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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Stilpe.
nicht auch Goethe Geheimrat und Minister ge¬
wesen?

Das wars, was winkte! Die Verbindung von
Staatsmann und Poet.

Sollte er etwa wie Lenz untergehn? Nein:
Seine Sturm- und Drangperiode war vorüber.
Endgiltig.

Hinter ihm Nebel des Wüstseins, vor ihm die
breite, sonnenhelle Marmortreppe zu Einfluß und
Ruhm und Reichtum.

Oh diese Eselhaftigkeit, zu vergessen, daß ohne
Reichtum Genuß undenkbar ist.

Was wär ich geworden? Ein genialer Lump!
Eine hungrige Berühmtheit, nein, pfui Teufel,
ein Litterat!

Was hätt ich gehabt? Nichts zu essen und
mediokre Weiber, Nähmädchen, höchstens Chori¬
stinnen.

Nun aber! Stellung und Ansehen! Mitten
in den höchsten Kreisen!

Ach, diese aristokratischen Damen! Alles an
ihnen Schönheit und Eleganz, rauschende Seide,
feinster Geist!

Er sah einen ganzen Hofball vor sich von
nackten Schultern und Brüsten, Diademe in duf¬

Stilpe.
nicht auch Goethe Geheimrat und Miniſter ge¬
weſen?

Das wars, was winkte! Die Verbindung von
Staatsmann und Poet.

Sollte er etwa wie Lenz untergehn? Nein:
Seine Sturm- und Drangperiode war vorüber.
Endgiltig.

Hinter ihm Nebel des Wüſtſeins, vor ihm die
breite, ſonnenhelle Marmortreppe zu Einfluß und
Ruhm und Reichtum.

Oh dieſe Eſelhaftigkeit, zu vergeſſen, daß ohne
Reichtum Genuß undenkbar iſt.

Was wär ich geworden? Ein genialer Lump!
Eine hungrige Berühmtheit, nein, pfui Teufel,
ein Litterat!

Was hätt ich gehabt? Nichts zu eſſen und
mediokre Weiber, Nähmädchen, höchſtens Chori¬
ſtinnen.

Nun aber! Stellung und Anſehen! Mitten
in den höchſten Kreiſen!

Ach, dieſe ariſtokratiſchen Damen! Alles an
ihnen Schönheit und Eleganz, rauſchende Seide,
feinſter Geiſt!

Er ſah einen ganzen Hofball vor ſich von
nackten Schultern und Brüſten, Diademe in duf¬

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[194/0208] Stilpe. nicht auch Goethe Geheimrat und Miniſter ge¬ weſen? Das wars, was winkte! Die Verbindung von Staatsmann und Poet. Sollte er etwa wie Lenz untergehn? Nein: Seine Sturm- und Drangperiode war vorüber. Endgiltig. Hinter ihm Nebel des Wüſtſeins, vor ihm die breite, ſonnenhelle Marmortreppe zu Einfluß und Ruhm und Reichtum. Oh dieſe Eſelhaftigkeit, zu vergeſſen, daß ohne Reichtum Genuß undenkbar iſt. Was wär ich geworden? Ein genialer Lump! Eine hungrige Berühmtheit, nein, pfui Teufel, ein Litterat! Was hätt ich gehabt? Nichts zu eſſen und mediokre Weiber, Nähmädchen, höchſtens Chori¬ ſtinnen. Nun aber! Stellung und Anſehen! Mitten in den höchſten Kreiſen! Ach, dieſe ariſtokratiſchen Damen! Alles an ihnen Schönheit und Eleganz, rauſchende Seide, feinſter Geiſt! Er ſah einen ganzen Hofball vor ſich von nackten Schultern und Brüſten, Diademe in duf¬

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/208>, abgerufen am 22.11.2024.