und das hatte Oesterreich denn doch wirklich gewollt. Den Ge¬ fangenen, für die man sich verwenden konnte, wäre doch kein Leid geschehen.
Dann klagen Sie unsre Politik der Isolirtheit an. Dieselbe Anklage erhob der Freimaurer Usedom, als er uns in den Vertrag vom 2. December hineintreiben wollte, und Manteuffel, jetzt Usedoms entschiedener Feind, war sehr von diesem Gedanken imponirt, Sie damals aber Gott sei Dank nicht. Oesterreich schloß damals den Decembervertrag mit, was hat es ihm genutzt? Es taumelt umher nach Bündnissen. Eine Quasi-Allianz schloß es gleich nach dem Pariser Frieden, jetzt soll es eine geheime mit England geschlossen haben. Ich sehe dabei keinen Gewinn, sondern nur Verlegenheiten. Letztere Allianz kann nur für den Fall gültig werden, daß die französisch-englische auseinandergeht, und auch nur bis dahin wird Palmerston sich nicht abhalten lassen, mit Sardinien und Italien zu coquettiren.
Mein politisches Princip ist und bleibt der Kampf gegen die Revolution. Sie werden Bonaparte nicht davon überzeugen, daß er nicht auf der Seite der Revolution steht. Er will auch nirgends anders stehen, denn er hat davon seine entschiedenen Vortheile. Es ist hier also weder von Sympathie noch von Antipathie die Rede. Diese Stellung Bonapartes ist eine ,Realität', die Sie nicht ,ignoriren' können. Daraus folgt aber keineswegs, daß man nicht höflich und nachgiebig, anerkennend und rücksichtsvoll gegen ihn sein, nicht daß man sich zu bestimmten Dingen mit ihm ver¬ binden kann. Wenn aber mein Princip wie das des Gegensatzes gegen die Revolution ein richtiges ist, und ich glaube, daß Sie es auch als ein solches anerkennen, so muß man es auch in der Praxis stets festhalten, damit wenn die Zeit kommt, wo es praktisch wird, und diese Zeit muß kommen, wenn das Princip richtig ist, diejenigen, die wie vielleicht bald Oesterreich und auch England es anerkennen müssen, dann wissen, was sie von uns zu halten haben. Sie sagen selbst, daß man sich auf uns nicht verlassen kann, und
Briefwechſel mit Gerlach über Frankreich.
und das hatte Oeſterreich denn doch wirklich gewollt. Den Ge¬ fangenen, für die man ſich verwenden konnte, wäre doch kein Leid geſchehen.
Dann klagen Sie unſre Politik der Iſolirtheit an. Dieſelbe Anklage erhob der Freimaurer Uſedom, als er uns in den Vertrag vom 2. December hineintreiben wollte, und Manteuffel, jetzt Uſedoms entſchiedener Feind, war ſehr von dieſem Gedanken imponirt, Sie damals aber Gott ſei Dank nicht. Oeſterreich ſchloß damals den Decembervertrag mit, was hat es ihm genutzt? Es taumelt umher nach Bündniſſen. Eine Quaſi-Allianz ſchloß es gleich nach dem Pariſer Frieden, jetzt ſoll es eine geheime mit England geſchloſſen haben. Ich ſehe dabei keinen Gewinn, ſondern nur Verlegenheiten. Letztere Allianz kann nur für den Fall gültig werden, daß die franzöſiſch-engliſche auseinandergeht, und auch nur bis dahin wird Palmerſton ſich nicht abhalten laſſen, mit Sardinien und Italien zu coquettiren.
Mein politiſches Princip iſt und bleibt der Kampf gegen die Revolution. Sie werden Bonaparte nicht davon überzeugen, daß er nicht auf der Seite der Revolution ſteht. Er will auch nirgends anders ſtehen, denn er hat davon ſeine entſchiedenen Vortheile. Es iſt hier alſo weder von Sympathie noch von Antipathie die Rede. Dieſe Stellung Bonapartes iſt eine ,Realität‘, die Sie nicht ‚ignoriren‘ können. Daraus folgt aber keineswegs, daß man nicht höflich und nachgiebig, anerkennend und rückſichtsvoll gegen ihn ſein, nicht daß man ſich zu beſtimmten Dingen mit ihm ver¬ binden kann. Wenn aber mein Princip wie das des Gegenſatzes gegen die Revolution ein richtiges iſt, und ich glaube, daß Sie es auch als ein ſolches anerkennen, ſo muß man es auch in der Praxis ſtets feſthalten, damit wenn die Zeit kommt, wo es praktiſch wird, und dieſe Zeit muß kommen, wenn das Princip richtig iſt, diejenigen, die wie vielleicht bald Oeſterreich und auch England es anerkennen müſſen, dann wiſſen, was ſie von uns zu halten haben. Sie ſagen ſelbſt, daß man ſich auf uns nicht verlaſſen kann, und
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Briefwechſel mit Gerlach über Frankreich.
und das hatte Oeſterreich denn doch wirklich gewollt. Den Ge¬
fangenen, für die man ſich verwenden konnte, wäre doch kein Leid
geſchehen.
Dann klagen Sie unſre Politik der Iſolirtheit an. Dieſelbe
Anklage erhob der Freimaurer Uſedom, als er uns in den Vertrag
vom 2. December hineintreiben wollte, und Manteuffel, jetzt Uſedoms
entſchiedener Feind, war ſehr von dieſem Gedanken imponirt, Sie
damals aber Gott ſei Dank nicht. Oeſterreich ſchloß damals den
Decembervertrag mit, was hat es ihm genutzt? Es taumelt umher
nach Bündniſſen. Eine Quaſi-Allianz ſchloß es gleich nach dem
Pariſer Frieden, jetzt ſoll es eine geheime mit England geſchloſſen
haben. Ich ſehe dabei keinen Gewinn, ſondern nur Verlegenheiten.
Letztere Allianz kann nur für den Fall gültig werden, daß die
franzöſiſch-engliſche auseinandergeht, und auch nur bis dahin wird
Palmerſton ſich nicht abhalten laſſen, mit Sardinien und Italien
zu coquettiren.
Mein politiſches Princip iſt und bleibt der Kampf gegen die
Revolution. Sie werden Bonaparte nicht davon überzeugen, daß er
nicht auf der Seite der Revolution ſteht. Er will auch nirgends
anders ſtehen, denn er hat davon ſeine entſchiedenen Vortheile.
Es iſt hier alſo weder von Sympathie noch von Antipathie die
Rede. Dieſe Stellung Bonapartes iſt eine ,Realität‘, die Sie
nicht ‚ignoriren‘ können. Daraus folgt aber keineswegs, daß man
nicht höflich und nachgiebig, anerkennend und rückſichtsvoll gegen
ihn ſein, nicht daß man ſich zu beſtimmten Dingen mit ihm ver¬
binden kann. Wenn aber mein Princip wie das des Gegenſatzes
gegen die Revolution ein richtiges iſt, und ich glaube, daß Sie es
auch als ein ſolches anerkennen, ſo muß man es auch in der
Praxis ſtets feſthalten, damit wenn die Zeit kommt, wo es praktiſch
wird, und dieſe Zeit muß kommen, wenn das Princip richtig iſt,
diejenigen, die wie vielleicht bald Oeſterreich und auch England es
anerkennen müſſen, dann wiſſen, was ſie von uns zu halten haben.
Sie ſagen ſelbſt, daß man ſich auf uns nicht verlaſſen kann, und
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Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898/196>, abgerufen am 23.11.2024.
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