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Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.

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Randbemerkungen zur Eingabe des Kronprinzen.
sondern zu seiner eignen Information und Vorbereitung auf seinen
künftigen Beruf von des Königs Majestät veranlaßt, den Sitzungen
beizuwohnen.

Seite 7. Der Versuch, die Maßregeln der Regirung zu
"neutralisiren", wäre Kampf und Auflehnung gegen die Krone.

Seite 7. Gefährlicher als alle Angriffe der Demokratie und
alles "Nagen" an den Wurzeln der Monarchie ist die Lockerung
der Bande, welche das Volk noch mit der Dynastie verbinden, durch
das Beispiel offen verkündeter Opposition des Thronerben, durch
die absichtliche Kundmachung der Uneinigkeit im Schoße der Dynastie.
Wenn der Sohn und der Thronerbe die Autorität des Vaters und
des Königs anficht, wem soll sie dann noch heilig sein? Wenn
dem Ehrgeize für die Zukunft eine Prämie dafür in Aussicht ge¬
stellt ist, daß er in der Gegenwart vom Könige abfällt, so werden
jene Bande zum eignen Nachtheil des künftigen Königs gelockert,
und die Lähmung der Autorität der jetzigen Regirung wird eine
böse Saat für die zukünftige sein. Jede Regirung ist besser, als
eine in sich zwiespältige und gelähmte, und die Erschütterungen,
welche der jetzige Kronprinz hervorrufen kann, treffen die Fun¬
damente des Gebäudes, in welchem er selbst künftig als König zu
wohnen hat.

Seite 7. Nach dem bisherigen verfassungsmäßigen Rechte
in Preußen regirt der König, und nicht die Minister. Nur die
Gesetzgebung, nicht die Regirung, ist mit den Kammern getheilt,
vor denen die Minister den König vertreten. Es ist also ganz
gesetzlich, wie vor der Verfassung, daß die Minister Diener des
Königs, und zwar die berufenen Rathgeber Sr. Majestät, aber
nicht die Regirer des Preußischen Staates sind. Das Preußische
Königthum steht auch nach der Verfassung noch nicht auf dem
Niveau des belgischen oder englischen, sondern bei uns regirt noch
der König persönlich, und befiehlt nach seinem Ermessen, so weit
nicht die Verfassung ein Andres bestimmt, und dies ist nur in
Betreff der Gesetzgebung der Fall.

Randbemerkungen zur Eingabe des Kronprinzen.
ſondern zu ſeiner eignen Information und Vorbereitung auf ſeinen
künftigen Beruf von des Königs Majeſtät veranlaßt, den Sitzungen
beizuwohnen.

Seite 7. Der Verſuch, die Maßregeln der Regirung zu
„neutraliſiren“, wäre Kampf und Auflehnung gegen die Krone.

Seite 7. Gefährlicher als alle Angriffe der Demokratie und
alles „Nagen“ an den Wurzeln der Monarchie iſt die Lockerung
der Bande, welche das Volk noch mit der Dynaſtie verbinden, durch
das Beiſpiel offen verkündeter Oppoſition des Thronerben, durch
die abſichtliche Kundmachung der Uneinigkeit im Schoße der Dynaſtie.
Wenn der Sohn und der Thronerbe die Autorität des Vaters und
des Königs anficht, wem ſoll ſie dann noch heilig ſein? Wenn
dem Ehrgeize für die Zukunft eine Prämie dafür in Ausſicht ge¬
ſtellt iſt, daß er in der Gegenwart vom Könige abfällt, ſo werden
jene Bande zum eignen Nachtheil des künftigen Königs gelockert,
und die Lähmung der Autorität der jetzigen Regirung wird eine
böſe Saat für die zukünftige ſein. Jede Regirung iſt beſſer, als
eine in ſich zwieſpältige und gelähmte, und die Erſchütterungen,
welche der jetzige Kronprinz hervorrufen kann, treffen die Fun¬
damente des Gebäudes, in welchem er ſelbſt künftig als König zu
wohnen hat.

Seite 7. Nach dem bisherigen verfaſſungsmäßigen Rechte
in Preußen regirt der König, und nicht die Miniſter. Nur die
Geſetzgebung, nicht die Regirung, iſt mit den Kammern getheilt,
vor denen die Miniſter den König vertreten. Es iſt alſo ganz
geſetzlich, wie vor der Verfaſſung, daß die Miniſter Diener des
Königs, und zwar die berufenen Rathgeber Sr. Majeſtät, aber
nicht die Regirer des Preußiſchen Staates ſind. Das Preußiſche
Königthum ſteht auch nach der Verfaſſung noch nicht auf dem
Niveau des belgiſchen oder engliſchen, ſondern bei uns regirt noch
der König perſönlich, und befiehlt nach ſeinem Ermeſſen, ſo weit
nicht die Verfaſſung ein Andres beſtimmt, und dies iſt nur in
Betreff der Geſetzgebung der Fall.

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[327/0354] Randbemerkungen zur Eingabe des Kronprinzen. ſondern zu ſeiner eignen Information und Vorbereitung auf ſeinen künftigen Beruf von des Königs Majeſtät veranlaßt, den Sitzungen beizuwohnen. Seite 7. Der Verſuch, die Maßregeln der Regirung zu „neutraliſiren“, wäre Kampf und Auflehnung gegen die Krone. Seite 7. Gefährlicher als alle Angriffe der Demokratie und alles „Nagen“ an den Wurzeln der Monarchie iſt die Lockerung der Bande, welche das Volk noch mit der Dynaſtie verbinden, durch das Beiſpiel offen verkündeter Oppoſition des Thronerben, durch die abſichtliche Kundmachung der Uneinigkeit im Schoße der Dynaſtie. Wenn der Sohn und der Thronerbe die Autorität des Vaters und des Königs anficht, wem ſoll ſie dann noch heilig ſein? Wenn dem Ehrgeize für die Zukunft eine Prämie dafür in Ausſicht ge¬ ſtellt iſt, daß er in der Gegenwart vom Könige abfällt, ſo werden jene Bande zum eignen Nachtheil des künftigen Königs gelockert, und die Lähmung der Autorität der jetzigen Regirung wird eine böſe Saat für die zukünftige ſein. Jede Regirung iſt beſſer, als eine in ſich zwieſpältige und gelähmte, und die Erſchütterungen, welche der jetzige Kronprinz hervorrufen kann, treffen die Fun¬ damente des Gebäudes, in welchem er ſelbſt künftig als König zu wohnen hat. Seite 7. Nach dem bisherigen verfaſſungsmäßigen Rechte in Preußen regirt der König, und nicht die Miniſter. Nur die Geſetzgebung, nicht die Regirung, iſt mit den Kammern getheilt, vor denen die Miniſter den König vertreten. Es iſt alſo ganz geſetzlich, wie vor der Verfaſſung, daß die Miniſter Diener des Königs, und zwar die berufenen Rathgeber Sr. Majeſtät, aber nicht die Regirer des Preußiſchen Staates ſind. Das Preußiſche Königthum ſteht auch nach der Verfaſſung noch nicht auf dem Niveau des belgiſchen oder engliſchen, ſondern bei uns regirt noch der König perſönlich, und befiehlt nach ſeinem Ermeſſen, ſo weit nicht die Verfaſſung ein Andres beſtimmt, und dies iſt nur in Betreff der Geſetzgebung der Fall.

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Zitationshilfe: Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898/354>, abgerufen am 23.11.2024.