1) das braune Bier, 2) die blonden Mädchen, 3) der rote Wein, 4) die braunen Mädchen, 5) der weiße Wein, 6) die schwarzen Mädchen, 7) die Schnäpse jeglicher Observanz, 8) die edle Kunst rasender Reime, 9) die große Ewigkeit gewaltigen Ruhmes.
Er pflegte zu sagen:
-- Hütet euch vor Dichtern, die nicht saufen! Sie bedeuten für die Litteratur dasselbe, was die alten Jungfern für die Fortpflanzung des Menschengeschlechtes bedeuten. Sie sind ein Greuel und eine große Gefahr. Wehe, wenn sie die Welt mit ihrem Laster strohtrockener Verse anstecken. Dann ist das Ende nahe herbei¬ gekommen. Selbst Schiller trank Likör, aber, wenn er nicht trank, schrieb er diese bedenklichen Sachen, an denen heute noch sämmtliche Gymnasiallehrer leiden. Shakespeare dagegen soff wie ein Loch. Wie? Ihr fragt nach den Belegen? Ja, wenn ihrs nicht fühlt! Ich mache mich anheischig, bei jedem seiner Stücke zu sagen, was er damals ge¬ rade getrunken hat. Im Hamlet steckt viel Porter.
Drittes Buch, zweites Kapitel.
1) das braune Bier, 2) die blonden Mädchen, 3) der rote Wein, 4) die braunen Mädchen, 5) der weiße Wein, 6) die ſchwarzen Mädchen, 7) die Schnäpſe jeglicher Obſervanz, 8) die edle Kunſt raſender Reime, 9) die große Ewigkeit gewaltigen Ruhmes.
Er pflegte zu ſagen:
— Hütet euch vor Dichtern, die nicht ſaufen! Sie bedeuten für die Litteratur dasſelbe, was die alten Jungfern für die Fortpflanzung des Menſchengeſchlechtes bedeuten. Sie ſind ein Greuel und eine große Gefahr. Wehe, wenn ſie die Welt mit ihrem Laſter ſtrohtrockener Verſe anſtecken. Dann iſt das Ende nahe herbei¬ gekommen. Selbſt Schiller trank Likör, aber, wenn er nicht trank, ſchrieb er dieſe bedenklichen Sachen, an denen heute noch ſämmtliche Gymnaſiallehrer leiden. Shakeſpeare dagegen ſoff wie ein Loch. Wie? Ihr fragt nach den Belegen? Ja, wenn ihrs nicht fühlt! Ich mache mich anheiſchig, bei jedem ſeiner Stücke zu ſagen, was er damals ge¬ rade getrunken hat. Im Hamlet ſteckt viel Porter.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0243"n="229"/><fwplace="top"type="header">Drittes Buch, zweites Kapitel.<lb/></fw><list><item>1) das braune Bier,</item><lb/><item>2) die blonden Mädchen,</item><lb/><item>3) der rote Wein,</item><lb/><item>4) die braunen Mädchen,</item><lb/><item>5) der weiße Wein,</item><lb/><item>6) die ſchwarzen Mädchen,</item><lb/><item>7) die Schnäpſe jeglicher Obſervanz,</item><lb/><item>8) die edle Kunſt raſender Reime,</item><lb/><item>9) die große Ewigkeit gewaltigen Ruhmes.</item><lb/></list></p><p>Er pflegte zu ſagen:</p><lb/><p>— Hütet euch vor Dichtern, die nicht ſaufen!<lb/>
Sie bedeuten für die Litteratur dasſelbe, was<lb/>
die alten Jungfern für die Fortpflanzung des<lb/>
Menſchengeſchlechtes bedeuten. Sie ſind ein<lb/>
Greuel und eine große Gefahr. Wehe, wenn<lb/>ſie die Welt mit ihrem Laſter ſtrohtrockener<lb/>
Verſe anſtecken. Dann iſt das Ende nahe herbei¬<lb/>
gekommen. Selbſt Schiller trank Likör, aber, wenn<lb/>
er nicht trank, ſchrieb er dieſe bedenklichen Sachen,<lb/>
an denen heute noch ſämmtliche Gymnaſiallehrer<lb/>
leiden. Shakeſpeare dagegen ſoff wie ein Loch.<lb/>
Wie? Ihr fragt nach den Belegen? Ja, wenn<lb/>
ihrs nicht fühlt! Ich mache mich anheiſchig, bei<lb/>
jedem ſeiner Stücke zu ſagen, was er damals ge¬<lb/>
rade getrunken hat. Im Hamlet ſteckt viel Porter.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[229/0243]
Drittes Buch, zweites Kapitel.
1) das braune Bier,
2) die blonden Mädchen,
3) der rote Wein,
4) die braunen Mädchen,
5) der weiße Wein,
6) die ſchwarzen Mädchen,
7) die Schnäpſe jeglicher Obſervanz,
8) die edle Kunſt raſender Reime,
9) die große Ewigkeit gewaltigen Ruhmes.
Er pflegte zu ſagen:
— Hütet euch vor Dichtern, die nicht ſaufen!
Sie bedeuten für die Litteratur dasſelbe, was
die alten Jungfern für die Fortpflanzung des
Menſchengeſchlechtes bedeuten. Sie ſind ein
Greuel und eine große Gefahr. Wehe, wenn
ſie die Welt mit ihrem Laſter ſtrohtrockener
Verſe anſtecken. Dann iſt das Ende nahe herbei¬
gekommen. Selbſt Schiller trank Likör, aber, wenn
er nicht trank, ſchrieb er dieſe bedenklichen Sachen,
an denen heute noch ſämmtliche Gymnaſiallehrer
leiden. Shakeſpeare dagegen ſoff wie ein Loch.
Wie? Ihr fragt nach den Belegen? Ja, wenn
ihrs nicht fühlt! Ich mache mich anheiſchig, bei
jedem ſeiner Stücke zu ſagen, was er damals ge¬
rade getrunken hat. Im Hamlet ſteckt viel Porter.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/243>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.