte; daß es aber im Gegentheile in dieſen Schematen unlaͤugbar ſehr große Luͤcken gebe, wodurch die Naturreiche ſich am offen- barſten von einander unterſcheiden; und ande- res der Art mehr; wiewohl, ſage ich, alles recht erwogen, ich jene gewoͤhnliche von den Phyſikotheologen insgemein ausgeſchmuͤckte und geprieſene Wichtigkeit und Wuͤrde in der Lehre von der Stufenfolge der Natur, auf keinen Fall an- erkennen kann, ſo gebe ich doch ſehr gern das zu, daß dieſe metaphoriſchen und allegoriſchen Spie- le einen unlaͤugbaren Nutzen fuͤr die Erleichte- rung der Methode in der Naturgeſchichte haben.
Denn
**2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0021"n="XIX"/>
und ernſtlich zu <hirendition="#fr">Werke</hi> gehen, leicht einleuchtet,<lb/>
daß es ſogar einerſeits im Thierreiche ganze<lb/>
Ordnungen, als der Voͤgel, oder Gattungen,<lb/>
z. B. der <hirendition="#fr">Blakfiſche</hi> (Dintenfiſche, <hirendition="#aq">ſepiae</hi>)<lb/>
gebe, welche ſehr uͤbel, und nur durch gewiſſe<lb/>
Affektation in einem ſolchen Schema der Stu-<lb/>
fenfolge in den Naturdingen mit andern benach-<lb/>
barten verbunden werden; anderer Seits aber<lb/>ſich Thierarten finden, z. B. die Schildlaͤuſe<lb/><hirendition="#aq">(cocci),</hi> wo zwiſchen der Beſchaffenheit beyder<lb/>
Geſchlechter ein ſo großer Unterſchied eintritt,<lb/>
daß man, um ſie in eine ſolche Leiter zu paſſen,<lb/>
die Maͤnnchen von ihren Weibchen ſehr weit<lb/>
entfernen, und die verſchiedene Geſchlechter von<lb/>
einerley Art an ganz verſchiedenen Orten an-<lb/>
bringen muͤſte; daß es aber im Gegentheile in<lb/>
dieſen Schematen unlaͤugbar ſehr große Luͤcken<lb/>
gebe, wodurch die Naturreiche ſich am offen-<lb/>
barſten von einander unterſcheiden; und ande-<lb/>
res der Art mehr; wiewohl, ſage ich, alles<lb/>
recht erwogen, ich jene gewoͤhnliche von den<lb/>
Phyſikotheologen insgemein ausgeſchmuͤckte und<lb/>
geprieſene Wichtigkeit und Wuͤrde in der Lehre von<lb/>
der Stufenfolge der Natur, auf keinen Fall an-<lb/>
erkennen kann, ſo gebe ich doch ſehr gern das zu,<lb/>
daß dieſe metaphoriſchen und allegoriſchen Spie-<lb/>
le einen unlaͤugbaren Nutzen fuͤr die Erleichte-<lb/>
rung der <choice><sic>Methobe</sic><corr>Methode</corr></choice> in der Naturgeſchichte haben.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">**2</fw><fwplace="bottom"type="catch">Denn</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[XIX/0021]
und ernſtlich zu Werke gehen, leicht einleuchtet,
daß es ſogar einerſeits im Thierreiche ganze
Ordnungen, als der Voͤgel, oder Gattungen,
z. B. der Blakfiſche (Dintenfiſche, ſepiae)
gebe, welche ſehr uͤbel, und nur durch gewiſſe
Affektation in einem ſolchen Schema der Stu-
fenfolge in den Naturdingen mit andern benach-
barten verbunden werden; anderer Seits aber
ſich Thierarten finden, z. B. die Schildlaͤuſe
(cocci), wo zwiſchen der Beſchaffenheit beyder
Geſchlechter ein ſo großer Unterſchied eintritt,
daß man, um ſie in eine ſolche Leiter zu paſſen,
die Maͤnnchen von ihren Weibchen ſehr weit
entfernen, und die verſchiedene Geſchlechter von
einerley Art an ganz verſchiedenen Orten an-
bringen muͤſte; daß es aber im Gegentheile in
dieſen Schematen unlaͤugbar ſehr große Luͤcken
gebe, wodurch die Naturreiche ſich am offen-
barſten von einander unterſcheiden; und ande-
res der Art mehr; wiewohl, ſage ich, alles
recht erwogen, ich jene gewoͤhnliche von den
Phyſikotheologen insgemein ausgeſchmuͤckte und
geprieſene Wichtigkeit und Wuͤrde in der Lehre von
der Stufenfolge der Natur, auf keinen Fall an-
erkennen kann, ſo gebe ich doch ſehr gern das zu,
daß dieſe metaphoriſchen und allegoriſchen Spie-
le einen unlaͤugbaren Nutzen fuͤr die Erleichte-
rung der Methode in der Naturgeſchichte haben.
Denn
**2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. XIX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/21>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.