Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898.Sechsundzwanzigstes Kapitel: Intrigen. Am Tage von Thiers' Sturz habe er mit mehreren hervorragendenOrleanisten dinirt; die Bulletins aus Versailles seien ihm während des Diners zugegangen und mit Jubel begrüßt worden -- ein Rückhalt für die Partei, ohne den sie vielleicht nicht den moralischen Muth zu dem coup d'etat vom 24. Mai gehabt. Im gleichen Sinne sagte nur Nothomb, Thiers habe ihm im vorigen Winter von Arnim gesagt: cet homme m'a fait beaucoup de mal, beau¬ coup plus meme que ne sait ni pense Monsieur de Bismarck." In dem Verleumdungsproceß gegen den Redacteur der "Reichs¬ "Ich mache für diese verbrecherische Tendenz alle Mitarbeiter II. Meiner Ueberzeugung nach hat die römische Curie den Krieg Sechsundzwanzigſtes Kapitel: Intrigen. Am Tage von Thiers' Sturz habe er mit mehreren hervorragendenOrleaniſten dinirt; die Bulletins aus Verſailles ſeien ihm während des Diners zugegangen und mit Jubel begrüßt worden — ein Rückhalt für die Partei, ohne den ſie vielleicht nicht den moraliſchen Muth zu dem coup d'état vom 24. Mai gehabt. Im gleichen Sinne ſagte nur Nothomb, Thiers habe ihm im vorigen Winter von Arnim geſagt: cet homme m'a fait beaucoup de mal, beau¬ coup plus même que ne sait ni pense Monsieur de Bismarck.“ In dem Verleumdungsproceß gegen den Redacteur der „Reichs¬ „Ich mache für dieſe verbrecheriſche Tendenz alle Mitarbeiter II. Meiner Ueberzeugung nach hat die römiſche Curie den Krieg <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0192" n="168"/><fw place="top" type="header">Sechsundzwanzigſtes Kapitel: Intrigen.<lb/></fw>Am Tage von Thiers' Sturz habe er mit mehreren hervorragenden<lb/> Orleaniſten dinirt; die Bulletins aus Verſailles ſeien ihm während<lb/> des Diners zugegangen und mit Jubel begrüßt worden — ein<lb/> Rückhalt für die Partei, ohne den ſie vielleicht nicht den moraliſchen<lb/> Muth zu dem <hi rendition="#aq">coup d'état</hi> vom 24. Mai gehabt. Im gleichen<lb/> Sinne ſagte nur Nothomb, Thiers habe ihm im vorigen Winter<lb/> von Arnim geſagt: <hi rendition="#aq">cet homme m'a fait beaucoup de mal, beau¬<lb/> coup plus même que ne sait ni pense Monsieur de Bismarck</hi>.“</p><lb/> <p>In dem Verleumdungsproceß gegen den Redacteur der „Reichs¬<lb/> glocke“, Januar 1877, ſagte der Staatsanwalt:</p><lb/> <p>„Ich mache für dieſe verbrecheriſche Tendenz alle Mitarbeiter<lb/> des Blattes, auch alle diejenigen, die das Blatt durch Rath und<lb/> durch That unterſtützen, moraliſch verantwortlich, zunächſt ins¬<lb/> beſondre den Herrn von Loë, ſodann aber auch den Grafen Harry<lb/> von Arnim. Es iſt garnicht zu bezweifeln, daß alle die Artikel<lb/> ‚Arnim <hi rendition="#aq">contra</hi> Bismarck‘ die es ſich zur Aufgabe gemacht haben,<lb/> ſeit Jahr und Tag die Perſon des Fürſten Bismarck anzugreifen,<lb/> herabzuſetzen, im Intereſſe des Grafen Arnim geſchrieben werden.“</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">II.</hi><lb/> </head> <p>Meiner Ueberzeugung nach hat die römiſche Curie den Krieg<lb/> zwiſchen Frankreich und Deutſchland ebenſo wie die meiſten Politiker<lb/> ſeit 1866 als wahrſcheinlich betrachtet, als ebenſo wahrſcheinlich<lb/> auch, daß Preußen unterliegen würde. Den Krieg vorausgeſetzt,<lb/> mußte der damalige Papſt darauf rechnen, daß der Sieg Frank¬<lb/> reichs über das evangeliſche Preußen die Möglichkeit bieten werde,<lb/> den Vorſtoß, den er ſelbſt mit dem Concil und der Unfehlbarkeit<lb/> gegen die akatholiſche Welt und gegen nervenſchwache Katholiken<lb/> gemacht hatte, zu weitern Conſequenzen zu treiben. Wie das<lb/> kaiſerliche Frankreich und beſonders die Kaiſerin Eugenie damals<lb/> zu dem Papſte ſtanden, ließ ſich ohne zu gewagte Berechnung an¬<lb/> nehmen, daß Frankreich, wenn ſeine Heere ſiegreich in Berlin ſtänden,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [168/0192]
Sechsundzwanzigſtes Kapitel: Intrigen.
Am Tage von Thiers' Sturz habe er mit mehreren hervorragenden
Orleaniſten dinirt; die Bulletins aus Verſailles ſeien ihm während
des Diners zugegangen und mit Jubel begrüßt worden — ein
Rückhalt für die Partei, ohne den ſie vielleicht nicht den moraliſchen
Muth zu dem coup d'état vom 24. Mai gehabt. Im gleichen
Sinne ſagte nur Nothomb, Thiers habe ihm im vorigen Winter
von Arnim geſagt: cet homme m'a fait beaucoup de mal, beau¬
coup plus même que ne sait ni pense Monsieur de Bismarck.“
In dem Verleumdungsproceß gegen den Redacteur der „Reichs¬
glocke“, Januar 1877, ſagte der Staatsanwalt:
„Ich mache für dieſe verbrecheriſche Tendenz alle Mitarbeiter
des Blattes, auch alle diejenigen, die das Blatt durch Rath und
durch That unterſtützen, moraliſch verantwortlich, zunächſt ins¬
beſondre den Herrn von Loë, ſodann aber auch den Grafen Harry
von Arnim. Es iſt garnicht zu bezweifeln, daß alle die Artikel
‚Arnim contra Bismarck‘ die es ſich zur Aufgabe gemacht haben,
ſeit Jahr und Tag die Perſon des Fürſten Bismarck anzugreifen,
herabzuſetzen, im Intereſſe des Grafen Arnim geſchrieben werden.“
II.
Meiner Ueberzeugung nach hat die römiſche Curie den Krieg
zwiſchen Frankreich und Deutſchland ebenſo wie die meiſten Politiker
ſeit 1866 als wahrſcheinlich betrachtet, als ebenſo wahrſcheinlich
auch, daß Preußen unterliegen würde. Den Krieg vorausgeſetzt,
mußte der damalige Papſt darauf rechnen, daß der Sieg Frank¬
reichs über das evangeliſche Preußen die Möglichkeit bieten werde,
den Vorſtoß, den er ſelbſt mit dem Concil und der Unfehlbarkeit
gegen die akatholiſche Welt und gegen nervenſchwache Katholiken
gemacht hatte, zu weitern Conſequenzen zu treiben. Wie das
kaiſerliche Frankreich und beſonders die Kaiſerin Eugenie damals
zu dem Papſte ſtanden, ließ ſich ohne zu gewagte Berechnung an¬
nehmen, daß Frankreich, wenn ſeine Heere ſiegreich in Berlin ſtänden,
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