kein von einem glaubwürdigen Zeugen erzähltes Bey- spiel vorgekommen, wo eine solche Verbindung frucht- bar gewesen, und aus der abscheulichen Begattung des Menschen mit dem Thiere ein Bastard erzeugt worden wäre.
Sondern wir handeln blos von jenen Bastarden, welche aus einer Verbindung verschiedener Ausar- tungen einer und derselben Thierspezies entsprießen, wie z. B. die aus der Verbindung des grünen Ka- narienvogels mit der weißen Varietät entstandenen, sind; welche Vermischung zur Umänderung der Far- be, und Bildung der neuen daraus entstehenden Nach- kommenschaft so auffallend wirkt, daß man sich ih- rer auch zur Verbesserung und Verädlung der Zucht der Hausthiere, besonders der Pferde und Schaafe, mit sehr großem Nutzen bedient.
§. 38. Thieren durch Kränklichkeit angeerbte Eigenschaften.
Die durch Kränklichkeit angeerbte Verfassung scheint zwar beym ersten Anblick mehr zur Patholo- gie, als zur Naturgeschichte zu gehören. Erwägt man aber die Sache sorgfältiger, so wird man leicht einsehen, daß sie aus mehr als einem Grunde auch zu diesen jetzt abgehandelten Ursachen der Verar- tung könne gerechnet werden.
Denn erstens scheinen gewisse äußere Beschaffen- heiten der Thiere, wiewohl man sie nach den gemei- nen Begriffen gar einem wirklich kranken Zustande nicht zuzuschreiben pflegt, doch zunächst von ihm herzukommen, indem sie mehrentheils widernatürlich
mit
F 2
kein von einem glaubwuͤrdigen Zeugen erzaͤhltes Bey- ſpiel vorgekommen, wo eine ſolche Verbindung frucht- bar geweſen, und aus der abſcheulichen Begattung des Menſchen mit dem Thiere ein Baſtard erzeugt worden waͤre.
Sondern wir handeln blos von jenen Baſtarden, welche aus einer Verbindung verſchiedener Ausar- tungen einer und derſelben Thierſpezies entſprießen, wie z. B. die aus der Verbindung des gruͤnen Ka- narienvogels mit der weißen Varietaͤt entſtandenen, ſind; welche Vermiſchung zur Umaͤnderung der Far- be, und Bildung der neuen daraus entſtehenden Nach- kommenſchaft ſo auffallend wirkt, daß man ſich ih- rer auch zur Verbeſſerung und Veraͤdlung der Zucht der Hausthiere, beſonders der Pferde und Schaafe, mit ſehr großem Nutzen bedient.
§. 38. Thieren durch Kraͤnklichkeit angeerbte Eigenſchaften.
Die durch Kraͤnklichkeit angeerbte Verfaſſung ſcheint zwar beym erſten Anblick mehr zur Patholo- gie, als zur Naturgeſchichte zu gehoͤren. Erwaͤgt man aber die Sache ſorgfaͤltiger, ſo wird man leicht einſehen, daß ſie aus mehr als einem Grunde auch zu dieſen jetzt abgehandelten Urſachen der Verar- tung koͤnne gerechnet werden.
Denn erſtens ſcheinen gewiſſe aͤußere Beſchaffen- heiten der Thiere, wiewohl man ſie nach den gemei- nen Begriffen gar einem wirklich kranken Zuſtande nicht zuzuſchreiben pflegt, doch zunaͤchſt von ihm herzukommen, indem ſie mehrentheils widernatuͤrlich
mit
F 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0117"n="83"/>
kein von einem glaubwuͤrdigen Zeugen erzaͤhltes Bey-<lb/>ſpiel vorgekommen, wo eine ſolche Verbindung frucht-<lb/>
bar geweſen, und aus der abſcheulichen Begattung<lb/>
des Menſchen mit dem Thiere ein Baſtard erzeugt<lb/>
worden waͤre.</p><lb/><p>Sondern wir handeln blos von jenen Baſtarden,<lb/>
welche aus einer Verbindung verſchiedener Ausar-<lb/>
tungen einer und derſelben Thierſpezies entſprießen,<lb/>
wie z. B. die aus der Verbindung des gruͤnen Ka-<lb/>
narienvogels mit der weißen Varietaͤt entſtandenen,<lb/>ſind; welche Vermiſchung zur Umaͤnderung der Far-<lb/>
be, und Bildung der neuen daraus entſtehenden Nach-<lb/>
kommenſchaft ſo auffallend wirkt, daß man ſich ih-<lb/>
rer auch zur Verbeſſerung und Veraͤdlung der Zucht<lb/>
der Hausthiere, beſonders der Pferde und Schaafe,<lb/>
mit ſehr großem Nutzen bedient.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 38.<lb/>
Thieren durch Kraͤnklichkeit angeerbte Eigenſchaften.</head><lb/><p>Die durch Kraͤnklichkeit angeerbte Verfaſſung<lb/>ſcheint zwar beym erſten Anblick mehr zur Patholo-<lb/>
gie, als zur Naturgeſchichte zu gehoͤren. Erwaͤgt<lb/>
man aber die Sache ſorgfaͤltiger, ſo wird man leicht<lb/>
einſehen, daß ſie aus mehr als einem Grunde auch<lb/>
zu dieſen jetzt abgehandelten Urſachen der Verar-<lb/>
tung koͤnne gerechnet werden.</p><lb/><p>Denn erſtens ſcheinen gewiſſe aͤußere Beſchaffen-<lb/>
heiten der Thiere, wiewohl man ſie nach den gemei-<lb/>
nen Begriffen gar einem wirklich kranken Zuſtande<lb/>
nicht zuzuſchreiben pflegt, doch zunaͤchſt von ihm<lb/>
herzukommen, indem ſie mehrentheils widernatuͤrlich<lb/><fwplace="bottom"type="sig">F 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">mit</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[83/0117]
kein von einem glaubwuͤrdigen Zeugen erzaͤhltes Bey-
ſpiel vorgekommen, wo eine ſolche Verbindung frucht-
bar geweſen, und aus der abſcheulichen Begattung
des Menſchen mit dem Thiere ein Baſtard erzeugt
worden waͤre.
Sondern wir handeln blos von jenen Baſtarden,
welche aus einer Verbindung verſchiedener Ausar-
tungen einer und derſelben Thierſpezies entſprießen,
wie z. B. die aus der Verbindung des gruͤnen Ka-
narienvogels mit der weißen Varietaͤt entſtandenen,
ſind; welche Vermiſchung zur Umaͤnderung der Far-
be, und Bildung der neuen daraus entſtehenden Nach-
kommenſchaft ſo auffallend wirkt, daß man ſich ih-
rer auch zur Verbeſſerung und Veraͤdlung der Zucht
der Hausthiere, beſonders der Pferde und Schaafe,
mit ſehr großem Nutzen bedient.
§. 38.
Thieren durch Kraͤnklichkeit angeerbte Eigenſchaften.
Die durch Kraͤnklichkeit angeerbte Verfaſſung
ſcheint zwar beym erſten Anblick mehr zur Patholo-
gie, als zur Naturgeſchichte zu gehoͤren. Erwaͤgt
man aber die Sache ſorgfaͤltiger, ſo wird man leicht
einſehen, daß ſie aus mehr als einem Grunde auch
zu dieſen jetzt abgehandelten Urſachen der Verar-
tung koͤnne gerechnet werden.
Denn erſtens ſcheinen gewiſſe aͤußere Beſchaffen-
heiten der Thiere, wiewohl man ſie nach den gemei-
nen Begriffen gar einem wirklich kranken Zuſtande
nicht zuzuſchreiben pflegt, doch zunaͤchſt von ihm
herzukommen, indem ſie mehrentheils widernatuͤrlich
mit
F 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/117>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.