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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Stilpe.
preisen wie eine neue und größere Neuberin, als
die moderne Muse in Person. Unter ihrem Zeichen
werden wir das neue, echte, ganze, das lachende
Heidentum heraufführen mit Bocksprüngen und
höchst edlen Faltenwürfen zärtlicher Gewänder.
In unserm Schlepptau wird Alles hängen: Ma¬
lerei, Poeterei, Musikerei und Alles überhaupt, was
Schönheit und genießendes Leben will. Was ist
die Kunst jetzt? Eine bunte, ein bischen glitzernde
Spinnwebe im Winkel des Lebens. Wir wollen
sie wie ein goldenes Netz über das ganze Volk,
das ganze Leben werfen. Denn zu uns, ins
Tingeltangel, werden Alle kommen, die Theater und
Museen ebenso ängstlich fliehen, wie die Kirche.
Und bei uns werden sie, die blos ein bischen bunte
Unterhaltung suchen, das finden, was ihnen Allen
fehlt: Den heiteren Geist, das Leben zu verklären,
die Kunst des Tanzes in Worten, Tönen, Farben,
Linien, Bewegungen. Die nackte Lust am Schönen,
der Humor, der die Welt am Ohre nimmt, die
Phantasie, die mit den Sternen jongliert und auf
des Weltgeists Schnurrbartenden Seil tanzt, die
Philosophie des harmonischen Lachens, das Jauchzen
schmerzlicher Seelenbrunst, -- ah, werft mir ein
paar Feigenkränze voll Worten zu, blast mir Asso¬

Stilpe.
preiſen wie eine neue und größere Neuberin, als
die moderne Muſe in Perſon. Unter ihrem Zeichen
werden wir das neue, echte, ganze, das lachende
Heidentum heraufführen mit Bockſprüngen und
höchſt edlen Faltenwürfen zärtlicher Gewänder.
In unſerm Schlepptau wird Alles hängen: Ma¬
lerei, Poeterei, Muſikerei und Alles überhaupt, was
Schönheit und genießendes Leben will. Was iſt
die Kunſt jetzt? Eine bunte, ein bischen glitzernde
Spinnwebe im Winkel des Lebens. Wir wollen
ſie wie ein goldenes Netz über das ganze Volk,
das ganze Leben werfen. Denn zu uns, ins
Tingeltangel, werden Alle kommen, die Theater und
Muſeen ebenſo ängſtlich fliehen, wie die Kirche.
Und bei uns werden ſie, die blos ein bischen bunte
Unterhaltung ſuchen, das finden, was ihnen Allen
fehlt: Den heiteren Geiſt, das Leben zu verklären,
die Kunſt des Tanzes in Worten, Tönen, Farben,
Linien, Bewegungen. Die nackte Luſt am Schönen,
der Humor, der die Welt am Ohre nimmt, die
Phantaſie, die mit den Sternen jongliert und auf
des Weltgeiſts Schnurrbartenden Seil tanzt, die
Philoſophie des harmoniſchen Lachens, das Jauchzen
ſchmerzlicher Seelenbrunſt, — ah, werft mir ein
paar Feigenkränze voll Worten zu, blaſt mir Aſſo¬

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[358/0372] Stilpe. preiſen wie eine neue und größere Neuberin, als die moderne Muſe in Perſon. Unter ihrem Zeichen werden wir das neue, echte, ganze, das lachende Heidentum heraufführen mit Bockſprüngen und höchſt edlen Faltenwürfen zärtlicher Gewänder. In unſerm Schlepptau wird Alles hängen: Ma¬ lerei, Poeterei, Muſikerei und Alles überhaupt, was Schönheit und genießendes Leben will. Was iſt die Kunſt jetzt? Eine bunte, ein bischen glitzernde Spinnwebe im Winkel des Lebens. Wir wollen ſie wie ein goldenes Netz über das ganze Volk, das ganze Leben werfen. Denn zu uns, ins Tingeltangel, werden Alle kommen, die Theater und Muſeen ebenſo ängſtlich fliehen, wie die Kirche. Und bei uns werden ſie, die blos ein bischen bunte Unterhaltung ſuchen, das finden, was ihnen Allen fehlt: Den heiteren Geiſt, das Leben zu verklären, die Kunſt des Tanzes in Worten, Tönen, Farben, Linien, Bewegungen. Die nackte Luſt am Schönen, der Humor, der die Welt am Ohre nimmt, die Phantaſie, die mit den Sternen jongliert und auf des Weltgeiſts Schnurrbartenden Seil tanzt, die Philoſophie des harmoniſchen Lachens, das Jauchzen ſchmerzlicher Seelenbrunſt, — ah, werft mir ein paar Feigenkränze voll Worten zu, blaſt mir Aſſo¬

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/372>, abgerufen am 22.11.2024.