dadurch anzudeuten, deren Ursachen doch auch in eimmerischer Finsterniß begraben liegen r).
Wie also andere Lebenskräfte, wenn sie durch ihre ihnen zukommenden Reize aufgeregt worden, wirksam und zum Gegenwirken geschickt werden; so wird auch der Bildungstrieb durch ihm entsprechende Reize, z. B. durch das Eindringen der Wärme in das bebrütete Ey, aufgeregt.
Da aber andere Lebenskräfte, als Elasticität, Reizbarkeit u. s. f. bloß durch Bewegung sich äußern, äußert sich diese hingegen, von welcher wir jetzt spre- chen, durch Wachsthum, und daß sie der Materie eine ihr bestimmte Form ertheilt; wodurch denn jede Pflanze, jedes Thier (geschehe dies nun unmittel- bar oder stufenweise durch allmähliges Hinzukom- men oder Wechseln anderer Reize, durch Meta- morphose) seine Gattung auf seine Jungen fort- pflanzen kann.
Auf dreyfache Art aber kann der Bildungstrieb von der ihm bestimmten Richtung und Norm abwei- chen. Einmal durch die Hervorbringung von Miß- geburten; (monstrosa fabrica) dann durch Erzeu- gung von Bastarden (hybrida generatio), aus ei- ner Mischung des Zeugungsstoffes verschiedener Gat- tungen; und endlich durch Ausartung in eigentlich sogenannte Verschiedenheiten.
Die Mißgeburten, wo die organischen Körper, sey es nun durch Störung und gleichsam Verirrung des Bildungstriebes, oder auch durch ungefähren Zufal, als Pressung von außen, u. a. eine ganz
fehler-
dadurch anzudeuten, deren Urſachen doch auch in eimmeriſcher Finſterniß begraben liegen r).
Wie alſo andere Lebenskraͤfte, wenn ſie durch ihre ihnen zukommenden Reize aufgeregt worden, wirkſam und zum Gegenwirken geſchickt werden; ſo wird auch der Bildungstrieb durch ihm entſprechende Reize, z. B. durch das Eindringen der Waͤrme in das bebruͤtete Ey, aufgeregt.
Da aber andere Lebenskraͤfte, als Elaſticitaͤt, Reizbarkeit u. ſ. f. bloß durch Bewegung ſich aͤußern, aͤußert ſich dieſe hingegen, von welcher wir jetzt ſpre- chen, durch Wachsthum, und daß ſie der Materie eine ihr beſtimmte Form ertheilt; wodurch denn jede Pflanze, jedes Thier (geſchehe dies nun unmittel- bar oder ſtufenweiſe durch allmaͤhliges Hinzukom- men oder Wechſeln anderer Reize, durch Meta- morphoſe) ſeine Gattung auf ſeine Jungen fort- pflanzen kann.
Auf dreyfache Art aber kann der Bildungstrieb von der ihm beſtimmten Richtung und Norm abwei- chen. Einmal durch die Hervorbringung von Miß- geburten; (monſtroſa fabrica) dann durch Erzeu- gung von Baſtarden (hybrida generatio), aus ei- ner Miſchung des Zeugungsſtoffes verſchiedener Gat- tungen; und endlich durch Ausartung in eigentlich ſogenannte Verſchiedenheiten.
Die Mißgeburten, wo die organiſchen Koͤrper, ſey es nun durch Stoͤrung und gleichſam Verirrung des Bildungstriebes, oder auch durch ungefaͤhren Zufal, als Preſſung von außen, u. a. eine ganz
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dadurch anzudeuten, deren Urſachen doch auch in
eimmeriſcher Finſterniß begraben liegen r).
Wie alſo andere Lebenskraͤfte, wenn ſie durch
ihre ihnen zukommenden Reize aufgeregt worden,
wirkſam und zum Gegenwirken geſchickt werden; ſo
wird auch der Bildungstrieb durch ihm entſprechende
Reize, z. B. durch das Eindringen der Waͤrme in
das bebruͤtete Ey, aufgeregt.
Da aber andere Lebenskraͤfte, als Elaſticitaͤt,
Reizbarkeit u. ſ. f. bloß durch Bewegung ſich aͤußern,
aͤußert ſich dieſe hingegen, von welcher wir jetzt ſpre-
chen, durch Wachsthum, und daß ſie der Materie
eine ihr beſtimmte Form ertheilt; wodurch denn jede
Pflanze, jedes Thier (geſchehe dies nun unmittel-
bar oder ſtufenweiſe durch allmaͤhliges Hinzukom-
men oder Wechſeln anderer Reize, durch Meta-
morphoſe) ſeine Gattung auf ſeine Jungen fort-
pflanzen kann.
Auf dreyfache Art aber kann der Bildungstrieb
von der ihm beſtimmten Richtung und Norm abwei-
chen. Einmal durch die Hervorbringung von Miß-
geburten; (monſtroſa fabrica) dann durch Erzeu-
gung von Baſtarden (hybrida generatio), aus ei-
ner Miſchung des Zeugungsſtoffes verſchiedener Gat-
tungen; und endlich durch Ausartung in eigentlich
ſogenannte Verſchiedenheiten.
Die Mißgeburten, wo die organiſchen Koͤrper,
ſey es nun durch Stoͤrung und gleichſam Verirrung
des Bildungstriebes, oder auch durch ungefaͤhren
Zufal, als Preſſung von außen, u. a. eine ganz
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/105>, abgerufen am 16.02.2025.
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