Eine vermischte Linie ist, welche aus geraden und krummen Linien bestehet.
Fig. 4.
Die Linien, wenn sie in Ansehung ihrer verschiedenen Lage, welche sie gegen einander machen, betrachtet werden, so heissen sie senkrechte, (perpendicu- lares seu normales) gleichlaufende, (parallelae) zusammenlaufende (conver- gentes) und auseinander laufende (divergentes.)
Gleichlaufende (lineae parallelae) sind gerade fortlaufende Linien, welche nie- mals zusammen stossen, sondern beständig einerley Weite behalten, man mag sie auf beyden Seiten so weit als man will, verlängern. Sie können auch alle beede krumm seyn.
Fig. 5.
Die Senk- oder Lothrechte Linie, (linea perpendicularis seu normalis) ist dieje- nige, welche dergestalt auf einer andern gerade aufgerichtet stehet, daß sie sich weder zur Rechten, noch zur Linken, um das geringste mehr neiget, son- dern ziveen rechte Winkel, deren jeder 20. hält, und also einander gleich sind, macht.
Fig. 6.
Die zusamm und auseinander laufende Linien (convergentes et divergentes) nennet man diejenigen, wenn sie verlängert werden, auf beeden Seiten, zween ungleiche Winkel, einen stumpfen (obtusum) und elnen spitzigen Winkel (angulum acutum) machen.
Fig. 7.
Diese Linien bekommen noch andere Benennungen, und Bedeutungen, wie aus folgenden klar wird.
Die Bley- oder Lothrechte auch Verticallinie, würde, wenn man sie immer verlängerte, durch das Centrum oder Mittelpunct der Erde gehen. Als- denn nennet man sie einen Senkfaden, oder Pendul.
Fig. 8.
Die wahre Horizontallinie (linea horizontalis) heist diejenige Linie, welche mit dem Horizont, oder besser mit einer stille stehenden Wasserfläche parallel lauft. Alle Puncte dieser Linie, stehen von dem Mittelpuncte der Erde, gleich weit weg. Sie ist also nichts anders als ein Circulbogen, der aus dem Mittelpuncte der Erde gezogen worden, und welche mit der Ebene der Erde, auf der wir gehen, parallel laust.
Fig. 9.
Anm. Unsere Erde beschreibet in ihrem grossen Umfange, einen Circul von 5400. deutschen Meilen, und ihr Durchmesser beträgt bey nahe 1720. sol- cher Meilen. Da nun die Sehnen kleiner Bögen, besonders von so er- staunlich grossen Circuln, als unsere Erde beschreibt, mit denen Bögen selbst überein kommen, wenigstens nicht merklich unterschieden sind; so kan die gerade Linie A B, als die scheinbare Horizontallinie "und welche die wahre Horizontallinie in dem Orte C, berühret, und deßwegen auch Tan. gens oder Streiflinie genennet wird, für die wahrel Horizontallinie, wenn sie anders nicht gar zu lang ist, angenommen werden.
Fig. 9.
Bey Verfertigung der Risse, werden verschiedene Linien gebraucht, welche in dem ausgemachten Riß, ordentlich nicht gesehen werden, sie heissen blin- de oder Hilfslinien. Man macht sie mit zarten Spitzen, oder Reisbley, damit sie leichtlich wieder ausgelöschet werden können. Will man sie ja
Eine vermiſchte Linie iſt, welche aus geraden und krummen Linien beſtehet.
Fig. 4.
Die Linien, wenn ſie in Anſehung ihrer verſchiedenen Lage, welche ſie gegen einander machen, betrachtet werden, ſo heiſſen ſie ſenkrechte, (perpendicu- lares ſeu normales) gleichlaufende, (parallelae) zuſammenlaufende (conver- gentes) und auseinander laufende (divergentes.)
Gleichlaufende (lineae parallelae) ſind gerade fortlaufende Linien, welche nie- mals zuſammen ſtoſſen, ſondern beſtändig einerley Weite behalten, man mag ſie auf beyden Seiten ſo weit als man will, verlängern. Sie können auch alle beede krumm ſeyn.
Fig. 5.
Die Senk- oder Lothrechte Linie, (linea perpendicularis ſeu normalis) iſt dieje- nige, welche dergeſtalt auf einer andern gerade aufgerichtet ſtehet, daß ſie ſich weder zur Rechten, noch zur Linken, um das geringſte mehr neiget, ſon- dern ziveen rechte Winkel, deren jeder 20. hält, und alſo einander gleich ſind, macht.
Fig. 6.
Die zuſamm und auseinander laufende Linien (convergentes et divergentes) nennet man diejenigen, wenn ſie verlängert werden, auf beeden Seiten, zween ungleiche Winkel, einen ſtumpfen (obtuſum) und elnen ſpitzigen Winkel (angulum acutum) machen.
Fig. 7.
Dieſe Linien bekommen noch andere Benennungen, und Bedeutungen, wie aus folgenden klar wird.
Die Bley- oder Lothrechte auch Verticallinie, würde, wenn man ſie immer verlängerte, durch das Centrum oder Mittelpunct der Erde gehen. Als- denn nennet man ſie einen Senkfaden, oder Pendul.
Fig. 8.
Die wahre Horizontallinie (linea horizontalis) heiſt diejenige Linie, welche mit dem Horizont, oder beſſer mit einer ſtille ſtehenden Waſſerfläche parallel lauft. Alle Puncte dieſer Linie, ſtehen von dem Mittelpuncte der Erde, gleich weit weg. Sie iſt alſo nichts anders als ein Circulbogen, der aus dem Mittelpuncte der Erde gezogen worden, und welche mit der Ebene der Erde, auf der wir gehen, parallel lauſt.
Fig. 9.
Anm. Unſere Erde beſchreibet in ihrem groſſen Umfange, einen Circul von 5400. deutſchen Meilen, und ihr Durchmeſſer beträgt bey nahe 1720. ſol- cher Meilen. Da nun die Sehnen kleiner Bögen, beſonders von ſo er- ſtaunlich groſſen Circuln, als unſere Erde beſchreibt, mit denen Bögen ſelbſt überein kommen, wenigſtens nicht merklich unterſchieden ſind; ſo kan die gerade Linie A B, als die ſcheinbare Horizontallinie “und welche die wahre Horizontallinie in dem Orte C, berühret, und deßwegen auch Tan. gens oder Streiflinie genennet wird, für die wahrel Horizontallinie, wenn ſie anders nicht gar zu lang iſt, angenommen werden.
Fig. 9.
Bey Verfertigung der Riſſe, werden verſchiedene Linien gebraucht, welche in dem ausgemachten Riß, ordentlich nicht geſehen werden, ſie heiſſen blin- de oder Hilfslinien. Man macht ſie mit zarten Spitzen, oder Reisbley, damit ſie leichtlich wieder ausgelöſchet werden können. Will man ſie ja
<TEI><text><front><div><pbfacs="#f0024"n="2"/><p>Eine vermiſchte Linie iſt, welche aus geraden und krummen Linien beſtehet. </p><noteplace="left">Fig. 4.</note><p>Die Linien, wenn ſie in Anſehung ihrer verſchiedenen Lage, welche ſie gegen<lb/>
einander machen, betrachtet werden, ſo heiſſen ſie ſenkrechte, (perpendicu-<lb/>
lares ſeu normales) gleichlaufende, (parallelae) zuſammenlaufende (conver-<lb/>
gentes) und auseinander laufende (divergentes.) </p><p>Gleichlaufende (lineae parallelae) ſind gerade fortlaufende Linien, welche nie-<lb/>
mals zuſammen ſtoſſen, ſondern beſtändig einerley Weite behalten, man<lb/>
mag ſie auf beyden Seiten ſo weit als man will, verlängern. Sie können<lb/>
auch alle beede krumm ſeyn. </p><noteplace="left">Fig. 5.</note><p>Die Senk- oder Lothrechte Linie, (linea perpendicularis ſeu normalis) iſt dieje-<lb/>
nige, welche dergeſtalt auf einer andern gerade aufgerichtet ſtehet, daß ſie<lb/>ſich weder zur Rechten, noch zur Linken, um das geringſte mehr neiget, ſon-<lb/>
dern ziveen rechte Winkel, deren jeder 20. hält, und alſo einander gleich<lb/>ſind, macht. </p><noteplace="left">Fig. 6.</note><p>Die zuſamm und auseinander laufende Linien (convergentes et divergentes)<lb/>
nennet man diejenigen, wenn ſie verlängert werden, auf beeden Seiten,<lb/>
zween ungleiche Winkel, einen ſtumpfen (obtuſum) und elnen ſpitzigen<lb/>
Winkel (angulum acutum) machen. </p><noteplace="left">Fig. 7.</note><p>Dieſe Linien bekommen noch andere Benennungen, und Bedeutungen,<lb/>
wie aus folgenden klar wird. </p><p>Die Bley- oder Lothrechte auch Verticallinie, würde, wenn man ſie immer<lb/>
verlängerte, durch das Centrum oder Mittelpunct der Erde gehen. Als-<lb/>
denn nennet man ſie einen Senkfaden, oder Pendul. </p><noteplace="left">Fig. 8.</note><p>Die wahre Horizontallinie (linea horizontalis) heiſt diejenige Linie, welche mit<lb/>
dem Horizont, oder beſſer mit einer ſtille ſtehenden Waſſerfläche parallel<lb/>
lauft. Alle Puncte dieſer Linie, ſtehen von dem Mittelpuncte der Erde,<lb/>
gleich weit weg. Sie iſt alſo nichts anders als ein Circulbogen, der aus<lb/>
dem Mittelpuncte der Erde gezogen worden, und welche mit der Ebene der<lb/>
Erde, auf der wir gehen, parallel lauſt. </p><noteplace="left">Fig. 9.</note><p>Anm. Unſere Erde beſchreibet in ihrem groſſen Umfange, einen Circul von<lb/>
5400. deutſchen Meilen, und ihr Durchmeſſer beträgt bey nahe 1720. ſol-<lb/>
cher Meilen. Da nun die Sehnen kleiner Bögen, beſonders von ſo er-<lb/>ſtaunlich groſſen Circuln, als unſere Erde beſchreibt, mit denen Bögen<lb/>ſelbſt überein kommen, wenigſtens nicht merklich unterſchieden ſind; ſo<lb/>
kan die gerade Linie A B, als die ſcheinbare Horizontallinie “und welche die<lb/>
wahre Horizontallinie in dem Orte C, berühret, und deßwegen auch Tan.<lb/>
gens oder Streiflinie genennet wird, für die wahrel Horizontallinie, wenn<lb/>ſie anders nicht gar zu lang iſt, angenommen werden. </p><noteplace="left">Fig. 9.</note><p>Bey Verfertigung der Riſſe, werden verſchiedene Linien gebraucht, welche<lb/>
in dem ausgemachten Riß, ordentlich nicht geſehen werden, ſie heiſſen blin-<lb/>
de oder Hilfslinien. Man macht ſie mit zarten Spitzen, oder Reisbley,<lb/>
damit ſie leichtlich wieder ausgelöſchet werden können. Will man ſie ja
</p></div></front></text></TEI>
[2/0024]
Eine vermiſchte Linie iſt, welche aus geraden und krummen Linien beſtehet.
Die Linien, wenn ſie in Anſehung ihrer verſchiedenen Lage, welche ſie gegen
einander machen, betrachtet werden, ſo heiſſen ſie ſenkrechte, (perpendicu-
lares ſeu normales) gleichlaufende, (parallelae) zuſammenlaufende (conver-
gentes) und auseinander laufende (divergentes.)
Gleichlaufende (lineae parallelae) ſind gerade fortlaufende Linien, welche nie-
mals zuſammen ſtoſſen, ſondern beſtändig einerley Weite behalten, man
mag ſie auf beyden Seiten ſo weit als man will, verlängern. Sie können
auch alle beede krumm ſeyn.
Die Senk- oder Lothrechte Linie, (linea perpendicularis ſeu normalis) iſt dieje-
nige, welche dergeſtalt auf einer andern gerade aufgerichtet ſtehet, daß ſie
ſich weder zur Rechten, noch zur Linken, um das geringſte mehr neiget, ſon-
dern ziveen rechte Winkel, deren jeder 20. hält, und alſo einander gleich
ſind, macht.
Die zuſamm und auseinander laufende Linien (convergentes et divergentes)
nennet man diejenigen, wenn ſie verlängert werden, auf beeden Seiten,
zween ungleiche Winkel, einen ſtumpfen (obtuſum) und elnen ſpitzigen
Winkel (angulum acutum) machen.
Dieſe Linien bekommen noch andere Benennungen, und Bedeutungen,
wie aus folgenden klar wird.
Die Bley- oder Lothrechte auch Verticallinie, würde, wenn man ſie immer
verlängerte, durch das Centrum oder Mittelpunct der Erde gehen. Als-
denn nennet man ſie einen Senkfaden, oder Pendul.
Die wahre Horizontallinie (linea horizontalis) heiſt diejenige Linie, welche mit
dem Horizont, oder beſſer mit einer ſtille ſtehenden Waſſerfläche parallel
lauft. Alle Puncte dieſer Linie, ſtehen von dem Mittelpuncte der Erde,
gleich weit weg. Sie iſt alſo nichts anders als ein Circulbogen, der aus
dem Mittelpuncte der Erde gezogen worden, und welche mit der Ebene der
Erde, auf der wir gehen, parallel lauſt.
Anm. Unſere Erde beſchreibet in ihrem groſſen Umfange, einen Circul von
5400. deutſchen Meilen, und ihr Durchmeſſer beträgt bey nahe 1720. ſol-
cher Meilen. Da nun die Sehnen kleiner Bögen, beſonders von ſo er-
ſtaunlich groſſen Circuln, als unſere Erde beſchreibt, mit denen Bögen
ſelbſt überein kommen, wenigſtens nicht merklich unterſchieden ſind; ſo
kan die gerade Linie A B, als die ſcheinbare Horizontallinie “und welche die
wahre Horizontallinie in dem Orte C, berühret, und deßwegen auch Tan.
gens oder Streiflinie genennet wird, für die wahrel Horizontallinie, wenn
ſie anders nicht gar zu lang iſt, angenommen werden.
Bey Verfertigung der Riſſe, werden verſchiedene Linien gebraucht, welche
in dem ausgemachten Riß, ordentlich nicht geſehen werden, ſie heiſſen blin-
de oder Hilfslinien. Man macht ſie mit zarten Spitzen, oder Reisbley,
damit ſie leichtlich wieder ausgelöſchet werden können. Will man ſie ja
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
ECHO: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-10-09T11:08:35Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-10-09T11:08:35Z)
ECHO: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-10-09T11:08:35Z)
Weitere Informationen:
Anmerkungen zur Transkription:
Der Zeilenfall wurde beibehalten.
Silbentrennungen über Seitengrenzen und Zeilen hinweg werden beibehalten.
Marginalien werden jeweils am Ende des entsprechenden Absatzes ausgezeichnet.
Bion, Nicolas: Neueröfnete mathematische Werkschule. (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 1, 5. Aufl. Nürnberg, 1765, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule01_1765/24>, abgerufen am 02.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.