Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Und nun ist es kaum einer Erinnerung bedürftig,
daß es das Werk erlernter Kunst sey, wenn man
Unterwelten aufrechtgehende Affen entdeckt hat, da
schon aus genauen, nach dem Leben gezeichneten
Abbildungen des Waldmenschen15) klar zu sehen ist,
wie unbequem und widernatürlich erzwungen eine
solche Stellung sey, wo man sich mit den Vorder-
händen auf einen Stock stützt, indessen die hintern
auf eine nicht paßliche Weise zu einer Faust verschlun-
gen sind16) *). Und noch ist mir nirgends ein Bey-
spiel von einem Affen, oder einem andern Säugthie-
re außer dem Menschen bekannt geworden, welches
wie dieser, auf beyden Füßen aufrecht stehend, das
Gleichgewicht halten konnte.

Hieraus erhellet, daß die aufrechte Stellung
nicht minder zur Natur des Menschen passe, wie wir
gesehen haben, als sie ihm eigenthümlich ist. (§. 4.)
Demnach "hebt allein das Menschengeschlecht das
Haupt in die Höhe und stehet leicht auf geradem
Körper."

§. 11.
D) Eigenthümlichkeiten der menschlichen Zähne.

Die Zähne, sind bey dem Menschen mehr, als
bey den übrigen Säugthieren in gleicher Ordnung
aneinander gereiht.

15) S. z. B. des berühmten Wasmaer Monographie.
16) Linne behauptet daher ohne gehörigen Grund:
"daß es Affen gebe welche eben so gut als der Mensch
mit aufrechtem Körper, auf zwey Füßen gehen, und
daß sie wegen des Gebrauchs, den sie von Händen und
Füßen machen, zu der Menschengattung gehören."
*) S. Herrn Hofrath Blumenbachs naturhistorische Ab-
bildungen, Zweyt. Heft, Taf. 12. Götting. 1797. a).

Und nun ist es kaum einer Erinnerung bedürftig,
daß es das Werk erlernter Kunst sey, wenn man
Unterwelten aufrechtgehende Affen entdeckt hat, da
schon aus genauen, nach dem Leben gezeichneten
Abbildungen des Waldmenschen15) klar zu sehen ist,
wie unbequem und widernatürlich erzwungen eine
solche Stellung sey, wo man sich mit den Vorder-
händen auf einen Stock stützt, indessen die hintern
auf eine nicht paßliche Weise zu einer Faust verschlun-
gen sind16) *). Und noch ist mir nirgends ein Bey-
spiel von einem Affen, oder einem andern Säugthie-
re außer dem Menschen bekannt geworden, welches
wie dieser, auf beyden Füßen aufrecht stehend, das
Gleichgewicht halten konnte.

Hieraus erhellet, daß die aufrechte Stellung
nicht minder zur Natur des Menschen passe, wie wir
gesehen haben, als sie ihm eigenthümlich ist. (§. 4.)
Demnach „hebt allein das Menschengeschlecht das
Haupt in die Höhe und stehet leicht auf geradem
Körper.“

§. 11.
D) Eigenthümlichkeiten der menschlichen Zähne.

Die Zähne, sind bey dem Menschen mehr, als
bey den übrigen Säugthieren in gleicher Ordnung
aneinander gereiht.

15) S. z. B. des berühmten Wasmaer Monographie.
16) Linné behauptet daher ohne gehörigen Grund:
„daß es Affen gebe welche eben so gut als der Mensch
mit aufrechtem Körper, auf zwey Füßen gehen, und
daß sie wegen des Gebrauchs, den sie von Händen und
Füßen machen, zu der Menschengattung gehören.“
*) S. Herrn Hofrath Blumenbachs naturhistorische Ab-
bildungen, Zweyt. Heft, Taf. 12. Götting. 1797. a).
<TEI>
  <text xml:id="blume000008">
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0066" xml:id="pb032_0001" n="32"/>
          <p>Und nun ist es kaum einer Erinnerung bedürftig,<lb/>
daß es das Werk erlernter Kunst sey, wenn man<lb/>
Unterwelten aufrechtgehende Affen entdeckt hat, da<lb/>
schon aus genauen, nach dem Leben gezeichneten<lb/>
Abbildungen des Waldmenschen<note anchored="true" place="foot" n="15)"><p>S. z. B. des berühmten Wasmaer Monographie.</p></note> klar zu sehen ist,<lb/>
wie unbequem und widernatürlich erzwungen eine<lb/>
solche Stellung sey, wo man sich mit den Vorder-<lb/>
händen auf einen Stock stützt, indessen die hintern<lb/>
auf eine nicht paßliche Weise zu einer Faust verschlun-<lb/>
gen sind<note anchored="true" place="foot" n="16)"><p>Linné behauptet daher ohne gehörigen Grund:<lb/><q>&#x201E;daß es Affen gebe welche eben so gut als der Mensch<lb/>
mit aufrechtem Körper, auf zwey Füßen gehen, und<lb/>
daß sie wegen des Gebrauchs, den sie von Händen und<lb/>
Füßen machen, zu der Menschengattung gehören.&#x201C;</q>  </p></note> <note anchored="true" place="foot" n="*)"><p>S. Herrn Hofrath Blumenbachs naturhistorische Ab-<lb/>
bildungen, Zweyt. Heft, Taf. 12. Götting. 1797. <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>).</p></note>. Und noch ist mir nirgends ein Bey-<lb/>
spiel von einem Affen, oder einem andern Säugthie-<lb/>
re außer dem Menschen bekannt geworden, welches<lb/>
wie dieser, auf beyden Füßen aufrecht stehend, das<lb/>
Gleichgewicht halten konnte.</p>
          <p>Hieraus erhellet, daß die aufrechte Stellung<lb/>
nicht minder zur Natur des Menschen passe, wie wir<lb/>
gesehen haben, als sie ihm eigenthümlich ist. (§. 4.)<lb/>
Demnach <q>&#x201E;hebt allein das Menschengeschlecht das<lb/>
Haupt in die Höhe und stehet leicht auf geradem<lb/>
Körper.&#x201C;</q>  </p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 11.<lb/><hi rendition="#aq">D</hi>) Eigenthümlichkeiten der menschlichen Zähne.</head><lb/>
          <p>Die Zähne, sind bey dem Menschen mehr, als<lb/>
bey den übrigen Säugthieren in gleicher Ordnung<lb/>
aneinander gereiht.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0066] Und nun ist es kaum einer Erinnerung bedürftig, daß es das Werk erlernter Kunst sey, wenn man Unterwelten aufrechtgehende Affen entdeckt hat, da schon aus genauen, nach dem Leben gezeichneten Abbildungen des Waldmenschen 15) klar zu sehen ist, wie unbequem und widernatürlich erzwungen eine solche Stellung sey, wo man sich mit den Vorder- händen auf einen Stock stützt, indessen die hintern auf eine nicht paßliche Weise zu einer Faust verschlun- gen sind 16) *). Und noch ist mir nirgends ein Bey- spiel von einem Affen, oder einem andern Säugthie- re außer dem Menschen bekannt geworden, welches wie dieser, auf beyden Füßen aufrecht stehend, das Gleichgewicht halten konnte. Hieraus erhellet, daß die aufrechte Stellung nicht minder zur Natur des Menschen passe, wie wir gesehen haben, als sie ihm eigenthümlich ist. (§. 4.) Demnach „hebt allein das Menschengeschlecht das Haupt in die Höhe und stehet leicht auf geradem Körper.“ §. 11. D) Eigenthümlichkeiten der menschlichen Zähne. Die Zähne, sind bey dem Menschen mehr, als bey den übrigen Säugthieren in gleicher Ordnung aneinander gereiht. 15) S. z. B. des berühmten Wasmaer Monographie. 16) Linné behauptet daher ohne gehörigen Grund: „daß es Affen gebe welche eben so gut als der Mensch mit aufrechtem Körper, auf zwey Füßen gehen, und daß sie wegen des Gebrauchs, den sie von Händen und Füßen machen, zu der Menschengattung gehören.“ *) S. Herrn Hofrath Blumenbachs naturhistorische Ab- bildungen, Zweyt. Heft, Taf. 12. Götting. 1797. a).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/66
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/66>, abgerufen am 23.11.2024.