Man kann sich auch eines Glases bedienen, auf welchem man Linien mit einer gar subtilen Diamantspitzen in eben der Orönung gezogen, als die Seidenfäden waren, es seye gleich vor das Mikrometer oder vor das Seh- rohr des astronomischen Quadrantens oder der Wasserwag, dann diese kleine Glasscheibe, wann sie in ihre eigene Einfassung gerichtet worden, und zwar also, wie wir oben gesagt, da von der Construction des Mikrometers gehan- delt worden, wird zu eben dem Gebrauche als die Seidensäden dienlich seyn. Ich glaube nicht, daß bißhero noch etwas nutzlichers als dieses in der ganzen ausübenden Astronomie ist erfunden worden, weilen dergleichen Netze keinen Unbeständigkeiten der Lust unterworfen sind, noch von dem Ungeziefer ver- derbet werden, auch überdas in den Bewegungen des Instruments kei- nen Schaden leiden, als welche gar oft verursachen, daß die Fäden reis- sen, oder sich aus ihrem rechten Stand begeben; so daß diese Erfindung gar bequem vor alle Beobachtere seyn wird, absonderlich auf offenen Plä- tzen und langen Reisen.
Man kann auch bey der Beobachtung der Winkel sich eines Glases mit einer auf der Mitte gezogenen Linie bedienen, welche ein wenig länger seyn muß, als diejenige, die man, um solche an statt der Seidenfäden zu gebrau- chen, ziehet. Man richtet dieses also zubereitete Glas in das kleine Fenster, welches zu Ende der beweglichen Regel im Quadranten stehet, also daß die auf der Fläche des Glases gezogene Linie den Rand des Instruments berühre, und daß solche gegen seinen Mittelpunct zugehe, so wird man sich dessen an statt des Hars, das man ins gemein in diese Gegend stellet, welches vielen Beschwer- lichkeiten unterworfen ist, bedienen köimen.
Tabula XVII. Fig. 3.
Es giebt Leute, welche die Seidenfäden denen auf dem Glas gezogenen Linien vorziehen, als dessen Fläche einige Obscurität bey denen Objecten ver- ursachen, oder einigen Fehler, wann es nicht recht gleich ist, geben mögte; sollten aber gleichwol diese Schwierigkeiten, die doch in der That vor nichts zu achten sind, wie man aus der Erfahrung erlernen wird, ihnen hinderlich fallen, so mögen sie sich fein gleicher und wol angezogener Fäden aus Glas an statt der Seidenfäden bedienen, dann man findet von dergleichen eben so subtile als die Seidenfäden, und die gleichfalls hübsch stark sind, um denen Veränderungen der Luft zu widerstehen.
Diese Glasfäden werden gemacht, indeme solche aus dem Schmelz- tiegel, welcher in dem Ofen auf denen Glashütten stehet, gezogen wer- den; Man nimmt nemlich mit dem Ende einer eisern Stange, deren man sich bedienet, ein wenig von geschmolzenen Glas, das man geschwinde an ei- nem Ende am Haspel, im andern am geschmolzenen Glas, das in dem Tie- gel ist, vest hält. Man drehet alsobalden mit einer grossen Geschwindigkeit den Haspel herum, so wird sich ein Faden vom Glas formiren, der subtiler ist, dann die Har sind, welcher sich bieget, und wiederum gerad richtet, oh-
Man kann ſich auch eines Glaſes bedienen, auf welchem man Linien mit einer gar ſubtilen Diamantſpitzen in eben der Orönung gezogen, als die Seidenfäden waren, es ſeye gleich vor das Mikrometer oder vor das Seh- rohr des aſtronomiſchen Quadrantens oder der Waſſerwag, dann dieſe kleine Glasſcheibe, wann ſie in ihre eigene Einfaſſung gerichtet worden, und zwar alſo, wie wir oben geſagt, da von der Conſtruction des Mikrometers gehan- delt worden, wird zu eben dem Gebrauche als die Seidenſäden dienlich ſeyn. Ich glaube nicht, daß bißhero noch etwas nutzlichers als dieſes in der ganzen ausübenden Aſtronomie iſt erfunden worden, weilen dergleichen Netze keinen Unbeſtändigkeiten der Luſt unterworfen ſind, noch von dem Ungeziefer ver- derbet werden, auch überdas in den Bewegungen des Inſtruments kei- nen Schaden leiden, als welche gar oft verurſachen, daß die Fäden reiſ- ſen, oder ſich aus ihrem rechten Stand begeben; ſo daß dieſe Erfindung gar bequem vor alle Beobachtere ſeyn wird, abſonderlich auf offenen Plä- tzen und langen Reiſen.
Man kann auch bey der Beobachtung der Winkel ſich eines Glaſes mit einer auf der Mitte gezogenen Linie bedienen, welche ein wenig länger ſeyn muß, als diejenige, die man, um ſolche an ſtatt der Seidenfäden zu gebrau- chen, ziehet. Man richtet dieſes alſo zubereitete Glas in das kleine Fenſter, welches zu Ende der beweglichen Regel im Quadranten ſtehet, alſo daß die auf der Fläche des Glaſes gezogene Linie den Rand des Inſtruments berühre, und daß ſolche gegen ſeinen Mittelpunct zugehe, ſo wird man ſich deſſen an ſtatt des Hars, das man ins gemein in dieſe Gegend ſtellet, welches vielen Beſchwer- lichkeiten unterworfen iſt, bedienen köimen.
Tabula XVII. Fig. 3.
Es giebt Leute, welche die Seidenfäden denen auf dem Glas gezogenen Linien vorziehen, als deſſen Fläche einige Obſcurität bey denen Objecten ver- urſachen, oder einigen Fehler, wann es nicht recht gleich iſt, geben mögte; ſollten aber gleichwol dieſe Schwierigkeiten, die doch in der That vor nichts zu achten ſind, wie man aus der Erfahrung erlernen wird, ihnen hinderlich fallen, ſo mögen ſie ſich fein gleicher und wol angezogener Fäden aus Glas an ſtatt der Seidenfäden bedienen, dann man findet von dergleichen eben ſo ſubtile als die Seidenfäden, und die gleichfalls hübſch ſtark ſind, um denen Veränderungen der Luft zu widerſtehen.
Dieſe Glasfäden werden gemacht, indeme ſolche aus dem Schmelz- tiegel, welcher in dem Ofen auf denen Glashütten ſtehet, gezogen wer- den; Man nimmt nemlich mit dem Ende einer eiſern Stange, deren man ſich bedienet, ein wenig von geſchmolzenen Glas, das man geſchwinde an ei- nem Ende am Haſpel, im andern am geſchmolzenen Glas, das in dem Tie- gel iſt, veſt hält. Man drehet alſobalden mit einer groſſen Geſchwindigkeit den Haſpel herum, ſo wird ſich ein Faden vom Glas formiren, der ſubtiler iſt, dann die Har ſind, welcher ſich bieget, und wiederum gerad richtet, oh-
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Man kann ſich auch eines Glaſes bedienen, auf welchem man Linien mit
einer gar ſubtilen Diamantſpitzen in eben der Orönung gezogen, als die
Seidenfäden waren, es ſeye gleich vor das Mikrometer oder vor das Seh-
rohr des aſtronomiſchen Quadrantens oder der Waſſerwag, dann dieſe kleine
Glasſcheibe, wann ſie in ihre eigene Einfaſſung gerichtet worden, und zwar
alſo, wie wir oben geſagt, da von der Conſtruction des Mikrometers gehan-
delt worden, wird zu eben dem Gebrauche als die Seidenſäden dienlich ſeyn.
Ich glaube nicht, daß bißhero noch etwas nutzlichers als dieſes in der ganzen
ausübenden Aſtronomie iſt erfunden worden, weilen dergleichen Netze keinen
Unbeſtändigkeiten der Luſt unterworfen ſind, noch von dem Ungeziefer ver-
derbet werden, auch überdas in den Bewegungen des Inſtruments kei-
nen Schaden leiden, als welche gar oft verurſachen, daß die Fäden reiſ-
ſen, oder ſich aus ihrem rechten Stand begeben; ſo daß dieſe Erfindung
gar bequem vor alle Beobachtere ſeyn wird, abſonderlich auf offenen Plä-
tzen und langen Reiſen.
Man kann auch bey der Beobachtung der Winkel ſich eines Glaſes mit
einer auf der Mitte gezogenen Linie bedienen, welche ein wenig länger ſeyn
muß, als diejenige, die man, um ſolche an ſtatt der Seidenfäden zu gebrau-
chen, ziehet. Man richtet dieſes alſo zubereitete Glas in das kleine Fenſter,
welches zu Ende der beweglichen Regel im Quadranten ſtehet, alſo daß die
auf der Fläche des Glaſes gezogene Linie den Rand des Inſtruments berühre,
und daß ſolche gegen ſeinen Mittelpunct zugehe, ſo wird man ſich deſſen an ſtatt
des Hars, das man ins gemein in dieſe Gegend ſtellet, welches vielen Beſchwer-
lichkeiten unterworfen iſt, bedienen köimen.
Es giebt Leute, welche die Seidenfäden denen auf dem Glas gezogenen
Linien vorziehen, als deſſen Fläche einige Obſcurität bey denen Objecten ver-
urſachen, oder einigen Fehler, wann es nicht recht gleich iſt, geben mögte;
ſollten aber gleichwol dieſe Schwierigkeiten, die doch in der That vor nichts
zu achten ſind, wie man aus der Erfahrung erlernen wird, ihnen hinderlich
fallen, ſo mögen ſie ſich fein gleicher und wol angezogener Fäden aus Glas
an ſtatt der Seidenfäden bedienen, dann man findet von dergleichen eben ſo
ſubtile als die Seidenfäden, und die gleichfalls hübſch ſtark ſind, um denen
Veränderungen der Luft zu widerſtehen.
Dieſe Glasfäden werden gemacht, indeme ſolche aus dem Schmelz-
tiegel, welcher in dem Ofen auf denen Glashütten ſtehet, gezogen wer-
den; Man nimmt nemlich mit dem Ende einer eiſern Stange, deren man ſich
bedienet, ein wenig von geſchmolzenen Glas, das man geſchwinde an ei-
nem Ende am Haſpel, im andern am geſchmolzenen Glas, das in dem Tie-
gel iſt, veſt hält. Man drehet alſobalden mit einer groſſen Geſchwindigkeit
den Haſpel herum, ſo wird ſich ein Faden vom Glas formiren, der ſubtiler
iſt, dann die Har ſind, welcher ſich bieget, und wiederum gerad richtet, oh-
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Bion, Nicolas: Neueröfnete mathematische Werkschule. (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 1, 5. Aufl. Nürnberg, 1765, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule01_1765/296>, abgerufen am 23.11.2024.
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