Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

her sollen sich zu Millionen Malen vermeh-
ren, um mich von einem Augenblicke zum
andern über alle Vorstellung unglücklich,
elend ohne Ende zu machen? -- Ueber-
legt man auch was man damit sagt? Kann
man die Verneinungen wie die Realitäten
berechnen? Ist eine Vermehrung jener oh-
ne Ende auch so möglich, wie sie es von
diesen war? Das mögen andre finden! --
Die höchste Unwißenheit, die höchste dop-
pelte Unwißenheit, Irrthum, muß die Grän-
ze aller andern seyn. Die kann nur Einer
erreichen. Und bis dahin scheint es doch
als wenn zulezt Alle gelangen müßten.
Der äußerste Grad moralischer Unvollkom-
menheit, der damit verbunden seyn wür-
de, ist wiederum nur Einer. Und bis zu
ihm kömmt villeicht Niemand herunter.
Ich sage Niemand! -- In der moralischen
Welt, wenn ich von der bloßen Möglich-

her ſollen ſich zu Millionen Malen vermeh-
ren, um mich von einem Augenblicke zum
andern über alle Vorſtellung unglücklich,
elend ohne Ende zu machen? — Ueber-
legt man auch was man damit ſagt? Kann
man die Verneinungen wie die Realitäten
berechnen? Iſt eine Vermehrung jener oh-
ne Ende auch ſo möglich, wie ſie es von
dieſen war? Das mögen andre finden! —
Die höchſte Unwißenheit, die höchſte dop-
pelte Unwißenheit, Irrthum, muß die Grän-
ze aller andern ſeyn. Die kann nur Einer
erreichen. Und bis dahin ſcheint es doch
als wenn zulezt Alle gelangen müßten.
Der äußerſte Grad moraliſcher Unvollkom-
menheit, der damit verbunden ſeyn wür-
de, iſt wiederum nur Einer. Und bis zu
ihm kömmt villeicht Niemand herunter.
Ich ſage Niemand! — In der moraliſchen
Welt, wenn ich von der bloßen Möglich-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0153" n="147"/>
her &#x017F;ollen &#x017F;ich zu Millionen Malen vermeh-<lb/>
ren, um mich von einem Augenblicke zum<lb/>
andern über alle Vor&#x017F;tellung unglücklich,<lb/>
elend ohne Ende zu machen? &#x2014; Ueber-<lb/>
legt man auch was man damit &#x017F;agt? Kann<lb/>
man die Verneinungen wie die Realitäten<lb/>
berechnen? I&#x017F;t eine Vermehrung jener oh-<lb/>
ne Ende auch &#x017F;o möglich, wie &#x017F;ie es von<lb/>
die&#x017F;en war? Das mögen andre finden! &#x2014;<lb/>
Die höch&#x017F;te Unwißenheit, die höch&#x017F;te dop-<lb/>
pelte Unwißenheit, Irrthum, muß die Grän-<lb/>
ze aller andern &#x017F;eyn. Die kann nur Einer<lb/>
erreichen. Und bis dahin &#x017F;cheint es doch<lb/>
als wenn zulezt Alle gelangen müßten.<lb/>
Der äußer&#x017F;te Grad morali&#x017F;cher Unvollkom-<lb/>
menheit, der damit verbunden &#x017F;eyn wür-<lb/>
de, i&#x017F;t wiederum nur Einer. Und bis zu<lb/>
ihm kömmt villeicht Niemand herunter.<lb/>
Ich &#x017F;age Niemand! &#x2014; In der morali&#x017F;chen<lb/>
Welt, wenn ich von der bloßen Möglich-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0153] her ſollen ſich zu Millionen Malen vermeh- ren, um mich von einem Augenblicke zum andern über alle Vorſtellung unglücklich, elend ohne Ende zu machen? — Ueber- legt man auch was man damit ſagt? Kann man die Verneinungen wie die Realitäten berechnen? Iſt eine Vermehrung jener oh- ne Ende auch ſo möglich, wie ſie es von dieſen war? Das mögen andre finden! — Die höchſte Unwißenheit, die höchſte dop- pelte Unwißenheit, Irrthum, muß die Grän- ze aller andern ſeyn. Die kann nur Einer erreichen. Und bis dahin ſcheint es doch als wenn zulezt Alle gelangen müßten. Der äußerſte Grad moraliſcher Unvollkom- menheit, der damit verbunden ſeyn wür- de, iſt wiederum nur Einer. Und bis zu ihm kömmt villeicht Niemand herunter. Ich ſage Niemand! — In der moraliſchen Welt, wenn ich von der bloßen Möglich-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/153
Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 2. Berlin, 1775, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge02_1775/153>, abgerufen am 25.11.2024.