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Bion, Nicolas: Neueröfnete mathematische Werkschule. (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 1, 5. Aufl. Nürnberg, 1765.

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Auf der Fläche dieser in der Figur a vorgestellten Platte ziehet man auf
jeder Seiten die zween Durchmessere von der besagten Oeffnung, davon der ei-
ne mit dem Rande parallel, und der andere mit demselben perpendicular laufet,
damit man allda die Seidenfaden appliciren, und selbige allezeit wiederum in
ihren alten Platz, nachdeme selbige auf das neue angemacht worden, stellen kön-
ne. Diese Platte ist gar nützlich, daß man die Seidensäden so viel als es nö-
thig ist, vor- oder hinterwärts schieben könne, wann nun solche in ihrem rech-
ten Stande sind, machet man besagte Platte an der kleinen Büchse mit Wachs
vest, welche mit einem Schieberlein versehen seyn muß, daß die Seidenfäden
vor dem Wetter und andern Zufällen verwahret seyen.

Fig. 28

Das Inwendige des Rohrs muß mit Bechrauch angeschwärzet wer-
den, damit man das Aug vor denen allzu starken Strahlen, die von einem lich-
ten Object herkommen, befreyen möge, und hierdurch das Sehen viel vollkom-
mener werde. Die 7te Figur giebet zugleich die Construction der Büchse dar,
in die man an statt der Seidenfäden ein kleines Stuck Glaß, auf welchem zwo
subtile Linien winkelrecht gezogen worden, thun kann, und zwar also wie es
sich weisen wird, wann wir von dem Micrometer reden werden.

Wann nun das Perspectio also angeordnet, und in einem bequemen
Stande gerichtet worden, der gleichlaufend mit dem Radio des Quadrantens
seye, muß man nach folgender Methode das erste Eintheilungspunkt auf dem
Rande suchen, welches um 90. Grad von der Gesichtslinie in denen Perspe-
ctiven, oder von einer Linie, die mit jener gleich lauffe, indeme sie durch den
Mittelpunct des besagten Quadrantens gehet, entfernet seye. Wir müssen
aber annoch vorhero von der Gesichtslinie reden, bey welcher Gelegenheit
Herr de la Hire spricht, daß er ehedessen einen langen Streit mit berühm-
ten Leuten und grossen Astronomen gehabt, welche behaupteten, daß es un-
möglich wäre, eine rechte und beständige Gesichtslinie in dergleichen Arten
der Perspective zu finden, welche aber nicht genug auf die dioptrischen Re-
geln acht hatten.

Es ist aber aus der Dioptrick bekannt, daß alle Lichtstrahlen, welche
in der Reflexion aus einem Punct durch ein Linsenglaß gehen, nach ihren
Durchgang in einem Punct zusammen lauffen, das man den Focum nennet;
dafern nur die Weite des stralenden Puncts bis auf das Glaß hin allezeit grös-
ser, als der halbe Diameter einer jeden Convexität ist, welche Durchmessere
wir hier gleich groß setzen wollen; daß ferner unter den Strahlen, die aus dem
von sich strahlenden Punct auf die fordere Fläche des Glases fallen, derjenige
der mit der geraden Linie concurriret, und die Mittelpuncte der Convexitäten
zusammen füget, eine Refraction eben so wenig im Eingang, als im Ausgang
des Glases leide, so werden demnach die Puncte des Objects, die in dieser ge-
raden Linie sind, sich in eben der Linie vorstellig machen, die man die Axe des
optischen Fernglaßes und das Punct von dieser Axe, welches in der Mitte der
Dicke von dem Linsenglaß ist, den Mittelpunct des besagten Glases nennet.

Auf der Fläche dieſer in der Figur a vorgeſtellten Platte ziehet man auf
jeder Seiten die zween Durchmeſſere von der beſagten Oeffnung, davon der ei-
ne mit dem Rande parallel, und der andere mit demſelben perpendicular laufet,
damit man allda die Seidenfaden appliciren, und ſelbige allezeit wiederum in
ihren alten Platz, nachdeme ſelbige auf das neue angemacht worden, ſtellen kön-
ne. Dieſe Platte iſt gar nützlich, daß man die Seidenſäden ſo viel als es nö-
thig iſt, vor- oder hinterwärts ſchieben könne, wann nun ſolche in ihrem rech-
ten Stande ſind, machet man beſagte Platte an der kleinen Büchſe mit Wachs
veſt, welche mit einem Schieberlein verſehen ſeyn muß, daß die Seidenfäden
vor dem Wetter und andern Zufällen verwahret ſeyen.

Fig. 28

Das Inwendige des Rohrs muß mit Bechrauch angeſchwärzet wer-
den, damit man das Aug vor denen allzu ſtarken Strahlen, die von einem lich-
ten Object herkommen, befreyen möge, und hierdurch das Sehen viel vollkom-
mener werde. Die 7te Figur giebet zugleich die Conſtruction der Büchſe dar,
in die man an ſtatt der Seidenfäden ein kleines Stuck Glaß, auf welchem zwo
ſubtile Linien winkelrecht gezogen worden, thun kann, und zwar alſo wie es
ſich weiſen wird, wann wir von dem Micrometer reden werden.

Wann nun das Perſpectio alſo angeordnet, und in einem bequemen
Stande gerichtet worden, der gleichlaufend mit dem Radio des Quadrantens
ſeye, muß man nach folgender Methode das erſte Eintheilungspunkt auf dem
Rande ſuchen, welches um 90. Grad von der Geſichtslinie in denen Perſpe-
ctiven, oder von einer Linie, die mit jener gleich lauffe, indeme ſie durch den
Mittelpunct des beſagten Quadrantens gehet, entfernet ſeye. Wir müſſen
aber annoch vorhero von der Geſichtslinie reden, bey welcher Gelegenheit
Herr de la Hire ſpricht, daß er ehedeſſen einen langen Streit mit berühm-
ten Leuten und groſſen Aſtronomen gehabt, welche behaupteten, daß es un-
möglich wäre, eine rechte und beſtändige Geſichtslinie in dergleichen Arten
der Perſpective zu finden, welche aber nicht genug auf die dioptriſchen Re-
geln acht hatten.

Es iſt aber aus der Dioptrick bekannt, daß alle Lichtſtrahlen, welche
in der Reflexion aus einem Punct durch ein Linſenglaß gehen, nach ihren
Durchgang in einem Punct zuſammen lauffen, das man den Focum nennet;
dafern nur die Weite des ſtralenden Puncts bis auf das Glaß hin allezeit gröſ-
ſer, als der halbe Diameter einer jeden Convexität iſt, welche Durchmeſſere
wir hier gleich groß ſetzen wollen; daß ferner unter den Strahlen, die aus dem
von ſich ſtrahlenden Punct auf die fordere Fläche des Glaſes fallen, derjenige
der mit der geraden Linie concurriret, und die Mittelpuncte der Convexitäten
zuſammen füget, eine Refraction eben ſo wenig im Eingang, als im Ausgang
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[237/0259] Auf der Fläche dieſer in der Figur a vorgeſtellten Platte ziehet man auf jeder Seiten die zween Durchmeſſere von der beſagten Oeffnung, davon der ei- ne mit dem Rande parallel, und der andere mit demſelben perpendicular laufet, damit man allda die Seidenfaden appliciren, und ſelbige allezeit wiederum in ihren alten Platz, nachdeme ſelbige auf das neue angemacht worden, ſtellen kön- ne. Dieſe Platte iſt gar nützlich, daß man die Seidenſäden ſo viel als es nö- thig iſt, vor- oder hinterwärts ſchieben könne, wann nun ſolche in ihrem rech- ten Stande ſind, machet man beſagte Platte an der kleinen Büchſe mit Wachs veſt, welche mit einem Schieberlein verſehen ſeyn muß, daß die Seidenfäden vor dem Wetter und andern Zufällen verwahret ſeyen. Das Inwendige des Rohrs muß mit Bechrauch angeſchwärzet wer- den, damit man das Aug vor denen allzu ſtarken Strahlen, die von einem lich- ten Object herkommen, befreyen möge, und hierdurch das Sehen viel vollkom- mener werde. Die 7te Figur giebet zugleich die Conſtruction der Büchſe dar, in die man an ſtatt der Seidenfäden ein kleines Stuck Glaß, auf welchem zwo ſubtile Linien winkelrecht gezogen worden, thun kann, und zwar alſo wie es ſich weiſen wird, wann wir von dem Micrometer reden werden. Wann nun das Perſpectio alſo angeordnet, und in einem bequemen Stande gerichtet worden, der gleichlaufend mit dem Radio des Quadrantens ſeye, muß man nach folgender Methode das erſte Eintheilungspunkt auf dem Rande ſuchen, welches um 90. Grad von der Geſichtslinie in denen Perſpe- ctiven, oder von einer Linie, die mit jener gleich lauffe, indeme ſie durch den Mittelpunct des beſagten Quadrantens gehet, entfernet ſeye. Wir müſſen aber annoch vorhero von der Geſichtslinie reden, bey welcher Gelegenheit Herr de la Hire ſpricht, daß er ehedeſſen einen langen Streit mit berühm- ten Leuten und groſſen Aſtronomen gehabt, welche behaupteten, daß es un- möglich wäre, eine rechte und beſtändige Geſichtslinie in dergleichen Arten der Perſpective zu finden, welche aber nicht genug auf die dioptriſchen Re- geln acht hatten. Es iſt aber aus der Dioptrick bekannt, daß alle Lichtſtrahlen, welche in der Reflexion aus einem Punct durch ein Linſenglaß gehen, nach ihren Durchgang in einem Punct zuſammen lauffen, das man den Focum nennet; dafern nur die Weite des ſtralenden Puncts bis auf das Glaß hin allezeit gröſ- ſer, als der halbe Diameter einer jeden Convexität iſt, welche Durchmeſſere wir hier gleich groß ſetzen wollen; daß ferner unter den Strahlen, die aus dem von ſich ſtrahlenden Punct auf die fordere Fläche des Glaſes fallen, derjenige der mit der geraden Linie concurriret, und die Mittelpuncte der Convexitäten zuſammen füget, eine Refraction eben ſo wenig im Eingang, als im Ausgang des Glaſes leide, ſo werden demnach die Puncte des Objects, die in dieſer ge- raden Linie ſind, ſich in eben der Linie vorſtellig machen, die man die Axe des optiſchen Fernglaßes und das Punct von dieſer Axe, welches in der Mitte der Dicke von dem Linſenglaß iſt, den Mittelpunct des beſagten Glaſes nennet.

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Zitationshilfe: Bion, Nicolas: Neueröfnete mathematische Werkschule. (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 1, 5. Aufl. Nürnberg, 1765, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule01_1765/259>, abgerufen am 24.11.2024.