Birken, Sigmund von: Pegnesische Gesprächspiel-Gesellschaft von Nymfen und Hirten. Nürnberg, 1665.Liebes Kraft der Augen mit den Augen sihet. Daher pflegetman die Liebe dessen/ der etwas häss- und unfreundliches liebet/ eine blinde Liebe: und wäre gegenwärtige Frage/ mit recht/ die Frage eines Blinden/ zu nennen. Es ist aber nichts neues/ (unterredte als
Liebes Kraft der Augen mit den Augen ſihet. Daher pflegetman die Liebe deſſen/ der etwas haͤſſ- und unfreundliches liebet/ eine blinde Liebe: und waͤre gegenwaͤrtige Frage/ mit recht/ die Frage eines Blinden/ zu nennen. Es iſt aber nichts neues/ (unterredte als
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Liebes Kraft der Augen
mit den Augen ſihet. Daher pfleget
man die Liebe deſſen/ der etwas haͤſſ- und
unfreundliches liebet/ eine blinde Liebe:
und waͤre gegenwaͤrtige Frage/ mit recht/
die Frage eines Blinden/ zu nennen.
Es iſt aber nichts neues/ (unterredte
Ferrando/) daß/ einer Schaͤferiñ freund-
liches Reden/ welches durch die Ohren
ins Herz dringen muß/ einen Schaͤfer
verliebt gemacht. Es iſt nichts neues!
widerredte Palaͤmon: aber auch nichts
gewoͤhnliches. So iſt uͤberdas die Re-
de des Munds/ welche durch die Ohren
anzuͤndet/ nur ein Stuck der liebbaren
Vollkommenheit. Aber der holdſeelige
Mund ſelber un̄ die uͤbrige ganze Schoͤn-
heit/ iſt ein Gegenwurf der Augen: die
ſind der Weg/ die Thuͤren und Fuͤhrer
der Liebe/ zum Herzen. Es gibt aber
auch die taͤgliche Erfahrung/ (ward von
Cleodorn eingeſtreuet/) daß man/ bloß
aus dem Geruͤchte/ verliebt wird/ und
viele gegeneinander entbrennen/ die ein-
ander nie geſehen. In ſolchen Faͤllen/
(verſetzte Palaͤmon/) bildet die Fantaſie/
als
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Zitationshilfe: | Birken, Sigmund von: Pegnesische Gesprächspiel-Gesellschaft von Nymfen und Hirten. Nürnberg, 1665, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_gespraechspiel_1665/128>, abgerufen am 16.02.2025. |