Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite
Vorwort des Herausgebers.

Fürst Bismarck begann die Aufzeichnungen seiner "Gedanken und
Erinnerungen" bald nachdem ihm durch die Entlassung aus seinen
ruhmreich geführten Aemtern -- wie er selbst wiederholt gesagt hat --
das Spalier entzogen war, an dem sich sein Leben bisher emporgerankt
hatte. Die erste Anregung gab ihm eine von einem Verlagsangebote
begleitete Anfrage des Cotta'schen Hauses; schon am 6. Juli 1890 wurde
zwischen dem Fürsten und dem Vertreter der Cotta'schen Buchhandlung
ein Abkommen getroffen, durch welches diesem Hause für den Fall, daß
der Fürst Erinnerungen aus seinem Leben niederschriebe, das Verlags¬
recht übertragen wurde. Lothar Bucher, der geschichtskundige Diplomat,
der nach des Fürsten Entlassung Jahre lang mit kurzen Unterbrechungen
in Friedrichsruh oder Varzin als stiller Hausgast weilte, hat das Ver¬
dienst, daß er den Fürsten Bismarck in seinem Entschlusse zur Nieder¬
schrift seiner Erinnerungen und seiner politischen Gedanken bestärkte und
ihn in täglichen Gesprächen bei dem begonnenen Werke festhielt. Buchers
stenographische Nachschriften nach dem Dictate des Fürsten bildeten
den Grundstock zu der ersten Ausarbeitung, mit der sich der Fürst Jahre
lang eifrig beschäftigte, indem er die in Kapitel eingetheilten und
systematisch geordneten Aufzeichnungen immer von neuem durchsah und
durch eigenhändige Nachträge ergänzte. Um ihm diese Arbeit zu er¬
leichtern, wurden die "Gedanken und Erinnerungen" schon im Jahre
1893 als Manuskript gedruckt mit allen Aenderungen, die der Fürst
an dem ersten Entwurf angebracht hatte. Dieses neue Manuskript
hat Fürst Bismarck dann noch zwei- bis dreimal durchgearbeitet und
sorgfältiger Nachprüfung unterzogen, in der ihn sein fast untrügliches
Gedächtniß aufs beste unterstützte. Ganze Kapitel hat er noch in den
letzten beiden Jahren in neue Formen umgegossen.

Die zunehmenden Leiden des Alters und eine gewisse Scheu vor
der Mühe des Schreibens ließen die Arbeit zuweilen ins Stocken ge¬

Vorwort des Herausgebers.

Fürſt Bismarck begann die Aufzeichnungen ſeiner „Gedanken und
Erinnerungen“ bald nachdem ihm durch die Entlaſſung aus ſeinen
ruhmreich geführten Aemtern — wie er ſelbſt wiederholt geſagt hat —
das Spalier entzogen war, an dem ſich ſein Leben bisher emporgerankt
hatte. Die erſte Anregung gab ihm eine von einem Verlagsangebote
begleitete Anfrage des Cotta'ſchen Hauſes; ſchon am 6. Juli 1890 wurde
zwiſchen dem Fürſten und dem Vertreter der Cotta'ſchen Buchhandlung
ein Abkommen getroffen, durch welches dieſem Hauſe für den Fall, daß
der Fürſt Erinnerungen aus ſeinem Leben niederſchriebe, das Verlags¬
recht übertragen wurde. Lothar Bucher, der geſchichtskundige Diplomat,
der nach des Fürſten Entlaſſung Jahre lang mit kurzen Unterbrechungen
in Friedrichsruh oder Varzin als ſtiller Hausgaſt weilte, hat das Ver¬
dienſt, daß er den Fürſten Bismarck in ſeinem Entſchluſſe zur Nieder¬
ſchrift ſeiner Erinnerungen und ſeiner politiſchen Gedanken beſtärkte und
ihn in täglichen Geſprächen bei dem begonnenen Werke feſthielt. Buchers
ſtenographiſche Nachſchriften nach dem Dictate des Fürſten bildeten
den Grundſtock zu der erſten Ausarbeitung, mit der ſich der Fürſt Jahre
lang eifrig beſchäftigte, indem er die in Kapitel eingetheilten und
ſyſtematiſch geordneten Aufzeichnungen immer von neuem durchſah und
durch eigenhändige Nachträge ergänzte. Um ihm dieſe Arbeit zu er¬
leichtern, wurden die „Gedanken und Erinnerungen“ ſchon im Jahre
1893 als Manuſkript gedruckt mit allen Aenderungen, die der Fürſt
an dem erſten Entwurf angebracht hatte. Dieſes neue Manuſkript
hat Fürſt Bismarck dann noch zwei- bis dreimal durchgearbeitet und
ſorgfältiger Nachprüfung unterzogen, in der ihn ſein faſt untrügliches
Gedächtniß aufs beſte unterſtützte. Ganze Kapitel hat er noch in den
letzten beiden Jahren in neue Formen umgegoſſen.

Die zunehmenden Leiden des Alters und eine gewiſſe Scheu vor
der Mühe des Schreibens ließen die Arbeit zuweilen ins Stocken ge¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0016" n="[V]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Vorwort des Herausgebers.</hi><lb/>
        </head>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p><hi rendition="#in">F</hi>ür&#x017F;t Bismarck begann die Aufzeichnungen &#x017F;einer &#x201E;Gedanken und<lb/>
Erinnerungen&#x201C; bald nachdem ihm durch die Entla&#x017F;&#x017F;ung aus &#x017F;einen<lb/>
ruhmreich geführten Aemtern &#x2014; wie er &#x017F;elb&#x017F;t wiederholt ge&#x017F;agt hat &#x2014;<lb/>
das Spalier entzogen war, an dem &#x017F;ich &#x017F;ein Leben bisher emporgerankt<lb/>
hatte. Die er&#x017F;te Anregung gab ihm eine von einem Verlagsangebote<lb/>
begleitete Anfrage des Cotta'&#x017F;chen Hau&#x017F;es; &#x017F;chon am 6. Juli 1890 wurde<lb/>
zwi&#x017F;chen dem Für&#x017F;ten und dem Vertreter der Cotta'&#x017F;chen Buchhandlung<lb/>
ein Abkommen getroffen, durch welches die&#x017F;em Hau&#x017F;e für den Fall, daß<lb/>
der Für&#x017F;t Erinnerungen aus &#x017F;einem Leben nieder&#x017F;chriebe, das Verlags¬<lb/>
recht übertragen wurde. Lothar Bucher, der ge&#x017F;chichtskundige Diplomat,<lb/>
der nach des Für&#x017F;ten Entla&#x017F;&#x017F;ung Jahre lang mit kurzen Unterbrechungen<lb/>
in Friedrichsruh oder Varzin als &#x017F;tiller Hausga&#x017F;t weilte, hat das Ver¬<lb/>
dien&#x017F;t, daß er den Für&#x017F;ten Bismarck in &#x017F;einem Ent&#x017F;chlu&#x017F;&#x017F;e zur Nieder¬<lb/>
&#x017F;chrift &#x017F;einer Erinnerungen und &#x017F;einer politi&#x017F;chen Gedanken be&#x017F;tärkte und<lb/>
ihn in täglichen Ge&#x017F;prächen bei dem begonnenen Werke fe&#x017F;thielt. Buchers<lb/>
&#x017F;tenographi&#x017F;che Nach&#x017F;chriften nach dem Dictate des Für&#x017F;ten bildeten<lb/>
den Grund&#x017F;tock zu der er&#x017F;ten Ausarbeitung, mit der &#x017F;ich der Für&#x017F;t Jahre<lb/>
lang eifrig be&#x017F;chäftigte, indem er die in Kapitel eingetheilten und<lb/>
&#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;ch geordneten Aufzeichnungen immer von neuem durch&#x017F;ah und<lb/>
durch eigenhändige Nachträge ergänzte. Um ihm die&#x017F;e Arbeit zu er¬<lb/>
leichtern, wurden die &#x201E;Gedanken und Erinnerungen&#x201C; &#x017F;chon im Jahre<lb/>
1893 als Manu&#x017F;kript gedruckt mit allen Aenderungen, die der Für&#x017F;t<lb/>
an dem er&#x017F;ten Entwurf angebracht hatte. Die&#x017F;es neue Manu&#x017F;kript<lb/>
hat Für&#x017F;t Bismarck dann noch zwei- bis dreimal durchgearbeitet und<lb/>
&#x017F;orgfältiger Nachprüfung unterzogen, in der ihn &#x017F;ein fa&#x017F;t untrügliches<lb/>
Gedächtniß aufs be&#x017F;te unter&#x017F;tützte. Ganze Kapitel hat er noch in den<lb/>
letzten beiden Jahren in neue Formen umgego&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Die zunehmenden Leiden des Alters und eine gewi&#x017F;&#x017F;e Scheu vor<lb/>
der Mühe des Schreibens ließen die Arbeit zuweilen ins Stocken ge¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[V]/0016] Vorwort des Herausgebers. Fürſt Bismarck begann die Aufzeichnungen ſeiner „Gedanken und Erinnerungen“ bald nachdem ihm durch die Entlaſſung aus ſeinen ruhmreich geführten Aemtern — wie er ſelbſt wiederholt geſagt hat — das Spalier entzogen war, an dem ſich ſein Leben bisher emporgerankt hatte. Die erſte Anregung gab ihm eine von einem Verlagsangebote begleitete Anfrage des Cotta'ſchen Hauſes; ſchon am 6. Juli 1890 wurde zwiſchen dem Fürſten und dem Vertreter der Cotta'ſchen Buchhandlung ein Abkommen getroffen, durch welches dieſem Hauſe für den Fall, daß der Fürſt Erinnerungen aus ſeinem Leben niederſchriebe, das Verlags¬ recht übertragen wurde. Lothar Bucher, der geſchichtskundige Diplomat, der nach des Fürſten Entlaſſung Jahre lang mit kurzen Unterbrechungen in Friedrichsruh oder Varzin als ſtiller Hausgaſt weilte, hat das Ver¬ dienſt, daß er den Fürſten Bismarck in ſeinem Entſchluſſe zur Nieder¬ ſchrift ſeiner Erinnerungen und ſeiner politiſchen Gedanken beſtärkte und ihn in täglichen Geſprächen bei dem begonnenen Werke feſthielt. Buchers ſtenographiſche Nachſchriften nach dem Dictate des Fürſten bildeten den Grundſtock zu der erſten Ausarbeitung, mit der ſich der Fürſt Jahre lang eifrig beſchäftigte, indem er die in Kapitel eingetheilten und ſyſtematiſch geordneten Aufzeichnungen immer von neuem durchſah und durch eigenhändige Nachträge ergänzte. Um ihm dieſe Arbeit zu er¬ leichtern, wurden die „Gedanken und Erinnerungen“ ſchon im Jahre 1893 als Manuſkript gedruckt mit allen Aenderungen, die der Fürſt an dem erſten Entwurf angebracht hatte. Dieſes neue Manuſkript hat Fürſt Bismarck dann noch zwei- bis dreimal durchgearbeitet und ſorgfältiger Nachprüfung unterzogen, in der ihn ſein faſt untrügliches Gedächtniß aufs beſte unterſtützte. Ganze Kapitel hat er noch in den letzten beiden Jahren in neue Formen umgegoſſen. Die zunehmenden Leiden des Alters und eine gewiſſe Scheu vor der Mühe des Schreibens ließen die Arbeit zuweilen ins Stocken ge¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898/16
Zitationshilfe: Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898, S. [V]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898/16>, abgerufen am 22.12.2024.