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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Erstes Buch, fünftes Kapitel.
die eine Stimme Josephinens war, und mit einem
Male wußte er, daß die andre die Fliczeks sein
mußte.

Eine jagende Wut überkam den kleinen Burschen.
Mit einem Sprunge war er übers Stacket, mitten
in die Finsternis hinein.

Ein Aufschrei rechts vor ihm. Nur ein paar
Schritte.

Noch ehe Fliczek davon konnte, war Willibald
dort und drasch auf den Fliehenden mit seinen
kleinen Fäusten wie rasend los. Dann wandte er
sich um und blieb vor Josephine stehen:

-- Du, Du, Du Luder, Du, Du Luder!

-- Ja, Du, was willst denn Du hier?

-- Ich, ich, ich . . . Und nun heulte der arme
Junge los, daß das Mädchen seinen Schreck und
seinen Zorn über ihn vergaß und ihn tröstete.

Er war ganz besinnungslos und legte seine
Hände auf ihre Achseln und lehnte seinen Kopf
darauf und schluchzte: Du . . . mußt . . . mir . . .
nicht böse sein, ich, ich . . . ach . . . Und er heulte
wieder.

-- Nein, nein, ich bin Dir ja nicht böse,
ich . . . ich bin Dir wirklich nicht böse . . . nein,
aber nu geh doch, geh!

Erſtes Buch, fünftes Kapitel.
die eine Stimme Joſephinens war, und mit einem
Male wußte er, daß die andre die Fliczeks ſein
mußte.

Eine jagende Wut überkam den kleinen Burſchen.
Mit einem Sprunge war er übers Stacket, mitten
in die Finſternis hinein.

Ein Aufſchrei rechts vor ihm. Nur ein paar
Schritte.

Noch ehe Fliczek davon konnte, war Willibald
dort und draſch auf den Fliehenden mit ſeinen
kleinen Fäuſten wie raſend los. Dann wandte er
ſich um und blieb vor Joſephine ſtehen:

— Du, Du, Du Luder, Du, Du Luder!

— Ja, Du, was willſt denn Du hier?

— Ich, ich, ich . . . Und nun heulte der arme
Junge los, daß das Mädchen ſeinen Schreck und
ſeinen Zorn über ihn vergaß und ihn tröſtete.

Er war ganz beſinnungslos und legte ſeine
Hände auf ihre Achſeln und lehnte ſeinen Kopf
darauf und ſchluchzte: Du . . . mußt . . . mir . . .
nicht böſe ſein, ich, ich . . . ach . . . Und er heulte
wieder.

— Nein, nein, ich bin Dir ja nicht böſe,
ich . . . ich bin Dir wirklich nicht böſe . . . nein,
aber nu geh doch, geh!

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[55/0069] Erſtes Buch, fünftes Kapitel. die eine Stimme Joſephinens war, und mit einem Male wußte er, daß die andre die Fliczeks ſein mußte. Eine jagende Wut überkam den kleinen Burſchen. Mit einem Sprunge war er übers Stacket, mitten in die Finſternis hinein. Ein Aufſchrei rechts vor ihm. Nur ein paar Schritte. Noch ehe Fliczek davon konnte, war Willibald dort und draſch auf den Fliehenden mit ſeinen kleinen Fäuſten wie raſend los. Dann wandte er ſich um und blieb vor Joſephine ſtehen: — Du, Du, Du Luder, Du, Du Luder! — Ja, Du, was willſt denn Du hier? — Ich, ich, ich . . . Und nun heulte der arme Junge los, daß das Mädchen ſeinen Schreck und ſeinen Zorn über ihn vergaß und ihn tröſtete. Er war ganz beſinnungslos und legte ſeine Hände auf ihre Achſeln und lehnte ſeinen Kopf darauf und ſchluchzte: Du . . . mußt . . . mir . . . nicht böſe ſein, ich, ich . . . ach . . . Und er heulte wieder. — Nein, nein, ich bin Dir ja nicht böſe, ich . . . ich bin Dir wirklich nicht böſe . . . nein, aber nu geh doch, geh!

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/69>, abgerufen am 26.11.2024.