Hanover und Kurhessen 1866. Verhandlungen mit dem Erbprinzen.
mitzureden." Hatte doch auch die von dem Könige noch aus Horsitz am 6. und aus Pardubitz am 8. Juli in dem freundschaftlichsten Tone an den Kurfürsten gerichtete Aufforderung, ein Bündniß mit Preußen zu schließen und seine Truppen aus dem feindlichen Lager zurückzurufen, keinen Erfolg.
Auch der Erbprinz von Augustenburg hatte durch Ablehnung der sogenannten Februarbedingungen den günstigen Moment ver¬ säumt. Von welfischer Seite1) ist neuerdings folgende Version verbreitet worden: Der Verfasser behauptet, von dem Prinzen er¬ fahren zu haben, daß derselbe sich in einer Audienz bei dem Könige Wilhelm zu den geforderten Zugeständnissen verpflichtet, der König ihm die Einsetzung als Herzog zugesichert und die formelle Er¬ ledigung durch den Ministerpräsidenten auf den nächsten Tag zu¬ gesagt habe. Ich hätte mich am folgenden Tage bei dem Prinzen eingestellt, ihm aber gesagt, mein Wagen hielte vor der Thüre, ich müsse in diesem Augenblicke nach Biarritz zum Kaiser Napoleon reisen, der Prinz sei aufgefordert worden, einen Bevollmächtigten in Berlin zurückzulassen, und nicht wenig erstaunt gewesen, am nächsten Tage in den Berliner Zeitungen zu lesen, daß er die preußischen Vorschläge abgelehnt habe.
Es ist das eine plumpe Erfindung, in der Hauptsache und in allen Einzelheiten. Die Verhandlungen mit dem Erbprinzen sind von Sybel2) nach den Acten dargestellt; ich habe dazu aus meiner Erinnerung und meinen Papieren Einiges nachzutragen. Der König ist niemals mit dem Erbprinzen einig gewesen; ich war nie in des Letztern Wohnung und habe ihm gegenüber nie die Namen Biarritz und Napoleon ausgesprochen; ich bin 1864 am 1. October nach Baden, von dort am 5. nach Biarritz, 1865 am 30. September direct dorthin gereist und 1863 garnicht in Biarritz gewesen. Eine
1) Erinnerungen und Erlebnisse des Generalmajor Dammers (Hannover 1890) S. 94 f.
2) Bd. III 337 f.
Hanover und Kurheſſen 1866. Verhandlungen mit dem Erbprinzen.
mitzureden.“ Hatte doch auch die von dem Könige noch aus Horſitz am 6. und aus Pardubitz am 8. Juli in dem freundſchaftlichſten Tone an den Kurfürſten gerichtete Aufforderung, ein Bündniß mit Preußen zu ſchließen und ſeine Truppen aus dem feindlichen Lager zurückzurufen, keinen Erfolg.
Auch der Erbprinz von Auguſtenburg hatte durch Ablehnung der ſogenannten Februarbedingungen den günſtigen Moment ver¬ ſäumt. Von welfiſcher Seite1) iſt neuerdings folgende Verſion verbreitet worden: Der Verfaſſer behauptet, von dem Prinzen er¬ fahren zu haben, daß derſelbe ſich in einer Audienz bei dem Könige Wilhelm zu den geforderten Zugeſtändniſſen verpflichtet, der König ihm die Einſetzung als Herzog zugeſichert und die formelle Er¬ ledigung durch den Miniſterpräſidenten auf den nächſten Tag zu¬ geſagt habe. Ich hätte mich am folgenden Tage bei dem Prinzen eingeſtellt, ihm aber geſagt, mein Wagen hielte vor der Thüre, ich müſſe in dieſem Augenblicke nach Biarritz zum Kaiſer Napoleon reiſen, der Prinz ſei aufgefordert worden, einen Bevollmächtigten in Berlin zurückzulaſſen, und nicht wenig erſtaunt geweſen, am nächſten Tage in den Berliner Zeitungen zu leſen, daß er die preußiſchen Vorſchläge abgelehnt habe.
Es iſt das eine plumpe Erfindung, in der Hauptſache und in allen Einzelheiten. Die Verhandlungen mit dem Erbprinzen ſind von Sybel2) nach den Acten dargeſtellt; ich habe dazu aus meiner Erinnerung und meinen Papieren Einiges nachzutragen. Der König iſt niemals mit dem Erbprinzen einig geweſen; ich war nie in des Letztern Wohnung und habe ihm gegenüber nie die Namen Biarritz und Napoleon ausgeſprochen; ich bin 1864 am 1. October nach Baden, von dort am 5. nach Biarritz, 1865 am 30. September direct dorthin gereiſt und 1863 garnicht in Biarritz geweſen. Eine
1) Erinnerungen und Erlebniſſe des Generalmajor Dammers (Hannover 1890) S. 94 f.
2) Bd. III 337 f.
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Hanover und Kurheſſen 1866. Verhandlungen mit dem Erbprinzen.
mitzureden.“ Hatte doch auch die von dem Könige noch aus Horſitz
am 6. und aus Pardubitz am 8. Juli in dem freundſchaftlichſten
Tone an den Kurfürſten gerichtete Aufforderung, ein Bündniß mit
Preußen zu ſchließen und ſeine Truppen aus dem feindlichen Lager
zurückzurufen, keinen Erfolg.
Auch der Erbprinz von Auguſtenburg hatte durch Ablehnung
der ſogenannten Februarbedingungen den günſtigen Moment ver¬
ſäumt. Von welfiſcher Seite 1) iſt neuerdings folgende Verſion
verbreitet worden: Der Verfaſſer behauptet, von dem Prinzen er¬
fahren zu haben, daß derſelbe ſich in einer Audienz bei dem Könige
Wilhelm zu den geforderten Zugeſtändniſſen verpflichtet, der König
ihm die Einſetzung als Herzog zugeſichert und die formelle Er¬
ledigung durch den Miniſterpräſidenten auf den nächſten Tag zu¬
geſagt habe. Ich hätte mich am folgenden Tage bei dem Prinzen
eingeſtellt, ihm aber geſagt, mein Wagen hielte vor der Thüre, ich
müſſe in dieſem Augenblicke nach Biarritz zum Kaiſer Napoleon
reiſen, der Prinz ſei aufgefordert worden, einen Bevollmächtigten
in Berlin zurückzulaſſen, und nicht wenig erſtaunt geweſen, am
nächſten Tage in den Berliner Zeitungen zu leſen, daß er die
preußiſchen Vorſchläge abgelehnt habe.
Es iſt das eine plumpe Erfindung, in der Hauptſache und in
allen Einzelheiten. Die Verhandlungen mit dem Erbprinzen ſind
von Sybel 2) nach den Acten dargeſtellt; ich habe dazu aus meiner
Erinnerung und meinen Papieren Einiges nachzutragen. Der König
iſt niemals mit dem Erbprinzen einig geweſen; ich war nie in des
Letztern Wohnung und habe ihm gegenüber nie die Namen Biarritz
und Napoleon ausgeſprochen; ich bin 1864 am 1. October nach
Baden, von dort am 5. nach Biarritz, 1865 am 30. September
direct dorthin gereiſt und 1863 garnicht in Biarritz geweſen. Eine
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1890) S. 94 f.
2) Bd. III 337 f.
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Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen02_1898/49>, abgerufen am 16.07.2024.
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