Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

digt; dass ich mich selbst elend gemacht
habe, mich, die ich mit so wenigen Ko-
sten so glücklich seyn konnte. -- Nur
Eine Bitte, liebster Z***! Ich kann es
wohl zugeben, dass sie gerecht handelten,
da sie mich ihren Zorn so nachdrücklich
empfinden ließen; aber diese arme, ver-
laßene Kreatur -- ist unschuldig -- ist
ihr Kind! -- Sehen sie: Ich gehe nach
wenig Augenblicken villeicht zu meinem
Richter; ich habe Zeit gehabt alles zu be-
denken und zu überlegen. Sie hatten
Grund, mich für ungetreu zu halten; es
mußte ihnen so vorkommen. Aber ich
war nur unbesonnen; ungetreu nicht, nicht
mit Einem Gedanken. -- Ich bin immer
nicht ohne Schuld; ich würde verzweifeln,
wenn nicht der Gedanke an einen gnädi-
gen Gott meine müde Seele erquickte. --
Und doch, mein bester Gemahl! -- sie

digt; daſs ich mich ſelbſt elend gemacht
habe, mich, die ich mit ſo wenigen Ko-
ſten ſo glücklich ſeyn konnte. — Nur
Eine Bitte, liebſter Z***! Ich kann es
wohl zugeben, daſs ſie gerecht handelten,
da ſie mich ihren Zorn ſo nachdrücklich
empfinden ließen; aber dieſe arme, ver-
laßene Kreatur — iſt unſchuldig — iſt
ihr Kind! — Sehen ſie: Ich gehe nach
wenig Augenblicken villeicht zu meinem
Richter; ich habe Zeit gehabt alles zu be-
denken und zu überlegen. Sie hatten
Grund, mich für ungetreu zu halten; es
mußte ihnen ſo vorkommen. Aber ich
war nur unbeſonnen; ungetreu nicht, nicht
mit Einem Gedanken. — Ich bin immer
nicht ohne Schuld; ich würde verzweifeln,
wenn nicht der Gedanke an einen gnädi-
gen Gott meine müde Seele erquickte. —
Und doch, mein beſter Gemahl! — ſie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0075" n="69"/>
digt; da&#x017F;s ich mich &#x017F;elb&#x017F;t elend gemacht<lb/>
habe, mich, die ich mit &#x017F;o wenigen Ko-<lb/>
&#x017F;ten &#x017F;o glücklich &#x017F;eyn konnte. &#x2014; Nur<lb/>
Eine Bitte, lieb&#x017F;ter Z<hi rendition="#sup">***</hi>! Ich kann es<lb/>
wohl zugeben, da&#x017F;s &#x017F;ie gerecht handelten,<lb/>
da &#x017F;ie mich ihren Zorn &#x017F;o nachdrücklich<lb/>
empfinden ließen; aber die&#x017F;e arme, ver-<lb/>
laßene Kreatur &#x2014; i&#x017F;t un&#x017F;chuldig &#x2014; i&#x017F;t<lb/>
ihr Kind! &#x2014; Sehen &#x017F;ie: Ich gehe nach<lb/>
wenig Augenblicken villeicht zu meinem<lb/>
Richter; ich habe Zeit gehabt alles zu be-<lb/>
denken und zu überlegen. Sie hatten<lb/>
Grund, mich für ungetreu zu halten; es<lb/>
mußte ihnen &#x017F;o vorkommen. Aber ich<lb/>
war nur unbe&#x017F;onnen; ungetreu nicht, nicht<lb/>
mit Einem Gedanken. &#x2014; Ich bin immer<lb/>
nicht ohne Schuld; ich würde verzweifeln,<lb/>
wenn nicht der Gedanke an einen gnädi-<lb/>
gen Gott meine müde Seele erquickte. &#x2014;<lb/>
Und doch, mein be&#x017F;ter Gemahl! &#x2014; &#x017F;ie<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0075] digt; daſs ich mich ſelbſt elend gemacht habe, mich, die ich mit ſo wenigen Ko- ſten ſo glücklich ſeyn konnte. — Nur Eine Bitte, liebſter Z***! Ich kann es wohl zugeben, daſs ſie gerecht handelten, da ſie mich ihren Zorn ſo nachdrücklich empfinden ließen; aber dieſe arme, ver- laßene Kreatur — iſt unſchuldig — iſt ihr Kind! — Sehen ſie: Ich gehe nach wenig Augenblicken villeicht zu meinem Richter; ich habe Zeit gehabt alles zu be- denken und zu überlegen. Sie hatten Grund, mich für ungetreu zu halten; es mußte ihnen ſo vorkommen. Aber ich war nur unbeſonnen; ungetreu nicht, nicht mit Einem Gedanken. — Ich bin immer nicht ohne Schuld; ich würde verzweifeln, wenn nicht der Gedanke an einen gnädi- gen Gott meine müde Seele erquickte. — Und doch, mein beſter Gemahl! — ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/75
Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/75>, abgerufen am 25.11.2024.