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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Drittes Buch, viertes Kapitel.
Wesen, zumal in der Bewegung der Hände etwas
ziellos Fahriges. Aber der Nordhäuser schien zu
beruhigen. Zuletzt bekam Stilpe sogar seinen alten
Zug von souveräner Ironie und die gewisse, etwas
zu deutlich markierte vornehme Lässigkeit der Gesten.
Zumal den Rauch der Cigarre blies er ganz
wie früher so grandios und dabei mit Genußmiene
von sich. Auch seinen alten Stil gab ihm der
Nordhäuser ungefähr wieder.

-- Ja, mein Teurer, bis auf diese etwas
kleckerige Bank da habe ich mich glücklich hinabavan¬
ciert, seitdem diese lieblichen Idioten mit den gelben
Mützen mich hinausgethan haben. Wie heißt es
doch: c. i., das ist cum infamia. Nun ja: Eine
reizende Phrase. Ich hätte die ganze Sache mehr
von diesem ästhetischen Standpunkte ansehen sollen.
Und wie nett das eigentlich war, ich meine, wie
gut es dieses brave Schicksal eigentlich gedeichselt
hat, wie mütterlich vorbereitend. Erst diese Jüng¬
linge mit ihrem Mikrokosmos von Bierjudikatur,
und drei Monate später dieser Makrokosmos des
Senats der freundlichen Alma mater. Nochmal c. i.
So sind die Naturgesetze. Du verstehst mich doch?

-- Ja, aber sag mal: Hast Du denn wirk¬
lich . . . ?

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Drittes Buch, viertes Kapitel.
Weſen, zumal in der Bewegung der Hände etwas
ziellos Fahriges. Aber der Nordhäuſer ſchien zu
beruhigen. Zuletzt bekam Stilpe ſogar ſeinen alten
Zug von ſouveräner Ironie und die gewiſſe, etwas
zu deutlich markierte vornehme Läſſigkeit der Geſten.
Zumal den Rauch der Cigarre blies er ganz
wie früher ſo grandios und dabei mit Genußmiene
von ſich. Auch ſeinen alten Stil gab ihm der
Nordhäuſer ungefähr wieder.

— Ja, mein Teurer, bis auf dieſe etwas
kleckerige Bank da habe ich mich glücklich hinabavan¬
ciert, ſeitdem dieſe lieblichen Idioten mit den gelben
Mützen mich hinausgethan haben. Wie heißt es
doch: c. i., das iſt cum infamia. Nun ja: Eine
reizende Phraſe. Ich hätte die ganze Sache mehr
von dieſem äſthetiſchen Standpunkte anſehen ſollen.
Und wie nett das eigentlich war, ich meine, wie
gut es dieſes brave Schickſal eigentlich gedeichſelt
hat, wie mütterlich vorbereitend. Erſt dieſe Jüng¬
linge mit ihrem Mikrokosmos von Bierjudikatur,
und drei Monate ſpäter dieſer Makrokosmos des
Senats der freundlichen Alma mater. Nochmal c. i.
So ſind die Naturgeſetze. Du verſtehſt mich doch?

— Ja, aber ſag mal: Haſt Du denn wirk¬
lich . . . ?

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[289/0303] Drittes Buch, viertes Kapitel. Weſen, zumal in der Bewegung der Hände etwas ziellos Fahriges. Aber der Nordhäuſer ſchien zu beruhigen. Zuletzt bekam Stilpe ſogar ſeinen alten Zug von ſouveräner Ironie und die gewiſſe, etwas zu deutlich markierte vornehme Läſſigkeit der Geſten. Zumal den Rauch der Cigarre blies er ganz wie früher ſo grandios und dabei mit Genußmiene von ſich. Auch ſeinen alten Stil gab ihm der Nordhäuſer ungefähr wieder. — Ja, mein Teurer, bis auf dieſe etwas kleckerige Bank da habe ich mich glücklich hinabavan¬ ciert, ſeitdem dieſe lieblichen Idioten mit den gelben Mützen mich hinausgethan haben. Wie heißt es doch: c. i., das iſt cum infamia. Nun ja: Eine reizende Phraſe. Ich hätte die ganze Sache mehr von dieſem äſthetiſchen Standpunkte anſehen ſollen. Und wie nett das eigentlich war, ich meine, wie gut es dieſes brave Schickſal eigentlich gedeichſelt hat, wie mütterlich vorbereitend. Erſt dieſe Jüng¬ linge mit ihrem Mikrokosmos von Bierjudikatur, und drei Monate ſpäter dieſer Makrokosmos des Senats der freundlichen Alma mater. Nochmal c. i. So ſind die Naturgeſetze. Du verſtehſt mich doch? — Ja, aber ſag mal: Haſt Du denn wirk¬ lich . . . ? 19

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/303>, abgerufen am 22.11.2024.