Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898.Bedenken des Kronprinzen. Graf Holnstein. durch nicht vergessen und eine Saat von Mißtrauen und Haßausstreuen. In dem Geffckenschen Tagebuche findet sich die Andeutung, Außer den bairischen Unterhändlern befand sich in Versailles 1) Vom 23. Sept. 1888. 2) S. Bd. I 353.
Bedenken des Kronprinzen. Graf Holnſtein. durch nicht vergeſſen und eine Saat von Mißtrauen und Haßausſtreuen. In dem Geffckenſchen Tagebuche findet ſich die Andeutung, Außer den bairiſchen Unterhändlern befand ſich in Verſailles 1) Vom 23. Sept. 1888. 2) S. Bd. I 353.
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Bedenken des Kronprinzen. Graf Holnſtein.
durch nicht vergeſſen und eine Saat von Mißtrauen und Haß
ausſtreuen.
In dem Geffckenſchen Tagebuche findet ſich die Andeutung,
daß wir unſre Stärke nicht gekannt hätten; die Anwendung dieſer
Stärke in damaliger Gegenwart wäre die Schwäche der Zukunft
Deutſchlands geworden. Das Tagebuch iſt wohl nicht damals auf
den Tag geſchrieben, ſondern ſpäter mit Wendungen vervollſtändigt
worden, durch die höfiſche Streber den Inhalt glaublich zu machen
ſuchten. Ich habe meiner Ueberzeugung, daß es gefälſcht ſei, und
meiner Entrüſtung über die Intriganten und Ohrenbläſer, die
ſich einer argloſen und edlen Natur wie Kaiſer Friedrich auf¬
drängten, in dem veröffentlichten Immediatberichte 1) Ausdruck ge¬
geben. Als ich dieſen ſchrieb, hatte ich keine Ahnung davon, daß
der Fälſcher in der Richtung von Geffcken, dem hanſeatiſchen Welfen,
zu ſuchen ſei, den ſeine Preußenfeindſchaft ſeit Jahren nicht ge¬
hindert hatte, ſich um die Gunſt des preußiſchen Kronprinzen zu
bewerben, um dieſen, ſein Haus und ſeinen Staat mit mehr Erfolg
ſchädigen, ſelbſt aber eine Rolle ſpielen zu können. Geffcken gehörte
zu den Strebern, die ſeit 1866 verbittert waren, weil ſie ſich und
ihre Bedeutung verkannt fanden.
Außer den bairiſchen Unterhändlern befand ſich in Verſailles
als beſondrer Vertrauensmann des Königs Ludwig der ihm als
Oberſtſtallmeiſter perſönlich naheſtehende Graf Holnſtein. Derſelbe
übernahm auf meine Bitte in dem Augenblick, wo die Kaiſerfrage
kritiſch war und an dem Schweigen Baierns und der Abneigung
König Wilhelms zu ſcheitern drohte, die Ueberbringung eines
Schreibens von mir an ſeinen Herrn, das ich, um die Beförde¬
rung nicht zu verzögern, ſofort an einem abgedeckten Eßtiſche auf
durchſchlagendem Papiere und mit widerſtrebender Tinte ſchrieb 2).
Ich entwickelte darin den Gedanken, daß die bairiſche Krone die
1) Vom 23. Sept. 1888.
2) S. Bd. I 353.
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