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Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.

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Achtes Kapitel: Besuch in Paris.
erwartet, lediglich aus Gutmüthigkeit und love of approbation
zu machen. Können wir jetzt kein Aequivalent für eine Gefällig¬
keit der Art erwarten, so sollten wir auch unsre Concession zurück¬
halten; die Gelegenheit, sie als Ausgleichungsobject zu verwerthen,
kommt vielleicht später einmal. Die Nützlichkeit für den Bund kann
doch nicht die ausschließliche Richtschnur Preußischer Politik sein,
denn das Allernützlichste für den Bund wäre ohne Zweifel, wenn
wir uns und alle deutschen Regirungen Oestreich militärisch, poli¬
tisch und commerciell im Zollverein unterordneten; unter einheit¬
licher Leitung würde der Bund in Krieg und Frieden ganz andre
Dinge leisten, auch wirklich haltbar werden für Kriegsfälle..."1).

Gerlach antwortete mir unter dem 21. Mai:

"Als ich Ihren Brief vom 11. d. M. erhielt, dachte ich schon,
es wäre eine Antwort auf meine versuchte Widerlegung Ihres
ausführlichen Schreibens vom 2. d. M. Ich war daher sehr ge¬
spannt, da es mir sehr schwer wird, mit Ihnen verschiedener
Meinung zu sein, und ich auf eine Verständigung hoffte. Ihre
Apologie gegen den Ihnen gemachten Vorwurf des Bonapartismus
zeigt mir aber, daß wir noch weit aus einander sind. ... Daß
Sie kein Bonapartist sind, weiß ich ebenso gewiß, als daß die
meisten Staatsmänner, nicht allein bei uns, sondern auch in andern
Ländern, es in Wahrheit sind, z. B. Palmerston, Bach, Buol u. s. w.;
auch weiß ich a priori, daß Sie in Frankfurt und in Deutschland,
bald hätte ich gesagt im Rheinbund, viele Exemplare dieser Sorte
bemerkt haben werden. Schon die Art, wie Sie die Opposition
des letzten Landtags ansahn, rechtfertigt Sie gegen den Vorwurf
des Bonapartismus. Aber eben deswegen ist es mir unerklärlich,
wie Sie unsre äußere Politik ansehn.

Daß man nicht mißtrauisch, steifstellig, widerwillig gegen
Bonaparte sein soll, finde ich auch, man soll die besten procedes

1) Bismarck's Briefe an L. v. Gerlach S. 324 ff.

Achtes Kapitel: Beſuch in Paris.
erwartet, lediglich aus Gutmüthigkeit und love of approbation
zu machen. Können wir jetzt kein Aequivalent für eine Gefällig¬
keit der Art erwarten, ſo ſollten wir auch unſre Conceſſion zurück¬
halten; die Gelegenheit, ſie als Ausgleichungsobject zu verwerthen,
kommt vielleicht ſpäter einmal. Die Nützlichkeit für den Bund kann
doch nicht die ausſchließliche Richtſchnur Preußiſcher Politik ſein,
denn das Allernützlichſte für den Bund wäre ohne Zweifel, wenn
wir uns und alle deutſchen Regirungen Oeſtreich militäriſch, poli¬
tiſch und commerciell im Zollverein unterordneten; unter einheit¬
licher Leitung würde der Bund in Krieg und Frieden ganz andre
Dinge leiſten, auch wirklich haltbar werden für Kriegsfälle...“1).

Gerlach antwortete mir unter dem 21. Mai:

„Als ich Ihren Brief vom 11. d. M. erhielt, dachte ich ſchon,
es wäre eine Antwort auf meine verſuchte Widerlegung Ihres
ausführlichen Schreibens vom 2. d. M. Ich war daher ſehr ge¬
ſpannt, da es mir ſehr ſchwer wird, mit Ihnen verſchiedener
Meinung zu ſein, und ich auf eine Verſtändigung hoffte. Ihre
Apologie gegen den Ihnen gemachten Vorwurf des Bonapartismus
zeigt mir aber, daß wir noch weit aus einander ſind. ... Daß
Sie kein Bonapartiſt ſind, weiß ich ebenſo gewiß, als daß die
meiſten Staatsmänner, nicht allein bei uns, ſondern auch in andern
Ländern, es in Wahrheit ſind, z. B. Palmerſton, Bach, Buol u. ſ. w.;
auch weiß ich a priori, daß Sie in Frankfurt und in Deutſchland,
bald hätte ich geſagt im Rheinbund, viele Exemplare dieſer Sorte
bemerkt haben werden. Schon die Art, wie Sie die Oppoſition
des letzten Landtags anſahn, rechtfertigt Sie gegen den Vorwurf
des Bonapartismus. Aber eben deswegen iſt es mir unerklärlich,
wie Sie unſre äußere Politik anſehn.

Daß man nicht mißtrauiſch, ſteifſtellig, widerwillig gegen
Bonaparte ſein ſoll, finde ich auch, man ſoll die beſten procédés

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[172/0199] Achtes Kapitel: Beſuch in Paris. erwartet, lediglich aus Gutmüthigkeit und love of approbation zu machen. Können wir jetzt kein Aequivalent für eine Gefällig¬ keit der Art erwarten, ſo ſollten wir auch unſre Conceſſion zurück¬ halten; die Gelegenheit, ſie als Ausgleichungsobject zu verwerthen, kommt vielleicht ſpäter einmal. Die Nützlichkeit für den Bund kann doch nicht die ausſchließliche Richtſchnur Preußiſcher Politik ſein, denn das Allernützlichſte für den Bund wäre ohne Zweifel, wenn wir uns und alle deutſchen Regirungen Oeſtreich militäriſch, poli¬ tiſch und commerciell im Zollverein unterordneten; unter einheit¬ licher Leitung würde der Bund in Krieg und Frieden ganz andre Dinge leiſten, auch wirklich haltbar werden für Kriegsfälle...“ 1). Gerlach antwortete mir unter dem 21. Mai: „Als ich Ihren Brief vom 11. d. M. erhielt, dachte ich ſchon, es wäre eine Antwort auf meine verſuchte Widerlegung Ihres ausführlichen Schreibens vom 2. d. M. Ich war daher ſehr ge¬ ſpannt, da es mir ſehr ſchwer wird, mit Ihnen verſchiedener Meinung zu ſein, und ich auf eine Verſtändigung hoffte. Ihre Apologie gegen den Ihnen gemachten Vorwurf des Bonapartismus zeigt mir aber, daß wir noch weit aus einander ſind. ... Daß Sie kein Bonapartiſt ſind, weiß ich ebenſo gewiß, als daß die meiſten Staatsmänner, nicht allein bei uns, ſondern auch in andern Ländern, es in Wahrheit ſind, z. B. Palmerſton, Bach, Buol u. ſ. w.; auch weiß ich a priori, daß Sie in Frankfurt und in Deutſchland, bald hätte ich geſagt im Rheinbund, viele Exemplare dieſer Sorte bemerkt haben werden. Schon die Art, wie Sie die Oppoſition des letzten Landtags anſahn, rechtfertigt Sie gegen den Vorwurf des Bonapartismus. Aber eben deswegen iſt es mir unerklärlich, wie Sie unſre äußere Politik anſehn. Daß man nicht mißtrauiſch, ſteifſtellig, widerwillig gegen Bonaparte ſein ſoll, finde ich auch, man ſoll die beſten procédés 1) Bismarck's Briefe an L. v. Gerlach S. 324 ff.

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Zitationshilfe: Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898/199>, abgerufen am 22.11.2024.