Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite
Erstes Buch, sechstes Kapitel.

Da hätte ihm Willibald von Herzen gerne
Alles durch eine Ohrfeige klargemacht, aber er war
doch zu klug dazu. Nur das konnte er sich nicht
verkneifen, daß er sagte:

-- Ich weiß besser wie Du, wer feige ist.

Worauf Fliczek nichts zu erwidern wußte, als
ein verächtliches: Strunk!

[Abbildung]

Dieses Gespräch fand nach dem Frühstück statt,
als sich die Klassen zur Arbeitsstunde in ihre
Zimmer verteilten.

Die Arbeitsstunde selber hatte ein andres Aus¬
sehen, als sonst. Es war ein merkwürdiges Ge¬
flüstere unter den Jungen, zumal in den Ober¬
klassen. Unter den Bänken wurden Äpfel herum¬
gegeben, und häufig hörte man das Schnirpsen,
wenn Einer in einen Apfel biß. Dazu ein Ge¬
kicher und Blicke hin und her. Ein Triumph¬
gefühl ging durch Alle, und wenn sie den beauf¬
sichtigenden Inspektor ansahen, so konnte man aus
den Blicken lesen: Der dumme Kerl weiß von nichts.

Erſtes Buch, ſechſtes Kapitel.

Da hätte ihm Willibald von Herzen gerne
Alles durch eine Ohrfeige klargemacht, aber er war
doch zu klug dazu. Nur das konnte er ſich nicht
verkneifen, daß er ſagte:

— Ich weiß beſſer wie Du, wer feige iſt.

Worauf Fliczek nichts zu erwidern wußte, als
ein verächtliches: Strunk!

[Abbildung]

Dieſes Geſpräch fand nach dem Frühſtück ſtatt,
als ſich die Klaſſen zur Arbeitsſtunde in ihre
Zimmer verteilten.

Die Arbeitsſtunde ſelber hatte ein andres Aus¬
ſehen, als ſonſt. Es war ein merkwürdiges Ge¬
flüſtere unter den Jungen, zumal in den Ober¬
klaſſen. Unter den Bänken wurden Äpfel herum¬
gegeben, und häufig hörte man das Schnirpſen,
wenn Einer in einen Apfel biß. Dazu ein Ge¬
kicher und Blicke hin und her. Ein Triumph¬
gefühl ging durch Alle, und wenn ſie den beauf¬
ſichtigenden Inſpektor anſahen, ſo konnte man aus
den Blicken leſen: Der dumme Kerl weiß von nichts.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0075" n="61"/>
          <fw place="top" type="header">Er&#x017F;tes Buch, &#x017F;ech&#x017F;tes Kapitel.<lb/></fw>
          <p>Da hätte ihm Willibald von Herzen gerne<lb/>
Alles durch eine Ohrfeige klargemacht, aber er war<lb/>
doch zu klug dazu. Nur das konnte er &#x017F;ich nicht<lb/>
verkneifen, daß er &#x017F;agte:</p><lb/>
          <p>&#x2014; Ich weiß be&#x017F;&#x017F;er wie Du, wer feige i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Worauf Fliczek nichts zu erwidern wußte, als<lb/>
ein verächtliches: Strunk!</p><lb/>
          <figure/>
          <p>Die&#x017F;es Ge&#x017F;präch fand nach dem Früh&#x017F;tück &#x017F;tatt,<lb/>
als &#x017F;ich die Kla&#x017F;&#x017F;en zur Arbeits&#x017F;tunde in ihre<lb/>
Zimmer verteilten.</p><lb/>
          <p>Die Arbeits&#x017F;tunde &#x017F;elber hatte ein andres Aus¬<lb/>
&#x017F;ehen, als &#x017F;on&#x017F;t. Es war ein merkwürdiges Ge¬<lb/>
flü&#x017F;tere unter den Jungen, zumal in den Ober¬<lb/>
kla&#x017F;&#x017F;en. Unter den Bänken wurden Äpfel herum¬<lb/>
gegeben, und häufig hörte man das Schnirp&#x017F;en,<lb/>
wenn Einer in einen Apfel biß. Dazu ein Ge¬<lb/>
kicher und Blicke hin und her. Ein Triumph¬<lb/>
gefühl ging durch Alle, und wenn &#x017F;ie den beauf¬<lb/>
&#x017F;ichtigenden In&#x017F;pektor an&#x017F;ahen, &#x017F;o konnte man aus<lb/>
den Blicken le&#x017F;en: Der dumme Kerl weiß von nichts.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0075] Erſtes Buch, ſechſtes Kapitel. Da hätte ihm Willibald von Herzen gerne Alles durch eine Ohrfeige klargemacht, aber er war doch zu klug dazu. Nur das konnte er ſich nicht verkneifen, daß er ſagte: — Ich weiß beſſer wie Du, wer feige iſt. Worauf Fliczek nichts zu erwidern wußte, als ein verächtliches: Strunk! [Abbildung] Dieſes Geſpräch fand nach dem Frühſtück ſtatt, als ſich die Klaſſen zur Arbeitsſtunde in ihre Zimmer verteilten. Die Arbeitsſtunde ſelber hatte ein andres Aus¬ ſehen, als ſonſt. Es war ein merkwürdiges Ge¬ flüſtere unter den Jungen, zumal in den Ober¬ klaſſen. Unter den Bänken wurden Äpfel herum¬ gegeben, und häufig hörte man das Schnirpſen, wenn Einer in einen Apfel biß. Dazu ein Ge¬ kicher und Blicke hin und her. Ein Triumph¬ gefühl ging durch Alle, und wenn ſie den beauf¬ ſichtigenden Inſpektor anſahen, ſo konnte man aus den Blicken leſen: Der dumme Kerl weiß von nichts.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/75
Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/75>, abgerufen am 26.11.2024.