Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898.Augustenburgische Sympathien. Schreiben Bethmann-Hollwegs. als Zubehör des Altliberalismus vom Standpunkt der frühernThronfolgerkritik und der Rathgeber der Königin im Sinne von Goltz, Pourtales u. s. w. überkommen. Ich greife in der Zeit vor, indem ich hier das letzte Lebenszeichen der Wochenblattspartei einschalte, das Schreiben des Herrn von Bethmann-Hollweg an den König vom 15. Juni 1866, dessen Hauptsätze lauten1): "Was Eure Majestät stets gefürchtet und vermieden, was alle Ein¬ 1) Vollständig veröffentlicht in L. Schneider, Aus dem Leben Kaiser Wilhelms I. I 334 ff., auch in Kohl, Bismarck-Regesten I 287 f. 2) Randbemerkung von Bismarck's Hand. 3) Vergl. Bd. I 309 ff.
Auguſtenburgiſche Sympathien. Schreiben Bethmann-Hollwegs. als Zubehör des Altliberalismus vom Standpunkt der frühernThronfolgerkritik und der Rathgeber der Königin im Sinne von Goltz, Pourtalès u. ſ. w. überkommen. Ich greife in der Zeit vor, indem ich hier das letzte Lebenszeichen der Wochenblattspartei einſchalte, das Schreiben des Herrn von Bethmann-Hollweg an den König vom 15. Juni 1866, deſſen Hauptſätze lauten1): „Was Eure Majeſtät ſtets gefürchtet und vermieden, was alle Ein¬ 1) Vollſtändig veröffentlicht in L. Schneider, Aus dem Leben Kaiſer Wilhelms I. I 334 ff., auch in Kohl, Bismarck-Regeſten I 287 f. 2) Randbemerkung von Bismarck's Hand. 3) Vergl. Bd. I 309 ff.
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Auguſtenburgiſche Sympathien. Schreiben Bethmann-Hollwegs.
als Zubehör des Altliberalismus vom Standpunkt der frühern
Thronfolgerkritik und der Rathgeber der Königin im Sinne von
Goltz, Pourtalès u. ſ. w. überkommen. Ich greife in der Zeit
vor, indem ich hier das letzte Lebenszeichen der Wochenblattspartei
einſchalte, das Schreiben des Herrn von Bethmann-Hollweg an
den König vom 15. Juni 1866, deſſen Hauptſätze lauten 1):
„Was Eure Majeſtät ſtets gefürchtet und vermieden, was alle Ein¬
ſichtigen vorausſahen, daß ein ernſtliches Zerwürfniß mit Oeſterreich
von Frankreich benutzt werden würde, um ſich auf Koſten Deutſchlands
zu vergrößern (wo?) 2), liegt jetzt in L. Napoleons ausgeſprochenem
Programm aller Welt vor Augen. ... Die ganzen Rheinlande für die
Herzogthümer wäre für ihn kein ſchlechter Tauſch, denn mit den
früher beanſpruchten petites rectifications des frontières wird er
ſich gewiß nicht begnügen. Und Er iſt der allmächtige Gebieter in
Europa! ... Gegen den Urheber dieſer (unſrer) Politik hege ich
keine feindliche Geſinnung. Ich erinnere mich gerne, daß ich 1848
Hand in Hand mit ihm ging, um den König zu ſtärken. Im März
1862 rieth ich Eurer Majeſtät, einen Steuermann von conſervativen
Antecedentien zu wählen, der Ehrgeiz, Kühnheit und Geſchick genug
beſitze, um das Staatsſchiff aus den Klippen, in die es gerathen,
herauszuführen, und ich würde Herrn von Bismarck genannt haben,
hätte ich geglaubt, daß er mit jenen Eigenſchaften die Beſonnenheit
und Folgerichtigkeit des Denkens und Handelns verbände, deren
Mangel der Jugend kaum verziehen wird, bei einem Manne aber
für den Staat, den er führt, lebensgefährlich iſt. In der That
war des Grafen Bismarck Thun von Anfang an voller Wider¬
ſprüche. ... Von jeher ein entſchiedener Vertreter der ruſſiſch-franzöſi¬
ſchen Allianz, knüpfte er an die im preußiſchen Intereſſe Rußland zu
leiſtende Hilfe gegen den polniſchen Aufſtand politiſche Projecte 3),
1) Vollſtändig veröffentlicht in L. Schneider, Aus dem Leben Kaiſer
Wilhelms I. I 334 ff., auch in Kohl, Bismarck-Regeſten I 287 f.
2) Randbemerkung von Bismarck's Hand.
3) Vergl. Bd. I 309 ff.
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