Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.Ministerium Brandenburg. Eintritt Manteuffels. gewiesen hatte, um sich die Situation klar machen zu lassen. Ich thatdas nach Möglichkeit und fragte: "Sind Sie bereit?" Er antwortete mit der Gegenfrage: "Welcher Anzug ist bestimmt?" -- "Civil," erwiderte ich. -- "Das habe ich nicht," sagte er. Ich besorgte ihm einen Lohndiener, und es wurde glücklich noch vor der festgesetzten Stunde ein Anzug aus einer Kleiderhandlung beschafft. Für die Sicherheit der Minister wurden mannigfache Vorsichtsmaßregeln ge¬ troffen. Zunächst waren im Schauspielhause selbst außer einer starken Polizeitruppe ungefähr dreißig der besten Schützen des Garde- Jäger-Bataillons so untergebracht, daß sie auf ein bestimmtes Signal im Saale und auf den Gallerien erscheinen und mit ihren der größten Genauigkeit sichern Schüssen die Minister decken konnten, wenn sie thätlich bedroht wurden. Es ließ sich annehmen, daß auf die ersten Schüsse die Insassen den Saal schnell räumen würden. Entsprechende Vorkehrungen waren an den Fenstern des Schauspielhauses und in verschiedenen Gebäuden am Gensdarmen¬ markt getroffen, in der Absicht, den Rückzug der Minister aus dem Schauspielhause gegen etwaige feindliche Angriffe zu decken; man nahm an, daß auch größere etwa dort versammelte Massen sich zerstreuen würden, sobald aus verschiedenen Richtungen Schüsse fielen. Herr von Manteuffel machte noch darauf aufmerksam, daß der Miniſterium Brandenburg. Eintritt Manteuffels. gewieſen hatte, um ſich die Situation klar machen zu laſſen. Ich thatdas nach Möglichkeit und fragte: „Sind Sie bereit?“ Er antwortete mit der Gegenfrage: „Welcher Anzug iſt beſtimmt?“ — „Civil,“ erwiderte ich. — „Das habe ich nicht,“ ſagte er. Ich beſorgte ihm einen Lohndiener, und es wurde glücklich noch vor der feſtgeſetzten Stunde ein Anzug aus einer Kleiderhandlung beſchafft. Für die Sicherheit der Miniſter wurden mannigfache Vorſichtsmaßregeln ge¬ troffen. Zunächſt waren im Schauſpielhauſe ſelbſt außer einer ſtarken Polizeitruppe ungefähr dreißig der beſten Schützen des Garde- Jäger-Bataillons ſo untergebracht, daß ſie auf ein beſtimmtes Signal im Saale und auf den Gallerien erſcheinen und mit ihren der größten Genauigkeit ſichern Schüſſen die Miniſter decken konnten, wenn ſie thätlich bedroht wurden. Es ließ ſich annehmen, daß auf die erſten Schüſſe die Inſaſſen den Saal ſchnell räumen würden. Entſprechende Vorkehrungen waren an den Fenſtern des Schauſpielhauſes und in verſchiedenen Gebäuden am Gensdarmen¬ markt getroffen, in der Abſicht, den Rückzug der Miniſter aus dem Schauſpielhauſe gegen etwaige feindliche Angriffe zu decken; man nahm an, daß auch größere etwa dort verſammelte Maſſen ſich zerſtreuen würden, ſobald aus verſchiedenen Richtungen Schüſſe fielen. Herr von Manteuffel machte noch darauf aufmerkſam, daß der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0078" n="51"/><fw place="top" type="header">Miniſterium Brandenburg. Eintritt Manteuffels.<lb/></fw> gewieſen hatte, um ſich die Situation klar machen zu laſſen. Ich that<lb/> das nach Möglichkeit und fragte: „Sind Sie bereit?“ Er antwortete<lb/> mit der Gegenfrage: „Welcher Anzug iſt beſtimmt?“ — „Civil,“<lb/> erwiderte ich. — „Das habe ich nicht,“ ſagte er. Ich beſorgte ihm<lb/> einen Lohndiener, und es wurde glücklich noch vor der feſtgeſetzten<lb/> Stunde ein Anzug aus einer Kleiderhandlung beſchafft. Für die<lb/> Sicherheit der Miniſter wurden mannigfache Vorſichtsmaßregeln ge¬<lb/> troffen. 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Ich ſuchte nun den hanöverſchen<lb/> Geſchäftsträger, Grafen Platen, auf, der das dem Könige von<lb/> Hanover gehörige Haus unter den Linden bewohnte. Derſelbe<lb/> war der Anſicht, daß das amtliche Domizil der Geſandſchaft zur<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [51/0078]
Miniſterium Brandenburg. Eintritt Manteuffels.
gewieſen hatte, um ſich die Situation klar machen zu laſſen. Ich that
das nach Möglichkeit und fragte: „Sind Sie bereit?“ Er antwortete
mit der Gegenfrage: „Welcher Anzug iſt beſtimmt?“ — „Civil,“
erwiderte ich. — „Das habe ich nicht,“ ſagte er. Ich beſorgte ihm
einen Lohndiener, und es wurde glücklich noch vor der feſtgeſetzten
Stunde ein Anzug aus einer Kleiderhandlung beſchafft. Für die
Sicherheit der Miniſter wurden mannigfache Vorſichtsmaßregeln ge¬
troffen. Zunächſt waren im Schauſpielhauſe ſelbſt außer einer
ſtarken Polizeitruppe ungefähr dreißig der beſten Schützen des Garde-
Jäger-Bataillons ſo untergebracht, daß ſie auf ein beſtimmtes Signal
im Saale und auf den Gallerien erſcheinen und mit ihren der
größten Genauigkeit ſichern Schüſſen die Miniſter decken konnten,
wenn ſie thätlich bedroht wurden. Es ließ ſich annehmen, daß
auf die erſten Schüſſe die Inſaſſen den Saal ſchnell räumen
würden. Entſprechende Vorkehrungen waren an den Fenſtern des
Schauſpielhauſes und in verſchiedenen Gebäuden am Gensdarmen¬
markt getroffen, in der Abſicht, den Rückzug der Miniſter aus dem
Schauſpielhauſe gegen etwaige feindliche Angriffe zu decken; man
nahm an, daß auch größere etwa dort verſammelte Maſſen ſich
zerſtreuen würden, ſobald aus verſchiedenen Richtungen Schüſſe
fielen.
Herr von Manteuffel machte noch darauf aufmerkſam, daß der
Eingang zum Schauſpielhauſe in der dort engen Charlottenſtraße
nicht gedeckt ſei; ich erbot mich, zu bewirken, daß die ihm gegen¬
über liegende Wohnung des beurlaubten hanöverſchen Geſandten,
Grafen Kniephauſen, von Militär beſetzt würde. Ich begab mich
noch in der Nacht zu dem Oberſten von Griesheim im Kriegs¬
miniſterium, der mit den militäriſchen Anordnungen betraut war,
ſtieß aber bei ihm auf Bedenken, ob man eine Geſandſchaft zu
ſolchem Zwecke benutzen dürfe. Ich ſuchte nun den hanöverſchen
Geſchäftsträger, Grafen Platen, auf, der das dem Könige von
Hanover gehörige Haus unter den Linden bewohnte. Derſelbe
war der Anſicht, daß das amtliche Domizil der Geſandſchaft zur
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