nach welcher die göttlichen Werke altgriechischer Kunst gebildet worden sind. Und eben dies gilt im Allge- meinen von jedem Nationalhabitus.
Eine genauere anatomische Untersuchung ächter Schädel 130) von verschiedenen Völkerschaften würde auch deshalb auf das Studium der Verschiedenheit des Menschengeschlechts vieles Licht verbreiten, weil die von den weichen und veränderlichern Theilen des Gesichts, entblößten Schädel, das feste und blei- bende Fundament des Kopfes aufstellen, und beque- mer bey der Untersuchung gebraucht und in verschie- denen Ansichten betrachtet und mit einander vergli- chen werden können.
Zwar zeigen sich bey einer solchen Vergleichung, der Schädelformen eben solche stufenweise Abweichun- gen, wie bey der Hautfarbe oder andern solchen Ei- genheiten, doch so, daß verwandte Schädel sich nur durch unmerkliche Uibergänge einander nähern. Im allgemeinen behaupten sie jedoch eine so unleugbare, ja auszeichnende Beständigkeit der Charaktere, wel- che zum Nationalhabitus sehr viel beytragen und mit der, den Nationen eigenthümlichen Gesichtsbildung im Ganzen übereinstimmen. Diese Beständigkeit der Form hat einige vortrefliche Anatomen seit Adr. Spiegel 131) darauf geführt, ein allgemeines Maas
und
130) Die Regeln und Kriterien, deren ich mich bey Beurtheilung der Schädel in jener Hinsicht bediene, habe ich in dem ersten Zebud der Schädel- sammlung S. 5. aufgezählt.
131)De corporis humani fabrica. S. 17.
nach welcher die goͤttlichen Werke altgriechiſcher Kunſt gebildet worden ſind. Und eben dies gilt im Allge- meinen von jedem Nationalhabitus.
Eine genauere anatomiſche Unterſuchung aͤchter Schaͤdel 130) von verſchiedenen Voͤlkerſchaften wuͤrde auch deshalb auf das Studium der Verſchiedenheit des Menſchengeſchlechts vieles Licht verbreiten, weil die von den weichen und veraͤnderlichern Theilen des Geſichts, entbloͤßten Schaͤdel, das feſte und blei- bende Fundament des Kopfes aufſtellen, und beque- mer bey der Unterſuchung gebraucht und in verſchie- denen Anſichten betrachtet und mit einander vergli- chen werden koͤnnen.
Zwar zeigen ſich bey einer ſolchen Vergleichung, der Schaͤdelformen eben ſolche ſtufenweiſe Abweichun- gen, wie bey der Hautfarbe oder andern ſolchen Ei- genheiten, doch ſo, daß verwandte Schaͤdel ſich nur durch unmerkliche Uibergaͤnge einander naͤhern. Im allgemeinen behaupten ſie jedoch eine ſo unleugbare, ja auszeichnende Beſtaͤndigkeit der Charaktere, wel- che zum Nationalhabitus ſehr viel beytragen und mit der, den Nationen eigenthuͤmlichen Geſichtsbildung im Ganzen uͤbereinſtimmen. Dieſe Beſtaͤndigkeit der Form hat einige vortrefliche Anatomen ſeit Adr. Spiegel 131) darauf gefuͤhrt, ein allgemeines Maas
und
130) Die Regeln und Kriterien, deren ich mich bey Beurtheilung der Schaͤdel in jener Hinſicht bediene, habe ich in dem erſten Zebud der Schaͤdel- ſammlung S. 5. aufgezaͤhlt.
131)De corporis humani fabrica. S. 17.
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nach welcher die goͤttlichen Werke altgriechiſcher Kunſt
gebildet worden ſind. Und eben dies gilt im Allge-
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Eine genauere anatomiſche Unterſuchung aͤchter
Schaͤdel 130) von verſchiedenen Voͤlkerſchaften wuͤrde
auch deshalb auf das Studium der Verſchiedenheit
des Menſchengeſchlechts vieles Licht verbreiten, weil
die von den weichen und veraͤnderlichern Theilen des
Geſichts, entbloͤßten Schaͤdel, das feſte und blei-
bende Fundament des Kopfes aufſtellen, und beque-
mer bey der Unterſuchung gebraucht und in verſchie-
denen Anſichten betrachtet und mit einander vergli-
chen werden koͤnnen.
Zwar zeigen ſich bey einer ſolchen Vergleichung,
der Schaͤdelformen eben ſolche ſtufenweiſe Abweichun-
gen, wie bey der Hautfarbe oder andern ſolchen Ei-
genheiten, doch ſo, daß verwandte Schaͤdel ſich nur
durch unmerkliche Uibergaͤnge einander naͤhern. Im
allgemeinen behaupten ſie jedoch eine ſo unleugbare,
ja auszeichnende Beſtaͤndigkeit der Charaktere, wel-
che zum Nationalhabitus ſehr viel beytragen und mit
der, den Nationen eigenthuͤmlichen Geſichtsbildung
im Ganzen uͤbereinſtimmen. Dieſe Beſtaͤndigkeit
der Form hat einige vortrefliche Anatomen ſeit Adr.
Spiegel 131) darauf gefuͤhrt, ein allgemeines Maas
und
130) Die Regeln und Kriterien, deren ich mich bey
Beurtheilung der Schaͤdel in jener Hinſicht bediene,
habe ich in dem erſten Zebud der Schaͤdel-
ſammlung S. 5. aufgezaͤhlt.
131) De corporis humani fabrica. S. 17.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/178>, abgerufen am 16.02.2025.
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