Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

und ernstlich zu Werke gehen, leicht einleuchtet,
daß es sogar einerseits im Thierreiche ganze
Ordnungen, als der Vögel, oder Gattungen,
z. B. der Blakfische (Dintenfische, sepiae)
gebe, welche sehr übel, und nur durch gewisse
Affektation in einem solchen Schema der Stu-
fenfolge in den Naturdingen mit andern benach-
barten verbunden werden; anderer Seits aber
sich Thierarten finden, z. B. die Schildläuse
(cocci), wo zwischen der Beschaffenheit beyder
Geschlechter ein so großer Unterschied eintritt,
daß man, um sie in eine solche Leiter zu passen,
die Männchen von ihren Weibchen sehr weit
entfernen, und die verschiedene Geschlechter von
einerley Art an ganz verschiedenen Orten an-
bringen müste; daß es aber im Gegentheile in
diesen Schematen unläugbar sehr große Lücken
gebe, wodurch die Naturreiche sich am offen-
barsten von einander unterscheiden; und ande-
res der Art mehr; wiewohl, sage ich, alles
recht erwogen, ich jene gewöhnliche von den
Physikotheologen insgemein ausgeschmückte und
gepriesene Wichtigkeit und Würde in der Lehre von
der Stufenfolge der Natur, auf keinen Fall an-
erkennen kann, so gebe ich doch sehr gern das zu,
daß diese metaphorischen und allegorischen Spie-
le einen unläugbaren Nutzen für die Erleichte-
rung der Methode in der Naturgeschichte haben.


Denn
**2

und ernſtlich zu Werke gehen, leicht einleuchtet,
daß es ſogar einerſeits im Thierreiche ganze
Ordnungen, als der Voͤgel, oder Gattungen,
z. B. der Blakfiſche (Dintenfiſche, ſepiae)
gebe, welche ſehr uͤbel, und nur durch gewiſſe
Affektation in einem ſolchen Schema der Stu-
fenfolge in den Naturdingen mit andern benach-
barten verbunden werden; anderer Seits aber
ſich Thierarten finden, z. B. die Schildlaͤuſe
(cocci), wo zwiſchen der Beſchaffenheit beyder
Geſchlechter ein ſo großer Unterſchied eintritt,
daß man, um ſie in eine ſolche Leiter zu paſſen,
die Maͤnnchen von ihren Weibchen ſehr weit
entfernen, und die verſchiedene Geſchlechter von
einerley Art an ganz verſchiedenen Orten an-
bringen muͤſte; daß es aber im Gegentheile in
dieſen Schematen unlaͤugbar ſehr große Luͤcken
gebe, wodurch die Naturreiche ſich am offen-
barſten von einander unterſcheiden; und ande-
res der Art mehr; wiewohl, ſage ich, alles
recht erwogen, ich jene gewoͤhnliche von den
Phyſikotheologen insgemein ausgeſchmuͤckte und
geprieſene Wichtigkeit und Wuͤrde in der Lehre von
der Stufenfolge der Natur, auf keinen Fall an-
erkennen kann, ſo gebe ich doch ſehr gern das zu,
daß dieſe metaphoriſchen und allegoriſchen Spie-
le einen unlaͤugbaren Nutzen fuͤr die Erleichte-
rung der Methode in der Naturgeſchichte haben.


Denn
**2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0021" n="XIX"/>
und ern&#x017F;tlich zu <hi rendition="#fr">Werke</hi> gehen, leicht einleuchtet,<lb/>
daß es &#x017F;ogar einer&#x017F;eits im Thierreiche ganze<lb/>
Ordnungen, als der Vo&#x0364;gel, oder Gattungen,<lb/>
z. B. der <hi rendition="#fr">Blakfi&#x017F;che</hi> (Dintenfi&#x017F;che, <hi rendition="#aq">&#x017F;epiae</hi>)<lb/>
gebe, welche &#x017F;ehr u&#x0364;bel, und nur durch gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Affektation in einem &#x017F;olchen Schema der Stu-<lb/>
fenfolge in den Naturdingen mit andern benach-<lb/>
barten verbunden werden; anderer Seits aber<lb/>
&#x017F;ich Thierarten finden, z. B. die Schildla&#x0364;u&#x017F;e<lb/><hi rendition="#aq">(cocci),</hi> wo zwi&#x017F;chen der Be&#x017F;chaffenheit beyder<lb/>
Ge&#x017F;chlechter ein &#x017F;o großer Unter&#x017F;chied eintritt,<lb/>
daß man, um &#x017F;ie in eine &#x017F;olche Leiter zu pa&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
die Ma&#x0364;nnchen von ihren Weibchen &#x017F;ehr weit<lb/>
entfernen, und die ver&#x017F;chiedene Ge&#x017F;chlechter von<lb/>
einerley Art an ganz ver&#x017F;chiedenen Orten an-<lb/>
bringen mu&#x0364;&#x017F;te; daß es aber im Gegentheile in<lb/>
die&#x017F;en Schematen unla&#x0364;ugbar &#x017F;ehr große Lu&#x0364;cken<lb/>
gebe, wodurch die Naturreiche &#x017F;ich am offen-<lb/>
bar&#x017F;ten von einander unter&#x017F;cheiden; und ande-<lb/>
res der Art mehr; wiewohl, &#x017F;age ich, alles<lb/>
recht erwogen, ich jene gewo&#x0364;hnliche von den<lb/>
Phy&#x017F;ikotheologen insgemein ausge&#x017F;chmu&#x0364;ckte und<lb/>
geprie&#x017F;ene Wichtigkeit und Wu&#x0364;rde in der Lehre von<lb/>
der Stufenfolge der Natur, auf keinen Fall an-<lb/>
erkennen kann, &#x017F;o gebe ich doch &#x017F;ehr gern das zu,<lb/>
daß die&#x017F;e metaphori&#x017F;chen und allegori&#x017F;chen Spie-<lb/>
le einen unla&#x0364;ugbaren Nutzen fu&#x0364;r die Erleichte-<lb/>
rung der <choice><sic>Methobe</sic><corr>Methode</corr></choice> in der Naturge&#x017F;chichte haben.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">**2</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Denn</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[XIX/0021] und ernſtlich zu Werke gehen, leicht einleuchtet, daß es ſogar einerſeits im Thierreiche ganze Ordnungen, als der Voͤgel, oder Gattungen, z. B. der Blakfiſche (Dintenfiſche, ſepiae) gebe, welche ſehr uͤbel, und nur durch gewiſſe Affektation in einem ſolchen Schema der Stu- fenfolge in den Naturdingen mit andern benach- barten verbunden werden; anderer Seits aber ſich Thierarten finden, z. B. die Schildlaͤuſe (cocci), wo zwiſchen der Beſchaffenheit beyder Geſchlechter ein ſo großer Unterſchied eintritt, daß man, um ſie in eine ſolche Leiter zu paſſen, die Maͤnnchen von ihren Weibchen ſehr weit entfernen, und die verſchiedene Geſchlechter von einerley Art an ganz verſchiedenen Orten an- bringen muͤſte; daß es aber im Gegentheile in dieſen Schematen unlaͤugbar ſehr große Luͤcken gebe, wodurch die Naturreiche ſich am offen- barſten von einander unterſcheiden; und ande- res der Art mehr; wiewohl, ſage ich, alles recht erwogen, ich jene gewoͤhnliche von den Phyſikotheologen insgemein ausgeſchmuͤckte und geprieſene Wichtigkeit und Wuͤrde in der Lehre von der Stufenfolge der Natur, auf keinen Fall an- erkennen kann, ſo gebe ich doch ſehr gern das zu, daß dieſe metaphoriſchen und allegoriſchen Spie- le einen unlaͤugbaren Nutzen fuͤr die Erleichte- rung der Methode in der Naturgeſchichte haben. Denn **2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/21
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. XIX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/21>, abgerufen am 21.11.2024.