besteht. Dieses Getränk, so sagte er, hat die Kraft und das heilige Rauschen des germanischen Urwaldes. Man fühlt direkt Speere in der Faust, wenn man es trinkt. Seine Hauptgnade aber besteht darin, daß es wunschlos macht. Es ist das Katholikon der Getränke. Auserwählten ist es gegeben, zu sehen, daß diese Bowle eine tief¬ goldene Gloriole hat.
In dieser Weise charakterisierte er im Kreise des Cenacles "die gesammte Aristokratie der Spirituosen", und er lehnte es durchaus nicht ab, wenn man ihn den Homer des Alkohols nannte.
Aber die Getränke, die er liebte, waren kost¬ spielig, und weder er noch die anderen drei Cena¬ cliers waren auf die Dauer im stande, das Geld dafür aufzubringen. Deshalb beschloß man, einen "Barbemuche zu etablieren", d. h. nach dem Muster des Mürgerschen Cenacles jemand ausfindig zu machen, der "also geeigenschaftet wäre:
Ehrfürchtig vor dem Geiste, Sehnsüchtig zur Kunst, Wohlausgestattet mit Gelde,
Drittes Buch. zweites Kapitel.
beſteht. Dieſes Getränk, ſo ſagte er, hat die Kraft und das heilige Rauſchen des germaniſchen Urwaldes. Man fühlt direkt Speere in der Fauſt, wenn man es trinkt. Seine Hauptgnade aber beſteht darin, daß es wunſchlos macht. Es iſt das Katholikon der Getränke. Auserwählten iſt es gegeben, zu ſehen, daß dieſe Bowle eine tief¬ goldene Gloriole hat.
In dieſer Weiſe charakteriſierte er im Kreiſe des Cénacles „die geſammte Ariſtokratie der Spirituoſen“, und er lehnte es durchaus nicht ab, wenn man ihn den Homer des Alkohols nannte.
Aber die Getränke, die er liebte, waren koſt¬ ſpielig, und weder er noch die anderen drei Céna¬ cliers waren auf die Dauer im ſtande, das Geld dafür aufzubringen. Deshalb beſchloß man, einen „Barbemuche zu etablieren“, d. h. nach dem Muſter des Mürgerſchen Cénacles jemand ausfindig zu machen, der „alſo geeigenſchaftet wäre:
Ehrfürchtig vor dem Geiſte, Sehnſüchtig zur Kunſt, Wohlausgeſtattet mit Gelde,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0247"n="233"/><fwplace="top"type="header">Drittes Buch. zweites Kapitel.<lb/></fw> beſteht. Dieſes Getränk, ſo ſagte er, hat die Kraft<lb/>
und das heilige Rauſchen des germaniſchen<lb/>
Urwaldes. Man fühlt direkt Speere in der Fauſt,<lb/>
wenn man es trinkt. Seine Hauptgnade aber<lb/>
beſteht darin, daß es wunſchlos macht. Es iſt<lb/>
das Katholikon der Getränke. Auserwählten iſt<lb/>
es gegeben, zu ſehen, daß dieſe Bowle eine tief¬<lb/>
goldene Gloriole hat.</p><lb/><p>In dieſer Weiſe charakteriſierte er im Kreiſe<lb/>
des C<hirendition="#aq">é</hi>nacles „die geſammte Ariſtokratie der<lb/>
Spirituoſen“, und er lehnte es durchaus nicht<lb/>
ab, wenn man ihn den Homer des Alkohols<lb/>
nannte.</p><lb/><p>Aber die Getränke, die er liebte, waren koſt¬<lb/>ſpielig, und weder er noch die anderen drei C<hirendition="#aq">é</hi>na¬<lb/>
cliers waren auf die Dauer im ſtande, das<lb/>
Geld dafür aufzubringen. Deshalb beſchloß man,<lb/>
einen „Barbemuche zu etablieren“, d. h. nach<lb/>
dem Muſter des Mürgerſchen C<hirendition="#aq">é</hi>nacles jemand<lb/>
ausfindig zu machen, der „alſo geeigenſchaftet<lb/>
wäre:</p><lb/><lgtype="poem"><l>Ehrfürchtig vor dem Geiſte,</l><lb/><l>Sehnſüchtig zur Kunſt,</l><lb/><l>Wohlausgeſtattet mit Gelde,</l><lb/></lg></div></div></body></text></TEI>
[233/0247]
Drittes Buch. zweites Kapitel.
beſteht. Dieſes Getränk, ſo ſagte er, hat die Kraft
und das heilige Rauſchen des germaniſchen
Urwaldes. Man fühlt direkt Speere in der Fauſt,
wenn man es trinkt. Seine Hauptgnade aber
beſteht darin, daß es wunſchlos macht. Es iſt
das Katholikon der Getränke. Auserwählten iſt
es gegeben, zu ſehen, daß dieſe Bowle eine tief¬
goldene Gloriole hat.
In dieſer Weiſe charakteriſierte er im Kreiſe
des Cénacles „die geſammte Ariſtokratie der
Spirituoſen“, und er lehnte es durchaus nicht
ab, wenn man ihn den Homer des Alkohols
nannte.
Aber die Getränke, die er liebte, waren koſt¬
ſpielig, und weder er noch die anderen drei Céna¬
cliers waren auf die Dauer im ſtande, das
Geld dafür aufzubringen. Deshalb beſchloß man,
einen „Barbemuche zu etablieren“, d. h. nach
dem Muſter des Mürgerſchen Cénacles jemand
ausfindig zu machen, der „alſo geeigenſchaftet
wäre:
Ehrfürchtig vor dem Geiſte,
Sehnſüchtig zur Kunſt,
Wohlausgeſtattet mit Gelde,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/247>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.