Blumenbach, Johann Friedrich: Geschichte und Beschreibung der Knochen des menschlichen Körpers. Göttingen, 1786.**) **)
Im ganzen der Kopf schmahl und zu beiden
Seiten, zumal am Hinterhaupt, vor allen aber oben nach dem Scheitel, zusammengedruckt. Das Gesicht schön gerade, ziemlich senkrecht, aber lang: besonders der Theil von der Nasenwurzel bis zum Kinne. Hingegen die Stirne sehr kurz und an beiden Seiten schräg nach oben zusammen- gedruckt: so daß die eigentliche Hirnschaale von dem hohen Hinterhaupte nach der niedern Stirne wie ein kurzer Keil zulauft, und sie mit dem un- tern Rande der ziemlich weit vorstehenden Joch- beine fast ein gleichseitiges Dreyeck bildet. Doch ist sie dabey von der schönsten Wölbung. Auch der bogenförmige Rand des plani semicircularis zur Anlage des Schlafmuskels scharfhervorstehend. Die Augenhölen groß, und kommen eben wegen des langen Gesichts und der niedern Stirne hoch zu stehen. Die Augenbraunbogen sehr stark her- vorstehend und durch eine tiefe Grube über der Nasenwurzel von einander getrennt. Der Unter- kiefer hoch und sein großer Seitenwinkel von 118 Graden. Die Zähne durchgehends sehr groß und stark; und die Schneidezähne mit den sonderbaren stumpfen dicken Kronen wie ich sie im Göttingischen Magazin 1 B. 1 St. S. 109 u. f. beschrieben, und wie sie Middleton in der Cambridger Mumie, und andre neuerlich in mehren Mumien gefunden.II. Was den Negerkopf sehr auffallend aus- zeichnet ist vor allen die ausnehmende Protuberanz seiner beiden Kiefer. Der obere nemlich wird gleich unter der Nase so sehr vorgebogen, daß er und seine Zähne ganz schräg zu stehen kommen und mit der Linie in welcher die beiden Kiefer auf einander stoßen vorne einen Winkel von 60 Gra- den bildet. Wodurch denn folglich auch der ganze **) **)
Im ganzen der Kopf schmahl und zu beiden
Seiten, zumal am Hinterhaupt, vor allen aber oben nach dem Scheitel, zusammengedruckt. Das Gesicht schön gerade, ziemlich senkrecht, aber lang: besonders der Theil von der Nasenwurzel bis zum Kinne. Hingegen die Stirne sehr kurz und an beiden Seiten schräg nach oben zusammen- gedruckt: so daß die eigentliche Hirnschaale von dem hohen Hinterhaupte nach der niedern Stirne wie ein kurzer Keil zulauft, und sie mit dem un- tern Rande der ziemlich weit vorstehenden Joch- beine fast ein gleichseitiges Dreyeck bildet. Doch ist sie dabey von der schönsten Wölbung. Auch der bogenförmige Rand des plani semicircularis zur Anlage des Schlafmuskels scharfhervorstehend. Die Augenhölen groß, und kommen eben wegen des langen Gesichts und der niedern Stirne hoch zu stehen. Die Augenbraunbogen sehr stark her- vorstehend und durch eine tiefe Grube über der Nasenwurzel von einander getrennt. Der Unter- kiefer hoch und sein großer Seitenwinkel von 118 Graden. Die Zähne durchgehends sehr groß und stark; und die Schneidezähne mit den sonderbaren stumpfen dicken Kronen wie ich sie im Göttingischen Magazin 1 B. 1 St. S. 109 u. f. beschrieben, und wie sie Middleton in der Cambridger Mumie, und andre neuerlich in mehren Mumien gefunden.II. Was den Negerkopf sehr auffallend aus- zeichnet ist vor allen die ausnehmende Protuberanz seiner beiden Kiefer. Der obere nemlich wird gleich unter der Nase so sehr vorgebogen, daß er und seine Zähne ganz schräg zu stehen kommen und mit der Linie in welcher die beiden Kiefer auf einander stoßen vorne einen Winkel von 60 Gra- den bildet. Wodurch denn folglich auch der ganze <TEI> <text xml:id="blume_hbnatur_000062"> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <note anchored="true" place="foot" n="**)"> <p><pb facs="#f0119" xml:id="pb087_0001" n="87"/> Im ganzen der Kopf schmahl und zu beiden<lb/> Seiten, zumal am Hinterhaupt, vor allen aber<lb/> oben nach dem Scheitel, zusammengedruckt. Das<lb/> Gesicht schön gerade, ziemlich senkrecht, aber<lb/> lang: besonders der Theil von der Nasenwurzel<lb/> bis zum Kinne. Hingegen die Stirne sehr kurz<lb/> und an beiden Seiten schräg nach oben zusammen-<lb/> gedruckt: so daß die eigentliche Hirnschaale von<lb/> dem hohen Hinterhaupte nach der niedern Stirne<lb/> wie ein kurzer Keil zulauft, und sie mit dem un-<lb/> tern Rande der ziemlich weit vorstehenden Joch-<lb/> beine fast ein gleichseitiges Dreyeck bildet. Doch<lb/> ist sie dabey von der schönsten Wölbung. Auch<lb/> der bogenförmige Rand des <hi rendition="#aq">plani semicircularis</hi> zur<lb/> Anlage des Schlafmuskels scharfhervorstehend.<lb/> Die Augenhölen groß, und kommen eben wegen<lb/> des langen Gesichts und der niedern Stirne hoch<lb/> zu stehen. Die Augenbraunbogen sehr stark her-<lb/> vorstehend und durch eine tiefe Grube über der<lb/> Nasenwurzel von einander getrennt. Der Unter-<lb/> kiefer hoch und sein großer Seitenwinkel von 118<lb/> Graden. Die Zähne durchgehends sehr groß und<lb/> stark; und die Schneidezähne mit den sonderbaren<lb/> stumpfen dicken Kronen wie ich sie im Göttingischen<lb/> Magazin 1 B. 1 St. S. 109 u. f. beschrieben, und<lb/> wie sie Middleton in der Cambridger Mumie,<lb/> und andre neuerlich in mehren Mumien gefunden.</p> <p>II. Was den Negerkopf sehr auffallend aus-<lb/> zeichnet ist vor allen die ausnehmende Protuberanz<lb/> seiner beiden Kiefer. Der obere nemlich wird<lb/> gleich unter der Nase so sehr vorgebogen, daß er<lb/> und seine Zähne ganz schräg zu stehen kommen<lb/> und mit der Linie in welcher die beiden Kiefer<lb/> auf einander stoßen vorne einen Winkel von 60 Gra-<lb/> den bildet. Wodurch denn folglich auch der ganze<lb/></p> </note> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [87/0119]
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**) Im ganzen der Kopf schmahl und zu beiden
Seiten, zumal am Hinterhaupt, vor allen aber
oben nach dem Scheitel, zusammengedruckt. Das
Gesicht schön gerade, ziemlich senkrecht, aber
lang: besonders der Theil von der Nasenwurzel
bis zum Kinne. Hingegen die Stirne sehr kurz
und an beiden Seiten schräg nach oben zusammen-
gedruckt: so daß die eigentliche Hirnschaale von
dem hohen Hinterhaupte nach der niedern Stirne
wie ein kurzer Keil zulauft, und sie mit dem un-
tern Rande der ziemlich weit vorstehenden Joch-
beine fast ein gleichseitiges Dreyeck bildet. Doch
ist sie dabey von der schönsten Wölbung. Auch
der bogenförmige Rand des plani semicircularis zur
Anlage des Schlafmuskels scharfhervorstehend.
Die Augenhölen groß, und kommen eben wegen
des langen Gesichts und der niedern Stirne hoch
zu stehen. Die Augenbraunbogen sehr stark her-
vorstehend und durch eine tiefe Grube über der
Nasenwurzel von einander getrennt. Der Unter-
kiefer hoch und sein großer Seitenwinkel von 118
Graden. Die Zähne durchgehends sehr groß und
stark; und die Schneidezähne mit den sonderbaren
stumpfen dicken Kronen wie ich sie im Göttingischen
Magazin 1 B. 1 St. S. 109 u. f. beschrieben, und
wie sie Middleton in der Cambridger Mumie,
und andre neuerlich in mehren Mumien gefunden.
II. Was den Negerkopf sehr auffallend aus-
zeichnet ist vor allen die ausnehmende Protuberanz
seiner beiden Kiefer. Der obere nemlich wird
gleich unter der Nase so sehr vorgebogen, daß er
und seine Zähne ganz schräg zu stehen kommen
und mit der Linie in welcher die beiden Kiefer
auf einander stoßen vorne einen Winkel von 60 Gra-
den bildet. Wodurch denn folglich auch der ganze
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Zitationshilfe: | Blumenbach, Johann Friedrich: Geschichte und Beschreibung der Knochen des menschlichen Körpers. Göttingen, 1786, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_knochen_1786/119>, abgerufen am 16.07.2024. |