großer Mühe angeschaft, und dam eine große An- zahl derselben auf Messen, welche vorzüglich von fremden Völkern bezogen werden, besonders zu Lon- don und Amsterdam, selbst gesehen hatte, einen Versuch gemacht, diese Verschiedenheiten der Natio- nalgesichter in sichere Klassen zu bringen, und da ergeben sich, wo mich nicht alles trügt, fünf, wel- che Muster und Hauptformen der übrigen Verschie- denheiten von minderer Erheblichkeit sind. Es kön- nen wohl besondere Ausnahmen dabey statt finden, allein sie sind doch wirklich der Natur gemäß.
1) Ein ovales, ziemlich gerades Gesicht mit nicht zu stark hervorspringenden einzelnen Theilen.
Flächere Stirn.
Schmälere, leichtgebogene Nase, oder mit nur etwas erhöhtem Rücken.
Die Backenbeine nicht sehr hervorstehend, der Mund klein, mit nur sanft geschwellten Lippen, (welches besonders von der Unterlippe gilt).
Volles gerundetes Kinn.
Dies ist im Allgemeinen, nach unserm Urtheile von Symmetrie, die schönste und wohlgebildeteste Gesichtsform.
Sie ist gleichsam die Mittelform, welche nach beyden Seiten hin durch Verartung in die entgegen- gesetztesten Extreme übergegangen ist, wovon das eine ein in die Breite gezogenes, das andere ein nach unten verlängertes Gesicht darstellt.
Beyde
großer Muͤhe angeſchaft, und dam eine große An- zahl derſelben auf Meſſen, welche vorzuͤglich von fremden Voͤlkern bezogen werden, beſonders zu Lon- don und Amſterdam, ſelbſt geſehen hatte, einen Verſuch gemacht, dieſe Verſchiedenheiten der Natio- nalgeſichter in ſichere Klaſſen zu bringen, und da ergeben ſich, wo mich nicht alles truͤgt, fuͤnf, wel- che Muſter und Hauptformen der uͤbrigen Verſchie- denheiten von minderer Erheblichkeit ſind. Es koͤn- nen wohl beſondere Ausnahmen dabey ſtatt finden, allein ſie ſind doch wirklich der Natur gemaͤß.
1) Ein ovales, ziemlich gerades Geſicht mit nicht zu ſtark hervorſpringenden einzelnen Theilen.
Flaͤchere Stirn.
Schmaͤlere, leichtgebogene Naſe, oder mit nur etwas erhoͤhtem Ruͤcken.
Die Backenbeine nicht ſehr hervorſtehend, der Mund klein, mit nur ſanft geſchwellten Lippen, (welches beſonders von der Unterlippe gilt).
Volles gerundetes Kinn.
Dies iſt im Allgemeinen, nach unſerm Urtheile von Symmetrie, die ſchoͤnſte und wohlgebildeteſte Geſichtsform.
Sie iſt gleichſam die Mittelform, welche nach beyden Seiten hin durch Verartung in die entgegen- geſetzteſten Extreme uͤbergegangen iſt, wovon das eine ein in die Breite gezogenes, das andere ein nach unten verlaͤngertes Geſicht darſtellt.
Beyde
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großer Muͤhe angeſchaft, und dam eine große An-
zahl derſelben auf Meſſen, welche vorzuͤglich von
fremden Voͤlkern bezogen werden, beſonders zu Lon-
don und Amſterdam, ſelbſt geſehen hatte, einen
Verſuch gemacht, dieſe Verſchiedenheiten der Natio-
nalgeſichter in ſichere Klaſſen zu bringen, und da
ergeben ſich, wo mich nicht alles truͤgt, fuͤnf, wel-
che Muſter und Hauptformen der uͤbrigen Verſchie-
denheiten von minderer Erheblichkeit ſind. Es koͤn-
nen wohl beſondere Ausnahmen dabey ſtatt finden,
allein ſie ſind doch wirklich der Natur gemaͤß.
1) Ein ovales, ziemlich gerades Geſicht mit
nicht zu ſtark hervorſpringenden einzelnen Theilen.
Flaͤchere Stirn.
Schmaͤlere, leichtgebogene Naſe, oder mit nur
etwas erhoͤhtem Ruͤcken.
Die Backenbeine nicht ſehr hervorſtehend, der
Mund klein, mit nur ſanft geſchwellten Lippen,
(welches beſonders von der Unterlippe gilt).
Volles gerundetes Kinn.
Dies iſt im Allgemeinen, nach unſerm Urtheile
von Symmetrie, die ſchoͤnſte und wohlgebildeteſte
Geſichtsform.
Sie iſt gleichſam die Mittelform, welche nach
beyden Seiten hin durch Verartung in die entgegen-
geſetzteſten Extreme uͤbergegangen iſt, wovon das
eine ein in die Breite gezogenes, das andere ein
nach unten verlaͤngertes Geſicht darſtellt.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/164>, abgerufen am 16.02.2025.
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