1) die aufrechte Stellung zur Natur des Men- schen passe; und
2) daß sie dem Menschen eigenthümlich sey.
Dieses wird unten erhellen (s. §. 10.). Jenes bestätigt a priori der Bau des menschlichen Körpers selbst, und a posteriori die einmüthige Uibereinstim- mung aller uns bekannten Völker jedes Zeitalters. Um bey der Sache nicht lange zu verweilen, bedarf man keines weiteren Beweises als dessen, welchen man für das Gegentheil anzuführen, und von den Beyspielen vierfüßiger, unter Thieren aufgewachse- ner Kinder, herzunehmen pflegt. Denn wer die- ser Sache ernstlicher nachdenkt, sieht leicht, daß man sich keinen andern Zustand des Menschen den- ken könne, worin er weiter von dem ihm von der Natur bestimmten abwiche, als eben diesen, worin wir die unglücklichen Kinder gesehen haben; denn mit ebendemselben Rechte könnte man jede Mißgeburt für die ideale Norm der menschlichen Bildung halten, als man das Beyspiel solcher wilden Kinder miß- braucht, um die dem Menschen natürliche Art zu gehen und zu leben, daraus zu beweisen. Und den- noch darf man nur diese Nachrichten von den wilden Kindern etwas genauer beseitigen, so erhellt aus den ächtesten, der Ungewißheit und dem Zweifel wirklich nicht ausgesetzten Beyspielen darunter, als unsers berühmten Peters von Hameln1)
1) Man vergleiche Wiats Magazin für Physik und Naturgeschichte 4ter Theil, 3ter Abschn. S. 91. Und (Mondoddos) antient metaphysics, 3ter Theil, Lond. 1784. 4. S. 57. und 367.
1) die aufrechte Stellung zur Natur des Men- schen passe; und
2) daß sie dem Menschen eigenthümlich sey.
Dieses wird unten erhellen (s. §. 10.). Jenes bestätigt a priori der Bau des menschlichen Körpers selbst, und a posteriori die einmüthige Uibereinstim- mung aller uns bekannten Völker jedes Zeitalters. Um bey der Sache nicht lange zu verweilen, bedarf man keines weiteren Beweises als dessen, welchen man für das Gegentheil anzuführen, und von den Beyspielen vierfüßiger, unter Thieren aufgewachse- ner Kinder, herzunehmen pflegt. Denn wer die- ser Sache ernstlicher nachdenkt, sieht leicht, daß man sich keinen andern Zustand des Menschen den- ken könne, worin er weiter von dem ihm von der Natur bestimmten abwiche, als eben diesen, worin wir die unglücklichen Kinder gesehen haben; denn mit ebendemselben Rechte könnte man jede Mißgeburt für die ideale Norm der menschlichen Bildung halten, als man das Beyspiel solcher wilden Kinder miß- braucht, um die dem Menschen natürliche Art zu gehen und zu leben, daraus zu beweisen. Und den- noch darf man nur diese Nachrichten von den wilden Kindern etwas genauer beseitigen, so erhellt aus den ächtesten, der Ungewißheit und dem Zweifel wirklich nicht ausgesetzten Beyspielen darunter, als unsers berühmten Peters von Hameln1)
1) Man vergleiche Wiats Magazin für Physik und Naturgeschichte 4ter Theil, 3ter Abschn. S. 91. Und (Mondoddos) antient metaphysics, 3ter Theil, Lond. 1784. 4. S. 57. und 367.
<TEI><textxml:id="blume000008"><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0054"xml:id="pb020_0001"n="20"/><p>1) die aufrechte Stellung zur Natur des Men-<lb/>
schen passe; und</p><p>2) daß sie dem Menschen eigenthümlich sey.</p><p>Dieses wird unten erhellen (s. §. 10.). Jenes<lb/>
bestätigt <hirendition="#aq">a priori</hi> der Bau des menschlichen Körpers<lb/>
selbst, und <hirendition="#aq">a posteriori</hi> die einmüthige Uibereinstim-<lb/>
mung aller uns bekannten Völker jedes Zeitalters.<lb/>
Um bey der Sache nicht lange zu verweilen, bedarf<lb/>
man keines weiteren Beweises als dessen, welchen<lb/>
man für das Gegentheil anzuführen, und von den<lb/>
Beyspielen vierfüßiger, unter Thieren aufgewachse-<lb/>
ner Kinder, herzunehmen pflegt. Denn wer die-<lb/>
ser Sache ernstlicher nachdenkt, sieht leicht, daß<lb/>
man sich keinen andern Zustand des Menschen den-<lb/>
ken könne, worin er weiter von dem ihm von der<lb/>
Natur bestimmten abwiche, als eben diesen, worin<lb/>
wir die unglücklichen Kinder gesehen haben; denn mit<lb/>
ebendemselben Rechte könnte man jede Mißgeburt<lb/>
für die ideale Norm der menschlichen Bildung halten,<lb/>
als man das Beyspiel solcher wilden Kinder miß-<lb/>
braucht, um die dem Menschen natürliche Art zu<lb/>
gehen und zu leben, daraus zu beweisen. Und den-<lb/>
noch darf man nur diese Nachrichten von den wilden<lb/>
Kindern etwas genauer beseitigen, so erhellt aus den<lb/>
ächtesten, der Ungewißheit und dem Zweifel wirklich<lb/>
nicht ausgesetzten Beyspielen darunter, als unsers<lb/>
berühmten Peters von Hameln<noteanchored="true"place="foot"n="1)"><p>Man vergleiche Wiats Magazin für Physik und<lb/>
Naturgeschichte 4ter Theil, 3ter Abschn. S. 91. Und<lb/>
(Mondoddos) <hirendition="#i"><hirendition="#aq">antient metaphysics</hi></hi>, 3ter Theil, Lond.<lb/>
1784. 4. S. 57. und 367.</p></note></p></div></div></body></text></TEI>
[20/0054]
1) die aufrechte Stellung zur Natur des Men-
schen passe; und
2) daß sie dem Menschen eigenthümlich sey.
Dieses wird unten erhellen (s. §. 10.). Jenes
bestätigt a priori der Bau des menschlichen Körpers
selbst, und a posteriori die einmüthige Uibereinstim-
mung aller uns bekannten Völker jedes Zeitalters.
Um bey der Sache nicht lange zu verweilen, bedarf
man keines weiteren Beweises als dessen, welchen
man für das Gegentheil anzuführen, und von den
Beyspielen vierfüßiger, unter Thieren aufgewachse-
ner Kinder, herzunehmen pflegt. Denn wer die-
ser Sache ernstlicher nachdenkt, sieht leicht, daß
man sich keinen andern Zustand des Menschen den-
ken könne, worin er weiter von dem ihm von der
Natur bestimmten abwiche, als eben diesen, worin
wir die unglücklichen Kinder gesehen haben; denn mit
ebendemselben Rechte könnte man jede Mißgeburt
für die ideale Norm der menschlichen Bildung halten,
als man das Beyspiel solcher wilden Kinder miß-
braucht, um die dem Menschen natürliche Art zu
gehen und zu leben, daraus zu beweisen. Und den-
noch darf man nur diese Nachrichten von den wilden
Kindern etwas genauer beseitigen, so erhellt aus den
ächtesten, der Ungewißheit und dem Zweifel wirklich
nicht ausgesetzten Beyspielen darunter, als unsers
berühmten Peters von Hameln 1)
1) Man vergleiche Wiats Magazin für Physik und
Naturgeschichte 4ter Theil, 3ter Abschn. S. 91. Und
(Mondoddos) antient metaphysics, 3ter Theil, Lond.
1784. 4. S. 57. und 367.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/54>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.