Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.Beilegung des Conflicts mit Manteuffel. dieser Auffassung ausgesetzt gewesen sein, weil er mich als seinenZögling betrachtete und in meinem Royalismus als wesentlichstes Element den unbedingten "Gehorsam" sah. Jede selbständige Meinung von mir würde ihn befremdet haben, war ihm doch schon mein Sträuben gegen definitive Uebernahme des Wiener Postens als eine Art von Felonie erschienen. Eine lange nachwirkende Er¬ fahrung der Art hatte ich zwei Jahre später zu machen. III. Meine Berufungen nach Berlin wurden nicht immer durch Als es sich um die Verwandlung der Ersten Kammer in das "Bunsen hetzt den König immer mehr in die Pairie hinein. Am folgenden Tage, 21. April, schrieb mir der König: Beilegung des Conflicts mit Manteuffel. dieſer Auffaſſung ausgeſetzt geweſen ſein, weil er mich als ſeinenZögling betrachtete und in meinem Royalismus als weſentlichſtes Element den unbedingten „Gehorſam“ ſah. Jede ſelbſtändige Meinung von mir würde ihn befremdet haben, war ihm doch ſchon mein Sträuben gegen definitive Uebernahme des Wiener Poſtens als eine Art von Felonie erſchienen. Eine lange nachwirkende Er¬ fahrung der Art hatte ich zwei Jahre ſpäter zu machen. III. Meine Berufungen nach Berlin wurden nicht immer durch Als es ſich um die Verwandlung der Erſten Kammer in das „Bunſen hetzt den König immer mehr in die Pairie hinein. Am folgenden Tage, 21. April, ſchrieb mir der König: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0166" n="139"/><fw place="top" type="header">Beilegung des Conflicts mit Manteuffel.<lb/></fw>dieſer Auffaſſung ausgeſetzt geweſen ſein, weil er mich als ſeinen<lb/> Zögling betrachtete und in meinem Royalismus als weſentlichſtes<lb/> Element den unbedingten „Gehorſam“ ſah. Jede ſelbſtändige<lb/> Meinung von mir würde ihn befremdet haben, war ihm doch ſchon<lb/> mein Sträuben gegen definitive Uebernahme des Wiener Poſtens<lb/> als eine Art von Felonie erſchienen. Eine lange nachwirkende Er¬<lb/> fahrung der Art hatte ich zwei Jahre ſpäter zu machen.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">III.</hi><lb/> </head> <p>Meine Berufungen nach Berlin wurden nicht immer durch<lb/> die äußere Politik veranlaßt, mitunter auch durch Vorgänge im<lb/> Landtage, in den ich bei der durch meine Ernennung zum Geſandten<lb/> nothwendig gewordenen Neuwahl am 13 October 1851 wieder¬<lb/> gewählt worden war.</p><lb/> <p>Als es ſich um die Verwandlung der Erſten Kammer in das<lb/> Herrenhaus handelte, erhielt ich folgende, vom 20. April 1852<lb/> datirte Mittheilung Manteuffel's:</p><lb/> <p>„Bunſen hetzt den König immer mehr in die Pairie hinein.<lb/> Er behauptet, die größten Staatsmänner in England glaubten,<lb/> daß in wenigen Jahren der Continent in zwei Theile zerfallen<lb/> würde: a) proteſtantiſche Staaten mit conſtitutionellem Syſtem,<lb/> getragen von den Säulen der Pairie, d) katholiſch-jeſuitiſch-demo¬<lb/> kratiſch-abſolutiſtiſche Staaten. In die letzte Kategorie ſtellt er<lb/> Oeſterreich, Frankreich und Rußland. Ich halte das für ganz falſch.<lb/> Solche Kategorien gibt es gar nicht. Jeder Staat hat ſeinen eignen<lb/> Entwicklungsgang. Friedrich Wilhelm <hi rendition="#aq">I</hi>. war weder katholiſch noch<lb/> demokratiſch, nur abſolut. Aber dergleichen Dinge machen großen<lb/> Eindruck auf S. M. Das conſtitutionelle Syſtem, welches die<lb/> Majoritätenherrſchaft proclamirt, halte ich für nichts weniger als<lb/> proteſtantiſch.“</p><lb/> <p>Am folgenden Tage, 21. April, ſchrieb mir der König:<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [139/0166]
Beilegung des Conflicts mit Manteuffel.
dieſer Auffaſſung ausgeſetzt geweſen ſein, weil er mich als ſeinen
Zögling betrachtete und in meinem Royalismus als weſentlichſtes
Element den unbedingten „Gehorſam“ ſah. Jede ſelbſtändige
Meinung von mir würde ihn befremdet haben, war ihm doch ſchon
mein Sträuben gegen definitive Uebernahme des Wiener Poſtens
als eine Art von Felonie erſchienen. Eine lange nachwirkende Er¬
fahrung der Art hatte ich zwei Jahre ſpäter zu machen.
III.
Meine Berufungen nach Berlin wurden nicht immer durch
die äußere Politik veranlaßt, mitunter auch durch Vorgänge im
Landtage, in den ich bei der durch meine Ernennung zum Geſandten
nothwendig gewordenen Neuwahl am 13 October 1851 wieder¬
gewählt worden war.
Als es ſich um die Verwandlung der Erſten Kammer in das
Herrenhaus handelte, erhielt ich folgende, vom 20. April 1852
datirte Mittheilung Manteuffel's:
„Bunſen hetzt den König immer mehr in die Pairie hinein.
Er behauptet, die größten Staatsmänner in England glaubten,
daß in wenigen Jahren der Continent in zwei Theile zerfallen
würde: a) proteſtantiſche Staaten mit conſtitutionellem Syſtem,
getragen von den Säulen der Pairie, d) katholiſch-jeſuitiſch-demo¬
kratiſch-abſolutiſtiſche Staaten. In die letzte Kategorie ſtellt er
Oeſterreich, Frankreich und Rußland. Ich halte das für ganz falſch.
Solche Kategorien gibt es gar nicht. Jeder Staat hat ſeinen eignen
Entwicklungsgang. Friedrich Wilhelm I. war weder katholiſch noch
demokratiſch, nur abſolut. Aber dergleichen Dinge machen großen
Eindruck auf S. M. Das conſtitutionelle Syſtem, welches die
Majoritätenherrſchaft proclamirt, halte ich für nichts weniger als
proteſtantiſch.“
Am folgenden Tage, 21. April, ſchrieb mir der König:
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