Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.

Bild:
<< vorherige Seite

"so thöricht/ daß er einen Krieg anfahe/ wann er Frieden ha-
"ben kan. Ausgeforderte Waffen sind die gerechtesten:
"ausser diesen ist ein gewisser Friede besser/ als der ungewisse
"Sieg: der unbillichste Fried ist auch einem billichen Krieg
"vorzuziehen. Man soll ehe von seinem Recht etwas
"schwinden/ als die Waffen darumb rechten lassen.
Der
"Fried ist gleichsam die Gesundheit eines Staats/ der als-
"dann krank und schwach darnider ligt/ wann er die Artzney
"der Waffen/ zu hinderkommung seines Verderbens/ gebrau-
chen muß.

27.

Jedoch aber/ weil niemand länger Frieden haben
kan/ als sein Nachbar wil
/ ist in allen so Gött- als Weltlichen
"Rechten zugelassen/ das Unrecht/ das entweder schon gefüh-
"let oder noch gefürchtet wird/ mit gerechten Waffen/ und also
"Gewalt mit Gewalt abzuleinen. Die Thiere hat die Natur/
"den Menschen seine Vernunfft/ wider den Gewalt gewaff-
"net. Wehrlose Blösse waffnet das Unrecht und den Frefel
"wider sich: Kriegsbereitschafft aber zwinget den Feind/
"Fried zu halten. Er fähet an sich zu furchten/ wann er
"sihet/ daß man jhn nicht fürchtet. Lorbeerlaub machet
"den Oelzweig grünen. Eisen schützet das Gold deß Frie-
"dens. Soll der Zepter fäst stehen/ so muß das Schwerd
"bey jhm liegen. Kronen werden mit Lorbeerzweigen an
"das Haubt befästiget. Wann der Krieg die Waffen ab-
"leget/ so kreucht der Friede darein. Er stehet in den Waf-
"fen/ daß er den Waffen wiederstehe; und zeiget/ daß er
"kriegen könne/ damit er nicht kriegen müsse.

28.

Der Friede muß auf den Krieg/ und der Krieg
"auf den Frieden bedacht seyn/ wann dieser sich gerecht/ und
"jener sicher wissen will.
Ich will sagen: Der Krieg sey deß
"Friedens/ und der Friede deß Kriegs Bereitschafft.
Ja
"der Krieg selber ist allezeit ein Friede/ wann du seine gerechte

Endur-

„ſo thoͤricht/ daß er einen Krieg anfahe/ wann er Frieden ha-
„ben kan. Ausgeforderte Waffen ſind die gerechteſten:
„auſſer dieſen iſt ein gewiſſer Friede beſſer/ als der ungewiſſe
„Sieg: der unbillichſte Fried iſt auch einem billichen Krieg
„vorzuziehen. Man ſoll ehe von ſeinem Recht etwas
„ſchwinden/ als die Waffen darumb rechten laſſen.
Der
„Fried iſt gleichſam die Geſundheit eines Staats/ der als-
„dann krank und ſchwach darnider ligt/ wann er die Artzney
„der Waffen/ zu hinderkommung ſeines Verderbens/ gebrau-
chen muß.

27.

Jedoch aber/ weil niemand laͤnger Frieden haben
kan/ als ſein Nachbar wil
/ iſt in allen ſo Goͤtt- als Weltlichẽ
„Rechten zugelaſſen/ das Unrecht/ das entweder ſchon gefuͤh-
„let oder noch gefuͤrchtet wird/ mit gerechtẽ Waffen/ und alſo
„Gewalt mit Gewalt abzuleinen. Die Thiere hat die Natur/
„den Menſchen ſeine Vernunfft/ wider den Gewalt gewaff-
„net. Wehꝛloſe Bloͤſſe waffnet das Unrecht und den Frefel
„wider ſich: Kriegsbereitſchafft aber zwinget den Feind/
„Fried zu halten. Er faͤhet an ſich zu fůrchten/ wann er
„ſihet/ daß man jhn nicht fuͤrchtet. Lorbeerlaub machet
„den Oelzweig gruͤnen. Eiſen ſchuͤtzet das Gold deß Frie-
„dens. Soll der Zepter faͤſt ſtehen/ ſo muß das Schwerd
„bey jhm liegen. Kronen werden mit Lorbeerzweigen an
„das Haubt befaͤſtiget. Wann der Krieg die Waffen ab-
„leget/ ſo kreucht der Friede darein. Er ſtehet in den Waf-
„fen/ daß er den Waffen wiederſtehe; und zeiget/ daß er
„kriegen koͤnne/ damit er nicht kriegen muͤſſe.

28.

Der Friede muß auf den Krieg/ und der Krieg
„auf den Frieden bedacht ſeyn/ wann dieſer ſich gerecht/ und
„jener ſicher wiſſen will.
Ich will ſagen: Der Krieg ſey deß
„Friedens/ und der Friede deß Kriegs Bereitſchafft.
Ja
„der Krieg ſelber iſt allezeit ein Friede/ wann du ſeine gerechte

Endur-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0068" n="18"/>
&#x201E;&#x017F;o tho&#x0364;richt/ daß er einen Krieg anfahe/ wann er Frieden ha-<lb/>
&#x201E;ben kan. <hi rendition="#fr">Ausgeforderte Waffen &#x017F;ind die gerechte&#x017F;ten:<lb/>
&#x201E;au&#x017F;&#x017F;er die&#x017F;en i&#x017F;t ein gewi&#x017F;&#x017F;er Friede be&#x017F;&#x017F;er/ als der ungewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
&#x201E;Sieg: der unbillich&#x017F;te Fried i&#x017F;t auch einem billichen Krieg<lb/>
&#x201E;vorzuziehen. Man &#x017F;oll ehe von &#x017F;einem Recht etwas<lb/>
&#x201E;&#x017F;chwinden/ als die Waffen darumb rechten la&#x017F;&#x017F;en.</hi> Der<lb/>
&#x201E;Fried i&#x017F;t gleich&#x017F;am die Ge&#x017F;undheit eines Staats/ der als-<lb/>
&#x201E;dann krank und &#x017F;chwach darnider ligt/ wann er die Artzney<lb/>
&#x201E;der Waffen/ zu hinderkommung &#x017F;eines Verderbens/ gebrau-<lb/>
chen muß.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>27.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Jedoch aber/ weil niemand la&#x0364;nger Frieden haben<lb/>
kan/ als &#x017F;ein Nachbar wil</hi>/ i&#x017F;t in allen &#x017F;o Go&#x0364;tt- als Weltliche&#x0303;<lb/>
&#x201E;Rechten zugela&#x017F;&#x017F;en/ das Unrecht/ das entweder &#x017F;chon gefu&#x0364;h-<lb/>
&#x201E;let oder noch gefu&#x0364;rchtet wird/ mit gerechte&#x0303; Waffen/ und al&#x017F;o<lb/>
&#x201E;Gewalt mit Gewalt abzuleinen. Die Thiere hat die Natur/<lb/>
&#x201E;den Men&#x017F;chen &#x017F;eine Vernunfft/ wider den Gewalt gewaff-<lb/>
&#x201E;net. <hi rendition="#fr">Weh&#xA75B;lo&#x017F;e Blo&#x0364;&#x017F;&#x017F;e waffnet das Unrecht und den Frefel<lb/>
&#x201E;wider &#x017F;ich: Kriegsbereit&#x017F;chafft aber zwinget den Feind/<lb/>
&#x201E;Fried zu halten. Er fa&#x0364;het an &#x017F;ich zu f&#x016F;rchten/ wann er<lb/>
&#x201E;&#x017F;ihet/ daß man jhn nicht fu&#x0364;rchtet. Lorbeerlaub machet<lb/>
&#x201E;den Oelzweig gru&#x0364;nen. Ei&#x017F;en &#x017F;chu&#x0364;tzet das Gold deß Frie-<lb/>
&#x201E;dens. Soll der Zepter fa&#x0364;&#x017F;t &#x017F;tehen/ &#x017F;o muß das Schwerd<lb/>
&#x201E;bey jhm liegen. Kronen werden mit Lorbeerzweigen an<lb/>
&#x201E;das Haubt befa&#x0364;&#x017F;tiget. Wann der Krieg die Waffen ab-<lb/>
&#x201E;leget/ &#x017F;o kreucht der Friede darein. Er &#x017F;tehet in den Waf-<lb/>
&#x201E;fen/ daß er den Waffen wieder&#x017F;tehe; und zeiget/ daß er<lb/>
&#x201E;kriegen ko&#x0364;nne/ damit er nicht kriegen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.</hi></p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>28.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Der Friede muß auf den Krieg/ und der Krieg<lb/>
&#x201E;auf den Frieden bedacht &#x017F;eyn/ wann die&#x017F;er &#x017F;ich gerecht/ und<lb/>
&#x201E;jener &#x017F;icher wi&#x017F;&#x017F;en will.</hi> Ich will &#x017F;agen: <hi rendition="#fr">Der Krieg &#x017F;ey deß<lb/>
&#x201E;Friedens/ und der Friede deß Kriegs Bereit&#x017F;chafft.</hi> Ja<lb/>
&#x201E;der Krieg &#x017F;elber i&#x017F;t allezeit ein Friede/ wann du &#x017F;eine gerechte<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Endur-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0068] „ſo thoͤricht/ daß er einen Krieg anfahe/ wann er Frieden ha- „ben kan. Ausgeforderte Waffen ſind die gerechteſten: „auſſer dieſen iſt ein gewiſſer Friede beſſer/ als der ungewiſſe „Sieg: der unbillichſte Fried iſt auch einem billichen Krieg „vorzuziehen. Man ſoll ehe von ſeinem Recht etwas „ſchwinden/ als die Waffen darumb rechten laſſen. Der „Fried iſt gleichſam die Geſundheit eines Staats/ der als- „dann krank und ſchwach darnider ligt/ wann er die Artzney „der Waffen/ zu hinderkommung ſeines Verderbens/ gebrau- chen muß. 27. Jedoch aber/ weil niemand laͤnger Frieden haben kan/ als ſein Nachbar wil/ iſt in allen ſo Goͤtt- als Weltlichẽ „Rechten zugelaſſen/ das Unrecht/ das entweder ſchon gefuͤh- „let oder noch gefuͤrchtet wird/ mit gerechtẽ Waffen/ und alſo „Gewalt mit Gewalt abzuleinen. Die Thiere hat die Natur/ „den Menſchen ſeine Vernunfft/ wider den Gewalt gewaff- „net. Wehꝛloſe Bloͤſſe waffnet das Unrecht und den Frefel „wider ſich: Kriegsbereitſchafft aber zwinget den Feind/ „Fried zu halten. Er faͤhet an ſich zu fůrchten/ wann er „ſihet/ daß man jhn nicht fuͤrchtet. Lorbeerlaub machet „den Oelzweig gruͤnen. Eiſen ſchuͤtzet das Gold deß Frie- „dens. Soll der Zepter faͤſt ſtehen/ ſo muß das Schwerd „bey jhm liegen. Kronen werden mit Lorbeerzweigen an „das Haubt befaͤſtiget. Wann der Krieg die Waffen ab- „leget/ ſo kreucht der Friede darein. Er ſtehet in den Waf- „fen/ daß er den Waffen wiederſtehe; und zeiget/ daß er „kriegen koͤnne/ damit er nicht kriegen muͤſſe. 28. Der Friede muß auf den Krieg/ und der Krieg „auf den Frieden bedacht ſeyn/ wann dieſer ſich gerecht/ und „jener ſicher wiſſen will. Ich will ſagen: Der Krieg ſey deß „Friedens/ und der Friede deß Kriegs Bereitſchafft. Ja „der Krieg ſelber iſt allezeit ein Friede/ wann du ſeine gerechte Endur-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/68
Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/68>, abgerufen am 24.11.2024.