Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.Neuntes Kapitel: Reisen. Regentschaft. Geschichte Preußens, Deutschlands, Europas zu eng verbunden, alsdaß Sie sich von einem Schauplatz zurückziehen dürfen, den Sie mit schaffen halfen. Aber damit Sie sich dieser Schöpfung auch ganz widmen können, müssen Sie sich Erleichterung der Arbeit verschaffen und bitte ich Sie inständigst mir dieserhalb Vorschläge zu machen. So sollten Sie sich von den Staats-Ministerial- Sitzungen losmachen, wenn gewöhnliche Dinge verhandelt werden. Delbrück steht Ihnen so getreu zur Seite, daß er Ihnen Manches abnehmen könnte. Reduciren Sie Ihre Vorträge bei mir auf das Wichtigste u. s. w. Vor Allem aber zweifeln Sie nie an meinem unveränderten Vertrauen und an meiner unauslöschlichen Dank¬ barkeit! Ihr Wilhelm." Usedom wurde zur Disposition gestellt. Se. Majestät überwand IV. Ich kehre zu dem Gespräche mit dem Regenten zurück. Nach¬ Der Regent: "Halten Sie Bonin für einen beschränkten Kopf?" Ich: "Das nicht; aber er kann nicht ein Schubfach in Ordnung Der Regent empfindlich: "Halten Sie mich etwa für eine Neuntes Kapitel: Reiſen. Regentſchaft. Geſchichte Preußens, Deutſchlands, Europas zu eng verbunden, alsdaß Sie ſich von einem Schauplatz zurückziehen dürfen, den Sie mit ſchaffen halfen. Aber damit Sie ſich dieſer Schöpfung auch ganz widmen können, müſſen Sie ſich Erleichterung der Arbeit verſchaffen und bitte ich Sie inſtändigſt mir dieſerhalb Vorſchläge zu machen. So ſollten Sie ſich von den Staats-Miniſterial- Sitzungen losmachen, wenn gewöhnliche Dinge verhandelt werden. Delbrück ſteht Ihnen ſo getreu zur Seite, daß er Ihnen Manches abnehmen könnte. Réduciren Sie Ihre Vorträge bei mir auf das Wichtigſte u. ſ. w. Vor Allem aber zweifeln Sie nie an meinem unveränderten Vertrauen und an meiner unauslöſchlichen Dank¬ barkeit! Ihr Wilhelm.“ Uſedom wurde zur Diſpoſition geſtellt. Se. Majeſtät überwand IV. Ich kehre zu dem Geſpräche mit dem Regenten zurück. Nach¬ Der Regent: „Halten Sie Bonin für einen beſchränkten Kopf?“ Ich: „Das nicht; aber er kann nicht ein Schubfach in Ordnung Der Regent empfindlich: „Halten Sie mich etwa für eine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0237" n="210"/><fw place="top" type="header">Neuntes Kapitel: Reiſen. Regentſchaft.<lb/></fw> Geſchichte Preußens, Deutſchlands, Europas zu eng verbunden, als<lb/> daß Sie ſich von einem Schauplatz zurückziehen dürfen, den Sie<lb/> mit ſchaffen halfen. Aber damit Sie ſich dieſer Schöpfung auch<lb/> ganz widmen können, <hi rendition="#g">müſſen</hi> Sie ſich Erleichterung der Arbeit<lb/> verſchaffen und bitte ich Sie inſtändigſt mir dieſerhalb Vorſchläge<lb/> zu machen. So ſollten Sie ſich von den Staats-Miniſterial-<lb/> Sitzungen losmachen, wenn gewöhnliche Dinge verhandelt werden.<lb/> Delbrück ſteht Ihnen ſo getreu zur Seite, daß er Ihnen Manches<lb/> abnehmen könnte. <hi rendition="#aq">Réduciren</hi> Sie Ihre Vorträge bei mir auf das<lb/> Wichtigſte u. ſ. w. Vor Allem aber zweifeln Sie nie an meinem<lb/> unveränderten Vertrauen und an meiner unauslöſchlichen Dank¬<lb/> barkeit!<lb/><hi rendition="#right">Ihr<lb/> Wilhelm.“</hi></p><lb/> <p>Uſedom wurde zur Diſpoſition geſtellt. Se. Majeſtät überwand<lb/> in dieſem Falle die Tradition der Verwaltung des Königlichen Haus¬<lb/> vermögens ſo weit, daß er ihm die finanzielle Differenz zwiſchen<lb/> dem amtlichen Einkommen und dem Wartegelde aus der Privat¬<lb/> chatoulle regelmäßig zahlen ließ.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">IV.</hi><lb/> </head> <p>Ich kehre zu dem Geſpräche mit dem Regenten zurück. Nach¬<lb/> dem ich mich über den bundeſtäglichen Poſten geäußert, ging ich<lb/> auf die Geſammtſituation über und ſagte: „Ew. K. H. haben im<lb/> ganzen Miniſterium keine einzige ſtaatsmänniſche Capacität, nur<lb/> Mittelmäßigkeiten, beſchränkte Köpfe.“</p><lb/> <p>Der Regent: „Halten Sie Bonin für einen beſchränkten Kopf?“</p><lb/> <p>Ich: „Das nicht; aber er kann nicht ein Schubfach in Ordnung<lb/> halten, viel weniger ein Miniſterium. Und Schleinitz iſt ein Höf¬<lb/> ling, kein Staatsmann.“</p><lb/> <p>Der Regent empfindlich: „Halten Sie mich etwa für eine<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [210/0237]
Neuntes Kapitel: Reiſen. Regentſchaft.
Geſchichte Preußens, Deutſchlands, Europas zu eng verbunden, als
daß Sie ſich von einem Schauplatz zurückziehen dürfen, den Sie
mit ſchaffen halfen. Aber damit Sie ſich dieſer Schöpfung auch
ganz widmen können, müſſen Sie ſich Erleichterung der Arbeit
verſchaffen und bitte ich Sie inſtändigſt mir dieſerhalb Vorſchläge
zu machen. So ſollten Sie ſich von den Staats-Miniſterial-
Sitzungen losmachen, wenn gewöhnliche Dinge verhandelt werden.
Delbrück ſteht Ihnen ſo getreu zur Seite, daß er Ihnen Manches
abnehmen könnte. Réduciren Sie Ihre Vorträge bei mir auf das
Wichtigſte u. ſ. w. Vor Allem aber zweifeln Sie nie an meinem
unveränderten Vertrauen und an meiner unauslöſchlichen Dank¬
barkeit!
Ihr
Wilhelm.“
Uſedom wurde zur Diſpoſition geſtellt. Se. Majeſtät überwand
in dieſem Falle die Tradition der Verwaltung des Königlichen Haus¬
vermögens ſo weit, daß er ihm die finanzielle Differenz zwiſchen
dem amtlichen Einkommen und dem Wartegelde aus der Privat¬
chatoulle regelmäßig zahlen ließ.
IV.
Ich kehre zu dem Geſpräche mit dem Regenten zurück. Nach¬
dem ich mich über den bundeſtäglichen Poſten geäußert, ging ich
auf die Geſammtſituation über und ſagte: „Ew. K. H. haben im
ganzen Miniſterium keine einzige ſtaatsmänniſche Capacität, nur
Mittelmäßigkeiten, beſchränkte Köpfe.“
Der Regent: „Halten Sie Bonin für einen beſchränkten Kopf?“
Ich: „Das nicht; aber er kann nicht ein Schubfach in Ordnung
halten, viel weniger ein Miniſterium. Und Schleinitz iſt ein Höf¬
ling, kein Staatsmann.“
Der Regent empfindlich: „Halten Sie mich etwa für eine
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