Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.Siebzehntes Kapitel: Der Frankfurter Fürstentag. bis dieser dann durch reactionäre und katholische Einflüsse selbstverdrängt wurde. Der König, so fest er auch in der innern Politik geworden war, ließ sich damals noch von der durch seine Gemalin vertretenen Doctrin beeinflussen, daß zur Lösung der deutschen Frage die Popularität das Mittel sei. Ueber eine Conferenz, welche am 10. October 1864 von Mit¬ "Ich fand in der heutigen Conferenz neu bestätigt, was freilich Zwei Tage später, am 12. October, berichtete mir Abeken, der Und wieder zwei Tage später schrieb mir Graf Goltz aus "Ist Rechbergs Stellung entschieden erschüttert (daß sie es Siebzehntes Kapitel: Der Frankfurter Fürſtentag. bis dieſer dann durch reactionäre und katholiſche Einflüſſe ſelbſtverdrängt wurde. Der König, ſo feſt er auch in der innern Politik geworden war, ließ ſich damals noch von der durch ſeine Gemalin vertretenen Doctrin beeinfluſſen, daß zur Löſung der deutſchen Frage die Popularität das Mittel ſei. Ueber eine Conferenz, welche am 10. October 1864 von Mit¬ „Ich fand in der heutigen Conferenz neu beſtätigt, was freilich Zwei Tage ſpäter, am 12. October, berichtete mir Abeken, der Und wieder zwei Tage ſpäter ſchrieb mir Graf Goltz aus „Iſt Rechbergs Stellung entſchieden erſchüttert (daß ſie es <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0375" n="348"/><fw place="top" type="header">Siebzehntes Kapitel: Der Frankfurter Fürſtentag.<lb/></fw> bis dieſer dann durch reactionäre und katholiſche Einflüſſe ſelbſt<lb/> verdrängt wurde. Der König, ſo feſt er auch in der innern<lb/> Politik geworden war, ließ ſich damals noch von der durch ſeine<lb/> Gemalin vertretenen Doctrin beeinfluſſen, daß zur Löſung der<lb/> deutſchen Frage die Popularität das Mittel ſei.</p><lb/> <p>Ueber eine Conferenz, welche am 10. October 1864 von Mit¬<lb/> gliedern des Auswärtigen und des Handelsminiſteriums abgehalten<lb/> wurde, ſchrieb mir Herr von Thile nach Biarritz:</p><lb/> <p>„Ich fand in der heutigen Conferenz neu beſtätigt, was freilich<lb/> längſt bekannt iſt, daß die Herren Fachmänner bei aller ihrer, von<lb/> mir gern anerkannten Virtuoſität in Behandlung der fachlichen<lb/> Seite die politiſche arg mißachten und z. B. die Eventualität eines<lb/> Miniſterwechſels in Wien wie eine Bagatelle behandeln. — Itzen¬<lb/> plitz wankt in ſeinen Anſichten ſehr. Wiederholt gelang es mir<lb/> ihn zu dem Geſtändniß zu bringen, daß uns der Artikel 25 <hi rendition="#aq">finaliter</hi><lb/> und <hi rendition="#aq">realiter</hi> zu nichts verpflichtet. Dann ſchreckte ihn aber jedesmal<lb/> ein ſtrafender Blick von Delbrück in ſeine Fachpoſition zurück.“</p><lb/> <p>Zwei Tage ſpäter, am 12. October, berichtete mir Abeken, der<lb/> ſich bei dem Könige in Baden-Baden befand, es ſei ihm nicht ge¬<lb/> lungen, denſelben für den Artikel 25 zu gewinnen; Se. Majeſtät<lb/> ſcheue „das Geſchrei“, welches ſich über eine ſolche Conceſſion an<lb/> Oeſtreich erheben würde, und habe u. A. geſagt: „Die Miniſter¬<lb/> kriſis in Wien würden wir vielleicht vermeiden, aber dadurch in<lb/> Berlin eine ſolche hervorrufen; Bodelſchwingh und Delbrück würden<lb/> wahrſcheinlich ihre Entlaſſung beantragen, wenn wir den Artikel 25<lb/> zuließen.“</p><lb/> <p>Und wieder zwei Tage ſpäter ſchrieb mir Graf Goltz aus<lb/> Paris:</p><lb/> <p>„Iſt Rechbergs Stellung entſchieden erſchüttert (daß ſie es<lb/> bei dem Kaiſer ſei, muß ich entſchieden bezweifeln), ſo dürfte für<lb/> uns die Nothwendigkeit eintreten, <hi rendition="#g">hier</hi> den Eröffnungen eines rein<lb/> Schmerlingſchen Miniſteriums zuvorzukommen.“</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [348/0375]
Siebzehntes Kapitel: Der Frankfurter Fürſtentag.
bis dieſer dann durch reactionäre und katholiſche Einflüſſe ſelbſt
verdrängt wurde. Der König, ſo feſt er auch in der innern
Politik geworden war, ließ ſich damals noch von der durch ſeine
Gemalin vertretenen Doctrin beeinfluſſen, daß zur Löſung der
deutſchen Frage die Popularität das Mittel ſei.
Ueber eine Conferenz, welche am 10. October 1864 von Mit¬
gliedern des Auswärtigen und des Handelsminiſteriums abgehalten
wurde, ſchrieb mir Herr von Thile nach Biarritz:
„Ich fand in der heutigen Conferenz neu beſtätigt, was freilich
längſt bekannt iſt, daß die Herren Fachmänner bei aller ihrer, von
mir gern anerkannten Virtuoſität in Behandlung der fachlichen
Seite die politiſche arg mißachten und z. B. die Eventualität eines
Miniſterwechſels in Wien wie eine Bagatelle behandeln. — Itzen¬
plitz wankt in ſeinen Anſichten ſehr. Wiederholt gelang es mir
ihn zu dem Geſtändniß zu bringen, daß uns der Artikel 25 finaliter
und realiter zu nichts verpflichtet. Dann ſchreckte ihn aber jedesmal
ein ſtrafender Blick von Delbrück in ſeine Fachpoſition zurück.“
Zwei Tage ſpäter, am 12. October, berichtete mir Abeken, der
ſich bei dem Könige in Baden-Baden befand, es ſei ihm nicht ge¬
lungen, denſelben für den Artikel 25 zu gewinnen; Se. Majeſtät
ſcheue „das Geſchrei“, welches ſich über eine ſolche Conceſſion an
Oeſtreich erheben würde, und habe u. A. geſagt: „Die Miniſter¬
kriſis in Wien würden wir vielleicht vermeiden, aber dadurch in
Berlin eine ſolche hervorrufen; Bodelſchwingh und Delbrück würden
wahrſcheinlich ihre Entlaſſung beantragen, wenn wir den Artikel 25
zuließen.“
Und wieder zwei Tage ſpäter ſchrieb mir Graf Goltz aus
Paris:
„Iſt Rechbergs Stellung entſchieden erſchüttert (daß ſie es
bei dem Kaiſer ſei, muß ich entſchieden bezweifeln), ſo dürfte für
uns die Nothwendigkeit eintreten, hier den Eröffnungen eines rein
Schmerlingſchen Miniſteriums zuvorzukommen.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |