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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Viertes Buch, drittes Kapitel.
ziationen ein, laßt mich in Inkohärenzen lallen,
laßt mich farbige Wortflutsäulen ausnüstern, groß
wie die Wasserwürfe aus den Nasen verzückter
Walfische! Wir werden ins Leben wirken wie die
Troubadours! Wir werden eine neue Cultur herbei¬
tanzen! Wir werden den Übermenschen auf dem
Brettl gebären! Wir werden diese alberne Welt
umschmeißen! Das Unanständige werden wir zum
einzig Anständigen krönen! Das Nackte werden
wir in seiner ganzen Schönheit neu aufrichten vor
allem Volke! Lustig und lüstig werden wir diese
infame, moralklapprige Welt wieder machen, lustig
und himmlisch frech! Leichtsinnig soll die Bande
wieder werden und soll bauchtanzen lernen! Ah,
wir ahnen vielleicht gar nicht, was für raffinierte
Sachen die Biedermänner Germaniens leisten wer¬
den, wenn unser Geist über sie gekommen ist! . . .
Kinder, küßt unsern blonden Engel hier und um¬
armt mich, denn wir haben die Welt im Sacke!

In diesem Stile und toller noch geberdete sich
die Wollust Stilpes, endlich einmal ein Ziel ge¬
funden zu haben, das seinem Wesen gemäß war.
Und die andern, der Zungenschnalzer voran, waren
nicht weniger außer sich.

Dabei entwickelte Stilpe aber auch eine wirk¬

Viertes Buch, drittes Kapitel.
ziationen ein, laßt mich in Inkohärenzen lallen,
laßt mich farbige Wortflutſäulen ausnüſtern, groß
wie die Waſſerwürfe aus den Naſen verzückter
Walfiſche! Wir werden ins Leben wirken wie die
Troubadours! Wir werden eine neue Cultur herbei¬
tanzen! Wir werden den Übermenſchen auf dem
Brettl gebären! Wir werden dieſe alberne Welt
umſchmeißen! Das Unanſtändige werden wir zum
einzig Anſtändigen krönen! Das Nackte werden
wir in ſeiner ganzen Schönheit neu aufrichten vor
allem Volke! Luſtig und lüſtig werden wir dieſe
infame, moralklapprige Welt wieder machen, luſtig
und himmliſch frech! Leichtſinnig ſoll die Bande
wieder werden und ſoll bauchtanzen lernen! Ah,
wir ahnen vielleicht gar nicht, was für raffinierte
Sachen die Biedermänner Germaniens leiſten wer¬
den, wenn unſer Geiſt über ſie gekommen iſt! . . .
Kinder, küßt unſern blonden Engel hier und um¬
armt mich, denn wir haben die Welt im Sacke!

In dieſem Stile und toller noch geberdete ſich
die Wolluſt Stilpes, endlich einmal ein Ziel ge¬
funden zu haben, das ſeinem Weſen gemäß war.
Und die andern, der Zungenſchnalzer voran, waren
nicht weniger außer ſich.

Dabei entwickelte Stilpe aber auch eine wirk¬

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[359/0373] Viertes Buch, drittes Kapitel. ziationen ein, laßt mich in Inkohärenzen lallen, laßt mich farbige Wortflutſäulen ausnüſtern, groß wie die Waſſerwürfe aus den Naſen verzückter Walfiſche! Wir werden ins Leben wirken wie die Troubadours! Wir werden eine neue Cultur herbei¬ tanzen! Wir werden den Übermenſchen auf dem Brettl gebären! Wir werden dieſe alberne Welt umſchmeißen! Das Unanſtändige werden wir zum einzig Anſtändigen krönen! Das Nackte werden wir in ſeiner ganzen Schönheit neu aufrichten vor allem Volke! Luſtig und lüſtig werden wir dieſe infame, moralklapprige Welt wieder machen, luſtig und himmliſch frech! Leichtſinnig ſoll die Bande wieder werden und ſoll bauchtanzen lernen! Ah, wir ahnen vielleicht gar nicht, was für raffinierte Sachen die Biedermänner Germaniens leiſten wer¬ den, wenn unſer Geiſt über ſie gekommen iſt! . . . Kinder, küßt unſern blonden Engel hier und um¬ armt mich, denn wir haben die Welt im Sacke! In dieſem Stile und toller noch geberdete ſich die Wolluſt Stilpes, endlich einmal ein Ziel ge¬ funden zu haben, das ſeinem Weſen gemäß war. Und die andern, der Zungenſchnalzer voran, waren nicht weniger außer ſich. Dabei entwickelte Stilpe aber auch eine wirk¬

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/373>, abgerufen am 22.11.2024.