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Birken, Sigmund von: Pegnesische Gesprächspiel-Gesellschaft von Nymfen und Hirten. Nürnberg, 1665.

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Die erwählte Einsamkeit.

Nachdem die ganze Gesellschaft die-
sen Gesang belächelt/ sagte Sylvia zum
Ferrando: die Straffe deiner Ungedult
und Zornsucht/ welche dich aus der Welt-
Unruh in das Einsidel-Leben fliehen
macht/ soll diese seyn/ daß du uns sagest/
welcher Leute Anzahl in der Welt grösser
sey/ der Todten oder der Lebendigen? Ei-
ner von den Alten hat auf diese Frage ge-
antwortet/ (antwortete Ferrando/) es
seyen mehr der Lebendigen/ weil die Tod-
ten nicht mehr sind. Worbey ichs be-
wenden lasse: wiewohl/ die Frage aus
dem grund zu beantworten/ mit Unter-
schied davon zu reden wäre.

Endlich wurde der Dorilis/ sie üm
ihre aus Neid erwehlte Einsamkeit zu-
straffen/ von Floridan die Frage zuer-
klären vorgeleget/ welche die ältste und
beständigste Liebhabere gewesen oder noch
wären? Diese sind es/ (antwortete sie/)
welche die innerliche Schönheit lieben:
dann/ weil solche Schönheit mit den
Jahren zu wachsen pfleget/ als kan es nit
fehlen/ es muß auch die Liebe mit dem Al-
ter zunehmen.

Wie
E
Die erwaͤhlte Einſamkeit.

Nachdem die ganze Geſellſchaft die-
ſen Geſang belaͤchelt/ ſagte Sylvia zum
Ferrando: die Straffe deiner Ungedult
und Zornſucht/ welche dich aus der Welt-
Unruh in das Einſidel-Leben fliehen
macht/ ſoll dieſe ſeyn/ daß du uns ſageſt/
welcher Leute Anzahl in der Welt groͤſſer
ſey/ der Todten oder der Lebendigen? Ei-
ner von den Alten hat auf dieſe Frage ge-
antwortet/ (antwortete Ferrando/) es
ſeyen mehr der Lebendigen/ weil die Tod-
ten nicht mehr ſind. Worbey ichs be-
wenden laſſe: wiewohl/ die Frage aus
dem grund zu beantworten/ mit Unter-
ſchied davon zu reden waͤre.

Endlich wurde der Dorilis/ ſie uͤm
ihre aus Neid erwehlte Einſamkeit zu-
ſtraffen/ von Floridan die Frage zuer-
klaͤren vorgeleget/ welche die aͤltſte und
beſtaͤndigſte Liebhabere geweſen oder noch
waͤren? Dieſe ſind es/ (antwortete ſie/)
welche die innerliche Schoͤnheit lieben:
dann/ weil ſolche Schoͤnheit mit den
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fehlen/ es muß auch die Liebe mit dem Al-
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[89/0101] Die erwaͤhlte Einſamkeit. Nachdem die ganze Geſellſchaft die- ſen Geſang belaͤchelt/ ſagte Sylvia zum Ferrando: die Straffe deiner Ungedult und Zornſucht/ welche dich aus der Welt- Unruh in das Einſidel-Leben fliehen macht/ ſoll dieſe ſeyn/ daß du uns ſageſt/ welcher Leute Anzahl in der Welt groͤſſer ſey/ der Todten oder der Lebendigen? Ei- ner von den Alten hat auf dieſe Frage ge- antwortet/ (antwortete Ferrando/) es ſeyen mehr der Lebendigen/ weil die Tod- ten nicht mehr ſind. Worbey ichs be- wenden laſſe: wiewohl/ die Frage aus dem grund zu beantworten/ mit Unter- ſchied davon zu reden waͤre. Endlich wurde der Dorilis/ ſie uͤm ihre aus Neid erwehlte Einſamkeit zu- ſtraffen/ von Floridan die Frage zuer- klaͤren vorgeleget/ welche die aͤltſte und beſtaͤndigſte Liebhabere geweſen oder noch waͤren? Dieſe ſind es/ (antwortete ſie/) welche die innerliche Schoͤnheit lieben: dann/ weil ſolche Schoͤnheit mit den Jahren zu wachſen pfleget/ als kan es nit fehlen/ es muß auch die Liebe mit dem Al- ter zunehmen. Wie E

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Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Pegnesische Gesprächspiel-Gesellschaft von Nymfen und Hirten. Nürnberg, 1665, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_gespraechspiel_1665/101>, abgerufen am 24.11.2024.