Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774.Wollüstling der einzige Weise! Wehe dann Wollüſtling der einzige Weiſe! Wehe dann <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0132" n="124"/> Wollüſtling der einzige Weiſe! Wehe dann<lb/> dem unabläſsigen ſtrengen Bearbeiter ſeiner<lb/> ſelbſt, der mit einer minder empfindlichen<lb/> Seele geboren, erſt eine Menge Hinderniſse<lb/> in ſich ſelbſt überwinden muſs, eh’ er ſich<lb/> beſtimmen kann ſein Herz ſeinem dürftigen<lb/> Bruder zu entſchlieſsen; dem jede gröſsere<lb/> geſellſchaftliche Tugend erſt einen be-<lb/> ſchwerlichen Kampf koſtet! Aber Gott und<lb/> die ſehende Vernunft würdigen die Tugend<lb/> nach einer vollkommnern Regel. Der<lb/> wahre Gutherziege iſt es nicht in dieſem und<lb/> jenem Falle; ſondern unter allen Umſtän-<lb/> den: nicht aus einem unbeſtändigen ſinn-<lb/> lichen Triebe; ſondern aus deutlicher Ue-<lb/> berzeugung ſeiner Vernunft: nicht aus Af-<lb/> feckt; ſondern oft ſeiner herrſchenden Lei-<lb/> denſchaft entgegen: nicht mit Widerſpruch<lb/> irgend einer andern Tugend; ſondern in<lb/> der genauſten Harmonie mit allen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [124/0132]
Wollüſtling der einzige Weiſe! Wehe dann
dem unabläſsigen ſtrengen Bearbeiter ſeiner
ſelbſt, der mit einer minder empfindlichen
Seele geboren, erſt eine Menge Hinderniſse
in ſich ſelbſt überwinden muſs, eh’ er ſich
beſtimmen kann ſein Herz ſeinem dürftigen
Bruder zu entſchlieſsen; dem jede gröſsere
geſellſchaftliche Tugend erſt einen be-
ſchwerlichen Kampf koſtet! Aber Gott und
die ſehende Vernunft würdigen die Tugend
nach einer vollkommnern Regel. Der
wahre Gutherziege iſt es nicht in dieſem und
jenem Falle; ſondern unter allen Umſtän-
den: nicht aus einem unbeſtändigen ſinn-
lichen Triebe; ſondern aus deutlicher Ue-
berzeugung ſeiner Vernunft: nicht aus Af-
feckt; ſondern oft ſeiner herrſchenden Lei-
denſchaft entgegen: nicht mit Widerſpruch
irgend einer andern Tugend; ſondern in
der genauſten Harmonie mit allen.
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