Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebzehntes Kapitel: Der Frankfurter Fürstentag.
Generals von Gablenz gemachten preußischen Friedensanerbietungen
und deren finanz-ministerielle Begründung durch das Bedürfniß
einer preußischen Contribution, die damals bekundete Bereitwillig¬
keit, nach der ersten Schlacht zu verhandeln, kennzeichnet die Sicher¬
heit, mit der man auf den Sieg in letztrer zählte.

II.

Das Gesammtergebniß dieser in gleicher Richtung wirkenden
Vorstellungen war denn auch das Gegentheil von einem Entgegen¬
kommen des Wiener Cabinets für dualistische Neigungen; Oestreich
ging über die preußische Anregung von 1862 zur Tagesordnung
über mit der diametral entgegengesetzten Initiative zur Berufung
des Frankfurter Fürstentages, durch die Anfangs August in Gastein
König Wilhelm und sein Cabinet überrascht wurden.

Nach den Mittheilungen von Fröbel *)der sich als den Ur¬
heber des Fürstencongresses betrachtet und ohne Zweifel in die Vor¬
bereitungen eingeweiht war, ist den übrigen deutschen Fürsten vor
Empfang der vom 31. Juli datirten Einladung der östreichische
Plan nicht bekannt gewesen. Es wäre jedoch möglich, daß man
den nachmaligen würtembergischen Minister von Varnbüler bis
zu einem gewissen Grade in das Geheimniß gezogen hatte. Dieser
kluge und strebsame Politiker zeigte im Sommer 1863 Neigung,
mit mir die Beziehungen zu erneuern, die früher zwischen uns
durch Vermittlung unsres gemeinschaftlichen Freundes von Below-
Hohendorf entstanden waren. Er veranlaßte mich zu einer Zusammen¬
kunft, die am 12. Juli in einer auf seinen Wunsch geheimnißvollen
Form in einem kleinen böhmischen Orte westlich von Karlsbad

*) Julius Fröbel, Ein Lebenslauf. Stuttgart 1891. Theil II
S. 252. 255.

Siebzehntes Kapitel: Der Frankfurter Fürſtentag.
Generals von Gablenz gemachten preußiſchen Friedensanerbietungen
und deren finanz-miniſterielle Begründung durch das Bedürfniß
einer preußiſchen Contribution, die damals bekundete Bereitwillig¬
keit, nach der erſten Schlacht zu verhandeln, kennzeichnet die Sicher¬
heit, mit der man auf den Sieg in letztrer zählte.

II.

Das Geſammtergebniß dieſer in gleicher Richtung wirkenden
Vorſtellungen war denn auch das Gegentheil von einem Entgegen¬
kommen des Wiener Cabinets für dualiſtiſche Neigungen; Oeſtreich
ging über die preußiſche Anregung von 1862 zur Tagesordnung
über mit der diametral entgegengeſetzten Initiative zur Berufung
des Frankfurter Fürſtentages, durch die Anfangs Auguſt in Gaſtein
König Wilhelm und ſein Cabinet überraſcht wurden.

Nach den Mittheilungen von Fröbel *)der ſich als den Ur¬
heber des Fürſtencongreſſes betrachtet und ohne Zweifel in die Vor¬
bereitungen eingeweiht war, iſt den übrigen deutſchen Fürſten vor
Empfang der vom 31. Juli datirten Einladung der öſtreichiſche
Plan nicht bekannt geweſen. Es wäre jedoch möglich, daß man
den nachmaligen würtembergiſchen Miniſter von Varnbüler bis
zu einem gewiſſen Grade in das Geheimniß gezogen hatte. Dieſer
kluge und ſtrebſame Politiker zeigte im Sommer 1863 Neigung,
mit mir die Beziehungen zu erneuern, die früher zwiſchen uns
durch Vermittlung unſres gemeinſchaftlichen Freundes von Below-
Hohendorf entſtanden waren. Er veranlaßte mich zu einer Zuſammen¬
kunft, die am 12. Juli in einer auf ſeinen Wunſch geheimnißvollen
Form in einem kleinen böhmiſchen Orte weſtlich von Karlsbad

*) Julius Fröbel, Ein Lebenslauf. Stuttgart 1891. Theil II
S. 252. 255.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0365" n="338"/><fw place="top" type="header">Siebzehntes Kapitel: Der Frankfurter Für&#x017F;tentag.<lb/></fw>Generals von Gablenz gemachten preußi&#x017F;chen Friedensanerbietungen<lb/>
und deren finanz-mini&#x017F;terielle Begründung durch das Bedürfniß<lb/>
einer preußi&#x017F;chen Contribution, die damals bekundete Bereitwillig¬<lb/>
keit, nach der er&#x017F;ten Schlacht zu verhandeln, kennzeichnet die Sicher¬<lb/>
heit, mit der man auf den Sieg in letztrer zählte.</p><lb/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">II.</hi><lb/>
          </head>
          <p>Das Ge&#x017F;ammtergebniß die&#x017F;er in gleicher Richtung wirkenden<lb/>
Vor&#x017F;tellungen war denn auch das Gegentheil von einem Entgegen¬<lb/>
kommen des Wiener Cabinets für duali&#x017F;ti&#x017F;che Neigungen; Oe&#x017F;treich<lb/>
ging über die preußi&#x017F;che Anregung von 1862 zur Tagesordnung<lb/>
über mit der diametral entgegenge&#x017F;etzten Initiative zur Berufung<lb/>
des Frankfurter Für&#x017F;tentages, durch die Anfangs Augu&#x017F;t in Ga&#x017F;tein<lb/>
König Wilhelm und &#x017F;ein Cabinet überra&#x017F;cht wurden.</p><lb/>
          <p>Nach den Mittheilungen von Fröbel <note place="foot" n="*)"><lb/><hi rendition="#g">Julius Fröbel</hi>, Ein Lebenslauf. Stuttgart 1891. Theil <hi rendition="#aq">II</hi><lb/>
S. 252. 255.</note>der &#x017F;ich als den Ur¬<lb/>
heber des Für&#x017F;tencongre&#x017F;&#x017F;es betrachtet und ohne Zweifel in die Vor¬<lb/>
bereitungen eingeweiht war, i&#x017F;t den übrigen deut&#x017F;chen Für&#x017F;ten vor<lb/>
Empfang der vom 31. Juli datirten Einladung der ö&#x017F;treichi&#x017F;che<lb/>
Plan nicht bekannt gewe&#x017F;en. Es wäre jedoch möglich, daß man<lb/>
den nachmaligen würtembergi&#x017F;chen Mini&#x017F;ter von Varnbüler bis<lb/>
zu einem gewi&#x017F;&#x017F;en Grade in das Geheimniß gezogen hatte. Die&#x017F;er<lb/>
kluge und &#x017F;treb&#x017F;ame Politiker zeigte im Sommer 1863 Neigung,<lb/>
mit mir die Beziehungen zu erneuern, die früher zwi&#x017F;chen uns<lb/>
durch Vermittlung un&#x017F;res gemein&#x017F;chaftlichen Freundes von Below-<lb/>
Hohendorf ent&#x017F;tanden waren. Er veranlaßte mich zu einer Zu&#x017F;ammen¬<lb/>
kunft, die am 12. Juli in einer auf &#x017F;einen Wun&#x017F;ch geheimnißvollen<lb/>
Form in einem kleinen böhmi&#x017F;chen Orte we&#x017F;tlich von Karlsbad<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[338/0365] Siebzehntes Kapitel: Der Frankfurter Fürſtentag. Generals von Gablenz gemachten preußiſchen Friedensanerbietungen und deren finanz-miniſterielle Begründung durch das Bedürfniß einer preußiſchen Contribution, die damals bekundete Bereitwillig¬ keit, nach der erſten Schlacht zu verhandeln, kennzeichnet die Sicher¬ heit, mit der man auf den Sieg in letztrer zählte. II. Das Geſammtergebniß dieſer in gleicher Richtung wirkenden Vorſtellungen war denn auch das Gegentheil von einem Entgegen¬ kommen des Wiener Cabinets für dualiſtiſche Neigungen; Oeſtreich ging über die preußiſche Anregung von 1862 zur Tagesordnung über mit der diametral entgegengeſetzten Initiative zur Berufung des Frankfurter Fürſtentages, durch die Anfangs Auguſt in Gaſtein König Wilhelm und ſein Cabinet überraſcht wurden. Nach den Mittheilungen von Fröbel *)der ſich als den Ur¬ heber des Fürſtencongreſſes betrachtet und ohne Zweifel in die Vor¬ bereitungen eingeweiht war, iſt den übrigen deutſchen Fürſten vor Empfang der vom 31. Juli datirten Einladung der öſtreichiſche Plan nicht bekannt geweſen. Es wäre jedoch möglich, daß man den nachmaligen würtembergiſchen Miniſter von Varnbüler bis zu einem gewiſſen Grade in das Geheimniß gezogen hatte. Dieſer kluge und ſtrebſame Politiker zeigte im Sommer 1863 Neigung, mit mir die Beziehungen zu erneuern, die früher zwiſchen uns durch Vermittlung unſres gemeinſchaftlichen Freundes von Below- Hohendorf entſtanden waren. Er veranlaßte mich zu einer Zuſammen¬ kunft, die am 12. Juli in einer auf ſeinen Wunſch geheimnißvollen Form in einem kleinen böhmiſchen Orte weſtlich von Karlsbad *) Julius Fröbel, Ein Lebenslauf. Stuttgart 1891. Theil II S. 252. 255.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898/365
Zitationshilfe: Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898/365>, abgerufen am 20.11.2024.