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Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898.

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Gegnerschaft der Höfe von Sanssouci und Coblenz.
stände, aber nicht immer, mitunter auch seine Rivalen, waren der
Cabinetsrath Niebuhr und Edwin von Manteuffel, während des
Krimkrieges auch der Graf Münster. Zu der Camarilla waren
außerdem zu rechnen der Graf Anton Stolberg, der Graf Friedrich
zu Dohna und der Graf von der Gröben.

An dem prinzlichen Hofe hatte das staatliche Interesse in der
Abwehr von Schädigungen durch weibliche Einflüsse einen festen
und klugen Vertreter an Gustav von Alvensleben, der an dem
Frieden zwischen beiden Höfen nach Kräften arbeitete, ohne mit
den politischen Maßregeln der Regirung einverstanden zu sein.
Er theilte meine Ansicht von der Nothwendigkeit, die Frage der
preußisch-östreichischen Rivalität auf dem Schlachtfelde zu ent¬
scheiden, weil sie in andrer Weise unlösbar sei. Er, der das
vierte Corps bei Beaumont und Sedan führte, und sein Bruder
Constantin, dessen selbständig gefaßten Entschlüsse bei Vionville
und Mars la Tour die französische Rheinarmee vor Metz zum Stehn
brachten, waren Musterbilder von Generalen. Wenn ich ihn ge¬
legentlich nach seiner Meinung über den Ausgang einer ersten
Hauptschlacht zwischen uns und den Oestreichern fragte, so ant¬
wortete er: "Wir laufen sie über, daß sie die Beine gen Himmel
kehren." Und seine Zuversicht hat dazu beigetragen, mir in den
schwierigen Entschließungen von 1864 und 1866 den Muth zu
stärken. Der Antagonismus, in dem sein lediglich durch staat¬
liche und patriotische Erwägungen bestimmter Einfluß auf den
Prinzen mit dem der Prinzessin stand, brachte ihn zuweilen in eine
Erregung, der er in Worten Luft machte, die ich nicht wieder¬
holen will, die aber die ganze Entrüstung des patriotischen Sol¬
daten über politisirende Damen in einer die Strafgesetze streifenden
Sprache zum Ausdruck brachten. Daß der Prinz diesen seinen Ad¬
jutanten seiner Gemalin gegenüber hielt, war ein Ergebniß der
Eigenschaft, die er auch als König und Kaiser bewährte, daß er
für treue Diener ein treuer Herr war.


Gegnerſchaft der Höfe von Sansſouci und Coblenz.
ſtände, aber nicht immer, mitunter auch ſeine Rivalen, waren der
Cabinetsrath Niebuhr und Edwin von Manteuffel, während des
Krimkrieges auch der Graf Münſter. Zu der Camarilla waren
außerdem zu rechnen der Graf Anton Stolberg, der Graf Friedrich
zu Dohna und der Graf von der Gröben.

An dem prinzlichen Hofe hatte das ſtaatliche Intereſſe in der
Abwehr von Schädigungen durch weibliche Einflüſſe einen feſten
und klugen Vertreter an Guſtav von Alvensleben, der an dem
Frieden zwiſchen beiden Höfen nach Kräften arbeitete, ohne mit
den politiſchen Maßregeln der Regirung einverſtanden zu ſein.
Er theilte meine Anſicht von der Nothwendigkeit, die Frage der
preußiſch-öſtreichiſchen Rivalität auf dem Schlachtfelde zu ent¬
ſcheiden, weil ſie in andrer Weiſe unlösbar ſei. Er, der das
vierte Corps bei Beaumont und Sedan führte, und ſein Bruder
Conſtantin, deſſen ſelbſtändig gefaßten Entſchlüſſe bei Vionville
und Mars la Tour die franzöſiſche Rheinarmee vor Metz zum Stehn
brachten, waren Muſterbilder von Generalen. Wenn ich ihn ge¬
legentlich nach ſeiner Meinung über den Ausgang einer erſten
Hauptſchlacht zwiſchen uns und den Oeſtreichern fragte, ſo ant¬
wortete er: „Wir laufen ſie über, daß ſie die Beine gen Himmel
kehren.“ Und ſeine Zuverſicht hat dazu beigetragen, mir in den
ſchwierigen Entſchließungen von 1864 und 1866 den Muth zu
ſtärken. Der Antagonismus, in dem ſein lediglich durch ſtaat¬
liche und patriotiſche Erwägungen beſtimmter Einfluß auf den
Prinzen mit dem der Prinzeſſin ſtand, brachte ihn zuweilen in eine
Erregung, der er in Worten Luft machte, die ich nicht wieder¬
holen will, die aber die ganze Entrüſtung des patriotiſchen Sol¬
daten über politiſirende Damen in einer die Strafgeſetze ſtreifenden
Sprache zum Ausdruck brachten. Daß der Prinz dieſen ſeinen Ad¬
jutanten ſeiner Gemalin gegenüber hielt, war ein Ergebniß der
Eigenſchaft, die er auch als König und Kaiſer bewährte, daß er
für treue Diener ein treuer Herr war.


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[127/0154] Gegnerſchaft der Höfe von Sansſouci und Coblenz. ſtände, aber nicht immer, mitunter auch ſeine Rivalen, waren der Cabinetsrath Niebuhr und Edwin von Manteuffel, während des Krimkrieges auch der Graf Münſter. Zu der Camarilla waren außerdem zu rechnen der Graf Anton Stolberg, der Graf Friedrich zu Dohna und der Graf von der Gröben. An dem prinzlichen Hofe hatte das ſtaatliche Intereſſe in der Abwehr von Schädigungen durch weibliche Einflüſſe einen feſten und klugen Vertreter an Guſtav von Alvensleben, der an dem Frieden zwiſchen beiden Höfen nach Kräften arbeitete, ohne mit den politiſchen Maßregeln der Regirung einverſtanden zu ſein. Er theilte meine Anſicht von der Nothwendigkeit, die Frage der preußiſch-öſtreichiſchen Rivalität auf dem Schlachtfelde zu ent¬ ſcheiden, weil ſie in andrer Weiſe unlösbar ſei. Er, der das vierte Corps bei Beaumont und Sedan führte, und ſein Bruder Conſtantin, deſſen ſelbſtändig gefaßten Entſchlüſſe bei Vionville und Mars la Tour die franzöſiſche Rheinarmee vor Metz zum Stehn brachten, waren Muſterbilder von Generalen. Wenn ich ihn ge¬ legentlich nach ſeiner Meinung über den Ausgang einer erſten Hauptſchlacht zwiſchen uns und den Oeſtreichern fragte, ſo ant¬ wortete er: „Wir laufen ſie über, daß ſie die Beine gen Himmel kehren.“ Und ſeine Zuverſicht hat dazu beigetragen, mir in den ſchwierigen Entſchließungen von 1864 und 1866 den Muth zu ſtärken. Der Antagonismus, in dem ſein lediglich durch ſtaat¬ liche und patriotiſche Erwägungen beſtimmter Einfluß auf den Prinzen mit dem der Prinzeſſin ſtand, brachte ihn zuweilen in eine Erregung, der er in Worten Luft machte, die ich nicht wieder¬ holen will, die aber die ganze Entrüſtung des patriotiſchen Sol¬ daten über politiſirende Damen in einer die Strafgeſetze ſtreifenden Sprache zum Ausdruck brachten. Daß der Prinz dieſen ſeinen Ad¬ jutanten ſeiner Gemalin gegenüber hielt, war ein Ergebniß der Eigenſchaft, die er auch als König und Kaiſer bewährte, daß er für treue Diener ein treuer Herr war.

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Zitationshilfe: Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 1. Stuttgart, 1898, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen01_1898/154>, abgerufen am 30.11.2024.