Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

der That bis ins Unendliche; das alles sieht
Gott, das alles ist ihm auf das innigste ge-
genwärtig. -- Der Gedanke rührt mich.
Jch Vermessner! ich sollte in mich selbst
hineingehn: das würde mich unendlich
mehr interessiren; das würde mir gelingen,
wenn ich es ernstlich wollte; das würde
mir so viel zu thun geben, dass ich es gerne
vergessen würde, ein allzugenaues Augen-
merk auf andre zu nehmen. Jede meiner
wichtigern Handlungen sollte mich vorzüg-
lich zu einer genauern Prüfung veranlassen.
Warum that ich Das?
Der Absicht Niedrigkeit, erniedrigt
grosse Thaten.
Wenn ich einen Theil meiner Kräfte und
meis Vermögens anwandte, diese gemein-
nützige Anstalt zu befödern; wenn ich es
mir sauer darum werden liess; wenn ich
deshalb ging, reisete, dachte, schrieb: so

der That bis ins Unendliche; das alles ſieht
Gott, das alles iſt ihm auf das innigſte ge-
genwärtig. — Der Gedanke rührt mich.
Jch Vermeſsner! ich ſollte in mich ſelbſt
hineingehn: das würde mich unendlich
mehr intereſſiren; das würde mir gelingen,
wenn ich es ernſtlich wollte; das würde
mir ſo viel zu thun geben, daſs ich es gerne
vergeſsen würde, ein allzugenaues Augen-
merk auf andre zu nehmen. Jede meiner
wichtigern Handlungen ſollte mich vorzüg-
lich zu einer genauern Prüfung veranlaſsen.
Warum that ich Das?
Der Abſicht Niedrigkeit, erniedrigt
groſse Thaten.
Wenn ich einen Theil meiner Kräfte und
meis Vermögens anwandte, dieſe gemein-
nützige Anſtalt zu befödern; wenn ich es
mir ſauer darum werden lieſs; wenn ich
deshalb ging, reiſete, dachte, ſchrieb: ſo

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0220" n="212"/>
der That bis ins Unendliche; das alles &#x017F;ieht<lb/>
Gott, das alles i&#x017F;t ihm auf das innig&#x017F;te ge-<lb/>
genwärtig. &#x2014; Der Gedanke rührt mich.<lb/>
Jch Verme&#x017F;sner! ich &#x017F;ollte in mich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
hineingehn: das würde mich unendlich<lb/>
mehr intere&#x017F;&#x017F;iren; das würde mir gelingen,<lb/>
wenn ich es ern&#x017F;tlich wollte; das würde<lb/>
mir &#x017F;o viel zu thun geben, da&#x017F;s ich es gerne<lb/>
verge&#x017F;sen würde, ein allzugenaues Augen-<lb/>
merk auf andre zu nehmen. Jede meiner<lb/>
wichtigern Handlungen &#x017F;ollte mich vorzüg-<lb/>
lich zu einer genauern Prüfung veranla&#x017F;sen.<lb/>
Warum that ich Das?<lb/><hi rendition="#c">Der Ab&#x017F;icht Niedrigkeit, erniedrigt<lb/>
gro&#x017F;se Thaten.</hi><lb/>
Wenn ich einen Theil meiner Kräfte und<lb/>
meis Vermögens anwandte, die&#x017F;e gemein-<lb/>
nützige An&#x017F;talt zu befödern; wenn ich es<lb/>
mir &#x017F;auer darum werden lie&#x017F;s; wenn ich<lb/>
deshalb ging, rei&#x017F;ete, dachte, &#x017F;chrieb: &#x017F;o<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0220] der That bis ins Unendliche; das alles ſieht Gott, das alles iſt ihm auf das innigſte ge- genwärtig. — Der Gedanke rührt mich. Jch Vermeſsner! ich ſollte in mich ſelbſt hineingehn: das würde mich unendlich mehr intereſſiren; das würde mir gelingen, wenn ich es ernſtlich wollte; das würde mir ſo viel zu thun geben, daſs ich es gerne vergeſsen würde, ein allzugenaues Augen- merk auf andre zu nehmen. Jede meiner wichtigern Handlungen ſollte mich vorzüg- lich zu einer genauern Prüfung veranlaſsen. Warum that ich Das? Der Abſicht Niedrigkeit, erniedrigt groſse Thaten. Wenn ich einen Theil meiner Kräfte und meis Vermögens anwandte, dieſe gemein- nützige Anſtalt zu befödern; wenn ich es mir ſauer darum werden lieſs; wenn ich deshalb ging, reiſete, dachte, ſchrieb: ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/220
Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/220>, abgerufen am 21.11.2024.