Foetus ausgebildet und belebt. Dies ist auch der Grund, warum wir unserer, gegenwärtig so sehr vervollkommnerten, dioptrischen Hülfsmittel unge- achtet, in den ersten Wochen nach der Conception nur eine ungeformte flüssige Masse in der Höhle der Gebärmutter, aber keine ausgebildete Spur eines Foetus entdecken können. Erst in der dritten Wo- che ohngefähr erscheint er, fast plötzlich, und als ein nicht unbeträchtlicher Körper."
Durch die in jeder Organisation eigen bestimmte Wirksamkeit des Bildungstriebes werden die Gattun- gen in der organisirten Schöpfung erhalten, und da es für die ganze gegenwärtige Untersuchung so wich- tig ist, ihn gehörig zu kennen, so will ich die bis jetzt bekannten Gesetze, denen er zu folgen pflegt, noch beyfügen. 1) Die Stärke des Bildungs- triebes steht mit dem zunehmenden Alter der or- ganisirten Körper im umgekehrten Verhältniß.
2) Doch ist dieser frühe Bildungstrieb bey den neu empfangenen Säugethieren noch ungleich stärker, als bey den bebrüteten Küchelgen im Eye.
3) Bey der Formation der einzelnen Theile des organisirten Körpers ist der Bildungstrieb bey manchem derselben von einer festern, bestimm- tem Wirksamkeit als bey andern.
4) Unter die mancherley Abweichungen des Bildungstriebes von seiner bestimmten Richtung gehört vorzüglich diejenige, wenn er bey Bil- dung der einen Art organischer Körper, die für eine andere Art derselben bestimmte Richtung annimmt.
Foetus ausgebildet und belebt. Dies ist auch der Grund, warum wir unserer, gegenwärtig so sehr vervollkommnerten, dioptrischen Hülfsmittel unge- achtet, in den ersten Wochen nach der Conception nur eine ungeformte flüssige Masse in der Höhle der Gebärmutter, aber keine ausgebildete Spur eines Foetus entdecken können. Erst in der dritten Wo- che ohngefähr erscheint er, fast plötzlich, und als ein nicht unbeträchtlicher Körper.“
Durch die in jeder Organisation eigen bestimmte Wirksamkeit des Bildungstriebes werden die Gattun- gen in der organisirten Schöpfung erhalten, und da es für die ganze gegenwärtige Untersuchung so wich- tig ist, ihn gehörig zu kennen, so will ich die bis jetzt bekannten Gesetze, denen er zu folgen pflegt, noch beyfügen. 1) Die Stärke des Bildungs- triebes steht mit dem zunehmenden Alter der or- ganisirten Körper im umgekehrten Verhältniß.
2) Doch ist dieser frühe Bildungstrieb bey den neu empfangenen Säugethieren noch ungleich stärker, als bey den bebrüteten Küchelgen im Eye.
3) Bey der Formation der einzelnen Theile des organisirten Körpers ist der Bildungstrieb bey manchem derselben von einer festern, bestimm- tem Wirksamkeit als bey andern.
4) Unter die mancherley Abweichungen des Bildungstriebes von seiner bestimmten Richtung gehört vorzüglich diejenige, wenn er bey Bil- dung der einen Art organischer Körper, die für eine andere Art derselben bestimmte Richtung annimmt.
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Foetus ausgebildet und belebt. Dies ist auch der
Grund, warum wir unserer, gegenwärtig so sehr
vervollkommnerten, dioptrischen Hülfsmittel unge-
achtet, in den ersten Wochen nach der Conception
nur eine ungeformte flüssige Masse in der Höhle der
Gebärmutter, aber keine ausgebildete Spur eines
Foetus entdecken können. Erst in der dritten Wo-
che ohngefähr erscheint er, fast plötzlich, und als
ein nicht unbeträchtlicher Körper.“
Durch die in jeder Organisation eigen bestimmte
Wirksamkeit des Bildungstriebes werden die Gattun-
gen in der organisirten Schöpfung erhalten, und da
es für die ganze gegenwärtige Untersuchung so wich-
tig ist, ihn gehörig zu kennen, so will ich die bis
jetzt bekannten Gesetze, denen er zu folgen pflegt,
noch beyfügen. 1) Die Stärke des Bildungs-
triebes steht mit dem zunehmenden Alter der or-
ganisirten Körper im umgekehrten Verhältniß.
2) Doch ist dieser frühe Bildungstrieb bey
den neu empfangenen Säugethieren noch ungleich
stärker, als bey den bebrüteten Küchelgen im Eye.
3) Bey der Formation der einzelnen Theile
des organisirten Körpers ist der Bildungstrieb
bey manchem derselben von einer festern, bestimm-
tem Wirksamkeit als bey andern.
4) Unter die mancherley Abweichungen des
Bildungstriebes von seiner bestimmten Richtung
gehört vorzüglich diejenige, wenn er bey Bil-
dung der einen Art organischer Körper, die für
eine andere Art derselben bestimmte Richtung
annimmt.
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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/299>, abgerufen am 22.11.2024.
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