sondern auch als pflichtbewußter Pädagoge ge¬ handelt hat, und von dem wir nie etwas anderes erwartet haben, ist die Unzucht, rhm, ich sage die Unzucht . . .
-- Bitte, Herr Direktor, nicht wol eben dies, denn so weit wage ich meine Tochter nicht mit anzuschuldigen . . ., wimmerte Herr Wippe.
-- Ich sage doch: Unzucht, ohne daß ich das Gräßlichste anzunehmen verzweifelt genug wäre. Denn schon der Gedanke, nächtlicher Weile . . . aber genug! Wir haben, rhm, die Pflicht, auch den Gedanken zu töten, der ... Aber genug und gleichviel! Wir wissen, daß dieser Bube auf Schleichwegen gewesen ist, und nicht zum ersten Male, auf Schleichwegen, sage ich, rhm, die keines¬ falls unschuldiger Natur waren. Er selbst hat es nicht zu leugnen gewagt. Sein Auge -- oh, aber, rhm, genug! Wir müssen ihn dimittiren. Kollege Wippe hat sich in rühmenswerter Auf¬ wallung entschlossen, seine Tochter, über deren An¬ teil an dem Entsetzlichen nicht wir zu befinden haben, noch heute aus dem Hause zu thun, und es muß auch dieser Bursche heute noch das Institut verlassen. Wir schenken unser ganzes Bedauern dem schwer getroffenen Vormund des
Stilpe.
ſondern auch als pflichtbewußter Pädagoge ge¬ handelt hat, und von dem wir nie etwas anderes erwartet haben, iſt die Unzucht, rhm, ich ſage die Unzucht . . .
— Bitte, Herr Direktor, nicht wol eben dies, denn ſo weit wage ich meine Tochter nicht mit anzuſchuldigen . . ., wimmerte Herr Wippe.
— Ich ſage doch: Unzucht, ohne daß ich das Gräßlichſte anzunehmen verzweifelt genug wäre. Denn ſchon der Gedanke, nächtlicher Weile . . . aber genug! Wir haben, rhm, die Pflicht, auch den Gedanken zu töten, der ... Aber genug und gleichviel! Wir wiſſen, daß dieſer Bube auf Schleichwegen geweſen iſt, und nicht zum erſten Male, auf Schleichwegen, ſage ich, rhm, die keines¬ falls unſchuldiger Natur waren. Er ſelbſt hat es nicht zu leugnen gewagt. Sein Auge — oh, aber, rhm, genug! Wir müſſen ihn dimittiren. Kollege Wippe hat ſich in rühmenswerter Auf¬ wallung entſchloſſen, ſeine Tochter, über deren An¬ teil an dem Entſetzlichen nicht wir zu befinden haben, noch heute aus dem Hauſe zu thun, und es muß auch dieſer Burſche heute noch das Inſtitut verlaſſen. Wir ſchenken unſer ganzes Bedauern dem ſchwer getroffenen Vormund des
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0084"n="70"/><fwplace="top"type="header">Stilpe.<lb/></fw>ſondern auch als pflichtbewußter Pädagoge ge¬<lb/>
handelt hat, und von dem wir nie etwas anderes<lb/>
erwartet haben, iſt die Unzucht, rhm, ich ſage die<lb/>
Unzucht . . .</p><lb/><p>— Bitte, Herr Direktor, nicht wol eben dies,<lb/>
denn ſo weit wage ich meine Tochter nicht mit<lb/>
anzuſchuldigen . . ., wimmerte Herr Wippe.</p><lb/><p>— Ich ſage doch: Unzucht, ohne daß ich das<lb/>
Gräßlichſte anzunehmen verzweifelt genug wäre.<lb/>
Denn ſchon der Gedanke, nächtlicher Weile . . .<lb/>
aber genug! Wir haben, rhm, die Pflicht, auch<lb/>
den Gedanken zu töten, der ... Aber genug und<lb/>
gleichviel! Wir wiſſen, daß dieſer Bube auf<lb/>
Schleichwegen geweſen iſt, und nicht zum erſten<lb/>
Male, auf Schleichwegen, ſage ich, rhm, die keines¬<lb/>
falls unſchuldiger Natur waren. Er ſelbſt hat<lb/>
es nicht zu leugnen gewagt. Sein Auge — oh,<lb/>
aber, rhm, genug! Wir müſſen ihn dimittiren.<lb/>
Kollege Wippe hat ſich in rühmenswerter Auf¬<lb/>
wallung entſchloſſen, ſeine Tochter, über deren An¬<lb/>
teil an dem Entſetzlichen nicht wir zu befinden<lb/>
haben, noch heute aus dem Hauſe zu thun, und<lb/>
es muß auch dieſer Burſche heute noch das<lb/>
Inſtitut verlaſſen. Wir ſchenken unſer ganzes<lb/>
Bedauern dem ſchwer getroffenen Vormund des<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[70/0084]
Stilpe.
ſondern auch als pflichtbewußter Pädagoge ge¬
handelt hat, und von dem wir nie etwas anderes
erwartet haben, iſt die Unzucht, rhm, ich ſage die
Unzucht . . .
— Bitte, Herr Direktor, nicht wol eben dies,
denn ſo weit wage ich meine Tochter nicht mit
anzuſchuldigen . . ., wimmerte Herr Wippe.
— Ich ſage doch: Unzucht, ohne daß ich das
Gräßlichſte anzunehmen verzweifelt genug wäre.
Denn ſchon der Gedanke, nächtlicher Weile . . .
aber genug! Wir haben, rhm, die Pflicht, auch
den Gedanken zu töten, der ... Aber genug und
gleichviel! Wir wiſſen, daß dieſer Bube auf
Schleichwegen geweſen iſt, und nicht zum erſten
Male, auf Schleichwegen, ſage ich, rhm, die keines¬
falls unſchuldiger Natur waren. Er ſelbſt hat
es nicht zu leugnen gewagt. Sein Auge — oh,
aber, rhm, genug! Wir müſſen ihn dimittiren.
Kollege Wippe hat ſich in rühmenswerter Auf¬
wallung entſchloſſen, ſeine Tochter, über deren An¬
teil an dem Entſetzlichen nicht wir zu befinden
haben, noch heute aus dem Hauſe zu thun, und
es muß auch dieſer Burſche heute noch das
Inſtitut verlaſſen. Wir ſchenken unſer ganzes
Bedauern dem ſchwer getroffenen Vormund des
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/84>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.