Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.Auf/ du mein Ich/ bereite dich zur Reise Du Hütte du/ du Herberg meiner Geister/ du Wanderzelt von Erd/ das ich gepreister durch Tugend hab gemacht/ du Lebenswirt: dein Gast/ die wehrte Seele/ dein liebster Freund/ gibt dir jetzt gute Nacht/ räumt seine Seelenhöle. Du kleine Welt/ noch schöner als die grosse an Zier und Bau/ den auch die Sonnenrosse der Reinlichkeit erleucht/ mein lieber Leib/ Palast des kurtzen Lebens. dein Leben jetzt aus seiner Wohnung zeucht/ ist müd des länger-Webens. Durch die/ die mich aus deinen Zimmern rücket/ durch Todeshand wirst du zwar bald zerstücket und dein Seyn nicht mehr seyn: Doch soll dich der nach diesem samlen wieder/ der dich gebaut/ und dir dein Seelelein/ dich jhme/ geben wieder. Ihr Aeuglein brecht/ die jhr so liebreich waret und keinen Blick zu schicken je gesparet zu Lieb dem/ der euch liebt/ jhr Sonnen bleicht/ jhr flammendes Geflinker/ jhr Stirngestirn voll Stralen/ wie sie gibt der nimmer-Wassertrinker. Du zarter Mund/ jhr blassenden Corallen/ jhr Lippen jhr/ die jhr oft liesset schallen ein liebes Liebeswort/ auf die oft ward ein keuscher Kuß gepräget: nun falle zu/ du schöne Redepfort/ der Tod ein Schloß fürschläget. Du Purpurfeld ümzäunt mit güldnen Spangen/ jhr/ die jhr auch/ jhr Rosenschwangre Wangen/ die
Auf/ du mein Ich/ bereite dich zur Reiſe Du Huͤtte du/ du Herberg meiner Geiſter/ du Wanderzelt von Erd/ das ich gepreiſter durch Tugend hab gemacht/ du Lebenswirt: dein Gaſt/ die wehrte Seele/ dein liebſter Freund/ gibt dir jetzt gute Nacht/ raͤumt ſeine Seelenhoͤle. Du kleine Welt/ noch ſchoͤner als die groſſe an Zier und Bau/ den auch die Sonnenroſſe der Reinlichkeit erleucht/ mein lieber Leib/ Palaſt des kurtzen Lebens. dein Leben jetzt aus ſeiner Wohnung zeucht/ iſt muͤd des laͤnger-Webens. Durch die/ die mich aus deinen Zimmern ruͤcket/ durch Todeshand wirſt du zwar bald zerſtuͤcket und dein Seyn nicht mehr ſeyn: Doch ſoll dich der nach dieſem ſamlen wieder/ der dich gebaut/ und dir dein Seelelein/ dich jhme/ geben wieder. Ihr Aeuglein brecht/ die jhr ſo liebreich waret und keinen Blick zu ſchicken je geſparet zu Lieb dem/ der euch liebt/ jhr Sonnen bleicht/ jhr flammendes Geflinker/ jhr Stirngeſtirn voll Stralen/ wie ſie gibt der nimmer-Waſſertrinker. Du zarter Mund/ jhr blaſſenden Corallen/ jhr Lippen jhr/ die jhr oft lieſſet ſchallen ein liebes Liebeswort/ auf die oft ward ein keuſcher Kuß gepraͤget: nun falle zu/ du ſchoͤne Redepfort/ der Tod ein Schloß fuͤrſchlaͤget. Du Purpurfeld uͤmzaͤunt mit guͤldnen Spangen/ jhr/ die jhr auch/ jhr Roſenſchwangre Wangen/ die
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Auf/ du mein Ich/ bereite dich zur Reiſe
ins Vaterland aus dieſer Fremde hier/
zum neuen Paradeiſe.
Du Huͤtte du/ du Herberg meiner Geiſter/
du Wanderzelt von Erd/ das ich gepreiſter
durch Tugend hab gemacht/
du Lebenswirt: dein Gaſt/ die wehrte Seele/
dein liebſter Freund/ gibt dir jetzt gute Nacht/
raͤumt ſeine Seelenhoͤle.
Du kleine Welt/ noch ſchoͤner als die groſſe
an Zier und Bau/ den auch die Sonnenroſſe
der Reinlichkeit erleucht/
mein lieber Leib/ Palaſt des kurtzen Lebens.
dein Leben jetzt aus ſeiner Wohnung zeucht/
iſt muͤd des laͤnger-Webens.
Durch die/ die mich aus deinen Zimmern ruͤcket/
durch Todeshand wirſt du zwar bald zerſtuͤcket
und dein Seyn nicht mehr ſeyn:
Doch ſoll dich der nach dieſem ſamlen wieder/
der dich gebaut/ und dir dein Seelelein/
dich jhme/ geben wieder.
Ihr Aeuglein brecht/ die jhr ſo liebreich waret
und keinen Blick zu ſchicken je geſparet
zu Lieb dem/ der euch liebt/
jhr Sonnen bleicht/ jhr flammendes Geflinker/
jhr Stirngeſtirn voll Stralen/ wie ſie gibt
der nimmer-Waſſertrinker.
Du zarter Mund/ jhr blaſſenden Corallen/
jhr Lippen jhr/ die jhr oft lieſſet ſchallen
ein liebes Liebeswort/
auf die oft ward ein keuſcher Kuß gepraͤget:
nun falle zu/ du ſchoͤne Redepfort/
der Tod ein Schloß fuͤrſchlaͤget.
Du Purpurfeld uͤmzaͤunt mit guͤldnen Spangen/
jhr/ die jhr auch/ jhr Roſenſchwangre Wangen/
die
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