Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.und nur an seinem Lob/ der wehrten Gotteslieb/ worinn jhm gleicht kein Fürst/ aus angebornem Trieb/ ein Theil zu haben wünscht. In solchen Unschuldsinnen/ bey Gottverliebter Lieb/ hat sie auch anderst können " als Löwenmütig seyn. Wer reines Hertzens traut/ " derselb auf Gottes Hülf auf Felsen Felsen baut. " Gewissen/ die gewiß/ belachen läge Sachen/ (chen/ " sind sicher in Gefahr. Forcht kan nur forchtsam ma- " der vor jhm selbst sich förcht. Ein wolbewuster Mut " sinkt nicht/ wann alles sinkt/ steht mitten in der Flut " wie ein befäster Felß/ siht stehend andre wanken/ " trotzt wann das Glück jhn trotzt. er härtet die Ge- danken/ " stählt seinen Eisensinn/ ummauret mauerfäst " das Hertzens volle Hertz/ lässt/ die jhn niemals lässt/ " von seiner Grösse nicht. Ein solche Löwin ware Leopoldina schon im Früling jhrer Jahre/ im Lentzen jhrer Zeit/ noch vor der Zeit besteift. Bestand hat und Verstand bald in der Blüt gereift. Die widerlichen Fäll hat sie zwar wol gefühlet/ doch mit Vertrauen stäts auf Gottes Treu gezielet/ die alles Trauren wendt. Weil jhre Seelerein/ kon[d] sie in Trübniß froh/ in Unmut mutig seyn Hier wohnten Löw und Lamm warhaftiglich beysammen. Der Löw war in dem Mut/ gestamt aus jhrem Stammen; das Lamm war in der Seel/ die schwerer Schulden frey. So war der Löw ein Lamm/ so war das Lamm ein Löw. " Wer reines Hertzens ist/ der hat behertzte Sinnen. " der Unschuld kan kein Leid ein Leiden abgewinnen. " Ohn Unschuld aber ist kein Mut ein rechter Mut. " Wol dem der Schafeswoll zur Löwemähne thut. Soviel Lobs lebt von jhr; das ander ist gestorben. Ob zwar jhr bestes Theil bleibt ewig unverdorben. Die Hoffnung starb mit jhr/ die wir von jhr gehabt. wornach uns lang verlangt/ das hat uns kurtz gelabt. die Frucht starb in der Blüt Ich muß mit Leid erzehlen/ was viel in Leid vergräbt/ ich muß nicht sonder Quälen das
und nur an ſeinem Lob/ der wehrten Gotteslieb/ worinn jhm gleicht kein Fuͤrſt/ aus angebornem Trieb/ ein Theil zu haben wuͤnſcht. In ſolchen Unſchuldſinnen/ bey Gottverliebter Lieb/ hat ſie auch anderſt koͤnnen „ als Loͤwenmuͤtig ſeyn. Wer reines Hertzens traut/ „ derſelb auf Gottes Huͤlf auf Felſen Felſen baut. „ Gewiſſen/ die gewiß/ belachen laͤge Sachen/ (chen/ „ ſind ſicher in Gefahr. Foꝛcht kan nur forchtſam ma- „ der vor jhm ſelbſt ſich foͤrcht. Ein wolbewuſter Mut „ ſinkt nicht/ wann alles ſinkt/ ſteht mitten in der Flut „ wie ein befaͤſter Felß/ ſiht ſtehend andre wanken/ „ trotzt wann das Gluͤck jhn trotzt. er haͤrtet die Ge- danken/ „ ſtaͤhlt ſeinen Eiſenſinn/ ůmmauret mauerfaͤſt „ das Hertzens volle Hertz/ laͤſſt/ die jhn niemals laͤſſt/ „ von ſeiner Groͤſſe nicht. Ein ſolche Loͤwin ware Leopoldina ſchon im Fruͤling jhrer Jahre/ im Lentzen jhrer Zeit/ noch vor der Zeit beſteift. Beſtand hat und Verſtand bald in der Bluͤt gereift. Die widerlichen Faͤll hat ſie zwar wol gefuͤhlet/ doch mit Vertrauen ſtaͤts auf Gottes Treu gezielet/ die alles Trauren wendt. Weil jhre Seelerein/ kon[d] ſie in Truͤbniß froh/ in Unmut mutig ſeyn Hier wohnten Loͤw und Lamm warhaftiglich beyſammen. Der Loͤw war in dem Mut/ geſtamt aus jhrem Stammen; das Lamm war in der Seel/ die ſchwerer Schulden frey. So war der Loͤw ein Lamm/ ſo war das Lamm ein Loͤw. „ Wer reines Hertzens iſt/ der hat behertzte Sinnen. „ der Unſchuld kan kein Leid ein Leiden abgewinnen. „ Ohn Unſchuld aber iſt kein Mut ein rechter Mut. „ Wol dem der Schafeswoll zur Löwemähne thut. Soviel Lobs lebt von jhr; das ander iſt geſtorben. Ob zwar jhr beſtes Theil bleibt ewig unverdorben. Die Hoffnung ſtarb mit jhr/ die wir von jhr gehabt. wornach uns lang verlangt/ das hat uns kurtz gelabt. die Frucht ſtarb in der Bluͤt Ich muß mit Leid erzehlen/ was viel in Leid vergraͤbt/ ich muß nicht ſonder Quaͤlen das
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0096" n="46"/> <l>und nur an ſeinem Lob/ der wehrten Gotteslieb/</l><lb/> <l>worinn jhm gleicht kein Fuͤrſt/ aus angebornem Trieb/</l><lb/> <l>ein Theil zu haben wuͤnſcht. In ſolchen <hi rendition="#aq">U</hi>nſchuldſinnen/</l><lb/> <l>bey Gottverliebter Lieb/ hat ſie auch anderſt koͤnnen</l><lb/> <l>„ als Loͤwenmuͤtig ſeyn. <hi rendition="#fr">Wer reines Hertzens traut/</hi></l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">„ derſelb auf Gottes Huͤlf auf Felſen Felſen baut.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">„ Gewiſſen/ die gewiß/ belachen laͤge Sachen/ (chen/</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">„ ſind ſicher in Gefahr. Foꝛcht kan nur forchtſam ma-</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">„ der vor jhm ſelbſt ſich foͤrcht. Ein wolbewuſter Mut</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">„ ſinkt nicht/ wann alles ſinkt/ ſteht mitten in der Flut</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">„ wie ein befaͤſter Felß/ ſiht ſtehend andre wanken/</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">„ trotzt wann das Gluͤck jhn trotzt. er haͤrtet die Ge-</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#et">danken/</hi> </hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">„ ſtaͤhlt ſeinen Eiſenſinn/ ůmmauret mauerfaͤſt</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">„ das Hertzens volle Hertz/ laͤſſt/ die jhn niemals laͤſſt/</hi> </l><lb/> <l><hi rendition="#et">„ von ſeiner Groͤſſe nicht.</hi> Ein ſolche Loͤwin ware</l><lb/> <l><hi rendition="#fr">Leopoldina</hi> ſchon im Fruͤling jhrer Jahre/</l><lb/> <l>im Lentzen jhrer Zeit/ noch vor der Zeit beſteift.</l><lb/> <l>Beſtand hat und Verſtand bald in der Bluͤt gereift.</l><lb/> <l>Die widerlichen Faͤll hat ſie zwar wol gefuͤhlet/</l><lb/> <l>doch mit Vertrauen ſtaͤts auf Gottes Treu gezielet/</l><lb/> <l>die alles Trauren wendt. Weil jhre Seelerein/</l><lb/> <l>kon<supplied>d</supplied> ſie in Truͤbniß froh/ in <hi rendition="#aq">U</hi>nmut mutig ſeyn</l><lb/> <l>Hier wohnten Loͤw und Lamm warhaftiglich beyſammen.</l><lb/> <l>Der Loͤw war in dem Mut/ geſtamt aus jhrem Stammen;</l><lb/> <l>das Lamm war in der Seel/ die ſchwerer Schulden frey.</l><lb/> <l>So war der Loͤw ein Lamm/ ſo war das Lamm ein Loͤw.</l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">„ Wer reines Hertzens iſt/ der hat behertzte Sinnen.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#fr">„ der <hi rendition="#aq">U</hi>nſchuld kan kein Leid ein Leiden abgewinnen.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">„ Ohn <hi rendition="#aq">U</hi>nſchuld aber iſt kein Mut ein rechter Mut.</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#aq">„ Wol dem der Schafeswoll zur Löwemähne thut.</hi> </l><lb/> <l>Soviel Lobs lebt von jhr; das ander iſt geſtorben.</l><lb/> <l>Ob zwar jhr beſtes Theil bleibt ewig unverdorben.</l><lb/> <l>Die Hoffnung ſtarb mit jhr/ die wir von jhr gehabt.</l><lb/> <l>wornach uns lang verlangt/ das hat uns kurtz gelabt.</l><lb/> <l>die Frucht ſtarb in der Bluͤt Ich muß mit Leid erzehlen/</l><lb/> <l>was viel in Leid vergraͤbt/ ich muß nicht ſonder Quaͤlen</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">das</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [46/0096]
und nur an ſeinem Lob/ der wehrten Gotteslieb/
worinn jhm gleicht kein Fuͤrſt/ aus angebornem Trieb/
ein Theil zu haben wuͤnſcht. In ſolchen Unſchuldſinnen/
bey Gottverliebter Lieb/ hat ſie auch anderſt koͤnnen
„ als Loͤwenmuͤtig ſeyn. Wer reines Hertzens traut/
„ derſelb auf Gottes Huͤlf auf Felſen Felſen baut.
„ Gewiſſen/ die gewiß/ belachen laͤge Sachen/ (chen/
„ ſind ſicher in Gefahr. Foꝛcht kan nur forchtſam ma-
„ der vor jhm ſelbſt ſich foͤrcht. Ein wolbewuſter Mut
„ ſinkt nicht/ wann alles ſinkt/ ſteht mitten in der Flut
„ wie ein befaͤſter Felß/ ſiht ſtehend andre wanken/
„ trotzt wann das Gluͤck jhn trotzt. er haͤrtet die Ge-
danken/
„ ſtaͤhlt ſeinen Eiſenſinn/ ůmmauret mauerfaͤſt
„ das Hertzens volle Hertz/ laͤſſt/ die jhn niemals laͤſſt/
„ von ſeiner Groͤſſe nicht. Ein ſolche Loͤwin ware
Leopoldina ſchon im Fruͤling jhrer Jahre/
im Lentzen jhrer Zeit/ noch vor der Zeit beſteift.
Beſtand hat und Verſtand bald in der Bluͤt gereift.
Die widerlichen Faͤll hat ſie zwar wol gefuͤhlet/
doch mit Vertrauen ſtaͤts auf Gottes Treu gezielet/
die alles Trauren wendt. Weil jhre Seelerein/
kond ſie in Truͤbniß froh/ in Unmut mutig ſeyn
Hier wohnten Loͤw und Lamm warhaftiglich beyſammen.
Der Loͤw war in dem Mut/ geſtamt aus jhrem Stammen;
das Lamm war in der Seel/ die ſchwerer Schulden frey.
So war der Loͤw ein Lamm/ ſo war das Lamm ein Loͤw.
„ Wer reines Hertzens iſt/ der hat behertzte Sinnen.
„ der Unſchuld kan kein Leid ein Leiden abgewinnen.
„ Ohn Unſchuld aber iſt kein Mut ein rechter Mut.
„ Wol dem der Schafeswoll zur Löwemähne thut.
Soviel Lobs lebt von jhr; das ander iſt geſtorben.
Ob zwar jhr beſtes Theil bleibt ewig unverdorben.
Die Hoffnung ſtarb mit jhr/ die wir von jhr gehabt.
wornach uns lang verlangt/ das hat uns kurtz gelabt.
die Frucht ſtarb in der Bluͤt Ich muß mit Leid erzehlen/
was viel in Leid vergraͤbt/ ich muß nicht ſonder Quaͤlen
das
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |