Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898.Ablehnung einer Verstümmelung Baierns. Die Welfenlegion. nicht. Daß Baiern und Sachsen dieser Versuchung unterliegenwürden, war möglich; daß ein im Roggenbachschen Sinne ver¬ stümmeltes Baiern seine Revanche gegen uns im Anschlusse an Oestreich gesucht haben würde, war aber wahrscheinlich. VII. Ein solcher Anschluß würde vielleicht einen größern Umfang Ablehnung einer Verſtümmelung Baierns. Die Welfenlegion. nicht. Daß Baiern und Sachſen dieſer Verſuchung unterliegenwürden, war möglich; daß ein im Roggenbachſchen Sinne ver¬ ſtümmeltes Baiern ſeine Revanche gegen uns im Anſchluſſe an Oeſtreich geſucht haben würde, war aber wahrſcheinlich. VII. Ein ſolcher Anſchluß würde vielleicht einen größern Umfang <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0099" n="75"/><fw place="top" type="header">Ablehnung einer Verſtümmelung Baierns. Die Welfenlegion.<lb/></fw> nicht. Daß Baiern und Sachſen dieſer Verſuchung unterliegen<lb/> würden, war möglich; daß ein im Roggenbachſchen Sinne ver¬<lb/> ſtümmeltes Baiern ſeine Revanche gegen uns im Anſchluſſe an<lb/> Oeſtreich geſucht haben würde, war aber wahrſcheinlich.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">VII.</hi><lb/> </head> <p>Ein ſolcher Anſchluß würde vielleicht einen größern Umfang<lb/> gewonnen haben als die Welfenlegion, welche demnächſt unter<lb/> franzöſiſchem Protectorate gegen uns Aufſtellung nahm. Daß<lb/> dieſe im Jahre 1870, abgeſehn von einzelnen verkommnen Per¬<lb/> ſönlichkeiten, nicht mehr auf der Bildfläche erſchienen iſt, iſt zum<lb/> großen Theile dem Umſtande zu verdanken, daß ſich Eingeweihte<lb/> der in Hanover vorbereiteten Verabredung fanden, die mich von den<lb/> getroffenen Vorbereitungen bis in's Einzelne benachrichtigten und ſich<lb/> erboten, die ganze Combination zu vereiteln, wenn ihnen die Bezüge<lb/> ihrer frühern hanöverſchen Stellung geſichert würden. Ich hatte<lb/> nach damals gerichtlich aufgefangenen Correſpondenzen die Beſorgnis,<lb/> daß wir in die Nothwendigkeit gerathen könnten, welfiſchen Unter¬<lb/> nehmungen gegenüber zu Repreſſalien zu ſchreiten, die Angeſichts<lb/> der Kriegsgefahr nicht anders als ſtreng ausfallen konnten. Man<lb/> darf nicht vergeſſen, daß wir damals des Sieges über Frankreich,<lb/> nach der großen Vergangenheit der franzöſiſchen Armee, nicht<lb/> ſo ſicher waren, um nicht jede Erſchwerung unſrer Lage ſorgſam<lb/> zu verhindern. Ich verabredete daher mit den Unterhändlern, die<lb/> mir näher traten, daß ihre Wünſche erfüllt werden ſollten, wenn<lb/> ſie ihre Zuſagen erfüllten, und bezeichnete als Kennzeichen dieſer<lb/> Bedingung die Frage, daß wir nicht genöthigt ſein würden, einen<lb/> hanöverſchen Landsmann wegen Kampfes gegen deutſches Militär<lb/> zu erſchießen. Es ſind denn auch im Lande keine Bewegungen<lb/> vorgekommen, und nach dem Ausbruch des Krieges beſchränkte ſich<lb/> die Abreiſe von Welfen nach Frankreich zu Waſſer und zu Lande<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [75/0099]
Ablehnung einer Verſtümmelung Baierns. Die Welfenlegion.
nicht. Daß Baiern und Sachſen dieſer Verſuchung unterliegen
würden, war möglich; daß ein im Roggenbachſchen Sinne ver¬
ſtümmeltes Baiern ſeine Revanche gegen uns im Anſchluſſe an
Oeſtreich geſucht haben würde, war aber wahrſcheinlich.
VII.
Ein ſolcher Anſchluß würde vielleicht einen größern Umfang
gewonnen haben als die Welfenlegion, welche demnächſt unter
franzöſiſchem Protectorate gegen uns Aufſtellung nahm. Daß
dieſe im Jahre 1870, abgeſehn von einzelnen verkommnen Per¬
ſönlichkeiten, nicht mehr auf der Bildfläche erſchienen iſt, iſt zum
großen Theile dem Umſtande zu verdanken, daß ſich Eingeweihte
der in Hanover vorbereiteten Verabredung fanden, die mich von den
getroffenen Vorbereitungen bis in's Einzelne benachrichtigten und ſich
erboten, die ganze Combination zu vereiteln, wenn ihnen die Bezüge
ihrer frühern hanöverſchen Stellung geſichert würden. Ich hatte
nach damals gerichtlich aufgefangenen Correſpondenzen die Beſorgnis,
daß wir in die Nothwendigkeit gerathen könnten, welfiſchen Unter¬
nehmungen gegenüber zu Repreſſalien zu ſchreiten, die Angeſichts
der Kriegsgefahr nicht anders als ſtreng ausfallen konnten. Man
darf nicht vergeſſen, daß wir damals des Sieges über Frankreich,
nach der großen Vergangenheit der franzöſiſchen Armee, nicht
ſo ſicher waren, um nicht jede Erſchwerung unſrer Lage ſorgſam
zu verhindern. Ich verabredete daher mit den Unterhändlern, die
mir näher traten, daß ihre Wünſche erfüllt werden ſollten, wenn
ſie ihre Zuſagen erfüllten, und bezeichnete als Kennzeichen dieſer
Bedingung die Frage, daß wir nicht genöthigt ſein würden, einen
hanöverſchen Landsmann wegen Kampfes gegen deutſches Militär
zu erſchießen. Es ſind denn auch im Lande keine Bewegungen
vorgekommen, und nach dem Ausbruch des Krieges beſchränkte ſich
die Abreiſe von Welfen nach Frankreich zu Waſſer und zu Lande
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