Vielmehr beweisen einstimmig alle auf uns ge- kommene Ueberreste und Alterthümer, wonach wir die Statur der alten Völker schätzen können, als Mumien, Knochen, besonders Menschenzähne, wel- che in den ältesten Grabmählern und Urnen gefun- den worden sind234), Waffen u. a.m. daß jene Völker wenig oder gar nicht größer gewesen seyen, als die jetzigen.
Zwar findet man auch unter den neuern Völkern allerdings Nationalverschiedenheiten hierin. So sind z. B. unter den europäischen Nationen die Schonen, oder die Schweizer gewisser Kantons, z. B. die Schwytzer, langer, die Lappländer aber kleinerer Statur; in der neuen Welt sind die Abiponer von größerem, die Eskimos von kleinerem Körperbau; doch so, daß keins zu sehr von der Mittelgröße ab- weicht; und im Allgemeinen ist unter den Nationen der jetzigen Welt keine Verschiedenheit im Betreff der Körpergröße so abweichend von der Regel, daß sie nicht nach der gewöhnlichen Degenerationsweise und analogen Erscheinungen an andern Säugthieren leicht erklärt werden könnte.
Ich muß jedoch zwey solche Verschiedenheiten besonders berühren, wovon selbst nach neuern Nach-
234) Ich besitze durch die Güte des Herrn von Bozen- hard, kaiserl. Oberkonsuls in Copenhagen, die Hirn- schaale und andere Knochen eines erwachsenen Men- schen, welche unlängst in einem sehr alten cimbrischen Grabmahle gefunden wurden, und die weder in Ver- hältniß noch der Größe von unsrer heutigen Statur abweichen.
Vielmehr beweisen einstimmig alle auf uns ge- kommene Ueberreste und Alterthümer, wonach wir die Statur der alten Völker schätzen können, als Mumien, Knochen, besonders Menschenzähne, wel- che in den ältesten Grabmählern und Urnen gefun- den worden sind234), Waffen u. a.m. daß jene Völker wenig oder gar nicht größer gewesen seyen, als die jetzigen.
Zwar findet man auch unter den neuern Völkern allerdings Nationalverschiedenheiten hierin. So sind z. B. unter den europäischen Nationen die Schonen, oder die Schweizer gewisser Kantons, z. B. die Schwytzer, langer, die Lappländer aber kleinerer Statur; in der neuen Welt sind die Abiponer von größerem, die Eskimos von kleinerem Körperbau; doch so, daß keins zu sehr von der Mittelgröße ab- weicht; und im Allgemeinen ist unter den Nationen der jetzigen Welt keine Verschiedenheit im Betreff der Körpergröße so abweichend von der Regel, daß sie nicht nach der gewöhnlichen Degenerationsweise und analogen Erscheinungen an andern Säugthieren leicht erklärt werden könnte.
Ich muß jedoch zwey solche Verschiedenheiten besonders berühren, wovon selbst nach neuern Nach-
234) Ich besitze durch die Güte des Herrn von Bozen- hard, kaiserl. Oberkonsuls in Copenhagen, die Hirn- schaale und andere Knochen eines erwachsenen Men- schen, welche unlängst in einem sehr alten cimbrischen Grabmahle gefunden wurden, und die weder in Ver- hältniß noch der Größe von unsrer heutigen Statur abweichen.
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Vielmehr beweisen einstimmig alle auf uns ge-
kommene Ueberreste und Alterthümer, wonach wir
die Statur der alten Völker schätzen können, als
Mumien, Knochen, besonders Menschenzähne, wel-
che in den ältesten Grabmählern und Urnen gefun-
den worden sind 234), Waffen u. a.m. daß jene
Völker wenig oder gar nicht größer gewesen seyen,
als die jetzigen.
Zwar findet man auch unter den neuern Völkern
allerdings Nationalverschiedenheiten hierin. So sind
z. B. unter den europäischen Nationen die Schonen,
oder die Schweizer gewisser Kantons, z. B. die
Schwytzer, langer, die Lappländer aber kleinerer
Statur; in der neuen Welt sind die Abiponer von
größerem, die Eskimos von kleinerem Körperbau;
doch so, daß keins zu sehr von der Mittelgröße ab-
weicht; und im Allgemeinen ist unter den Nationen
der jetzigen Welt keine Verschiedenheit im Betreff
der Körpergröße so abweichend von der Regel, daß
sie nicht nach der gewöhnlichen Degenerationsweise
und analogen Erscheinungen an andern Säugthieren
leicht erklärt werden könnte.
Ich muß jedoch zwey solche Verschiedenheiten
besonders berühren, wovon selbst nach neuern Nach-
234) Ich besitze durch die Güte des Herrn von Bozen-
hard, kaiserl. Oberkonsuls in Copenhagen, die Hirn-
schaale und andere Knochen eines erwachsenen Men-
schen, welche unlängst in einem sehr alten cimbrischen
Grabmahle gefunden wurden, und die weder in Ver-
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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht2_1798/215>, abgerufen am 17.07.2024.
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