Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.Zweites Buch, fünftes Kapitel. aller Völker bewegend ist. Wir können, wennuns auch bei dieser Gelegenheit einige unregelmäßige Verba im Griechischen entfallen sein sollten (Stössel: Man denke!), auf diese Thatsache stolz sein, denn wir haben nach dem ewig citierten, aber sonst nie befolgten Satze gehandelt: Non scholae, sed vitae discimus (Barmann, sehr laut: Jawohl! Haben wir auch! Stilpe: Gewiß, haben wir!) Wem aber soll unser Leben dienen? Irgend einem dieser sackleinenen "wissenschaft¬ Bei allen schönen Mädchen und guten Geistern, Unser Leben soll der Kunst dienen! Wir Aber eben darum, meine lieben Debattier¬ Zweites Buch, fünftes Kapitel. aller Völker bewegend iſt. Wir können, wennuns auch bei dieſer Gelegenheit einige unregelmäßige Verba im Griechiſchen entfallen ſein ſollten (Stöſſel: Man denke!), auf dieſe Thatſache ſtolz ſein, denn wir haben nach dem ewig citierten, aber ſonſt nie befolgten Satze gehandelt: Non scholae, sed vitae discimus (Barmann, ſehr laut: Jawohl! Haben wir auch! Stilpe: Gewiß, haben wir!) Wem aber ſoll unſer Leben dienen? Irgend einem dieſer ſackleinenen „wiſſenſchaft¬ Bei allen ſchönen Mädchen und guten Geiſtern, Unſer Leben ſoll der Kunſt dienen! Wir Aber eben darum, meine lieben Debattier¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0195" n="181"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch, fünftes Kapitel.<lb/></fw> aller Völker bewegend iſt. Wir können, wenn<lb/> uns auch bei dieſer Gelegenheit einige unregelmäßige<lb/> Verba im Griechiſchen entfallen ſein ſollten (Stöſſel:<lb/> Man denke!), auf dieſe Thatſache ſtolz ſein,<lb/> denn wir haben nach dem ewig citierten, aber ſonſt<lb/> nie befolgten Satze gehandelt: <hi rendition="#aq">Non scholae</hi>,<lb/><hi rendition="#aq">sed vitae discimus</hi> (<hi rendition="#g">Barmann</hi>, ſehr laut:<lb/> Jawohl! Haben wir auch! <hi rendition="#g">Stilpe</hi>: Gewiß,<lb/> haben wir!)</p><lb/> <p>Wem aber ſoll unſer Leben dienen?</p><lb/> <p>Irgend einem dieſer ſackleinenen „wiſſenſchaft¬<lb/> lichen“ Broterwerbe, als da ſind: Die Lehre, den<lb/> Menſchen juriſtiſch zu verblöden, die Lehre, den<lb/> Menſchen theologiſch zu kaſtrieren, die Lehre, den<lb/> Menſchen mediziniſch zu vergiften, die Lehre, den<lb/> Menſchen philoſophiſch zu benebeln, die Lehre, den<lb/> Menſchen philologiſch zu verſchweinsledern?</p><lb/> <p>Bei allen ſchönen Mädchen und guten Geiſtern,<lb/> wir rufen: Nein! Sapriſti! Nein! (Toſender<lb/> Beifall. <hi rendition="#g">Barmann</hi> ſchwingt die Arme.)</p><lb/> <p>Unſer Leben ſoll der Kunſt dienen! Wir<lb/> wollen Dichter werden! (Gläſerklingen. Hörbare<lb/> tiefe Schlucke. <hi rendition="#g">Stilpe</hi> lächelt.)</p><lb/> <p>Aber eben darum, meine lieben Debattier¬<lb/> naturaliſten, müſſen wir jetzt unſern Debattier¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [181/0195]
Zweites Buch, fünftes Kapitel.
aller Völker bewegend iſt. Wir können, wenn
uns auch bei dieſer Gelegenheit einige unregelmäßige
Verba im Griechiſchen entfallen ſein ſollten (Stöſſel:
Man denke!), auf dieſe Thatſache ſtolz ſein,
denn wir haben nach dem ewig citierten, aber ſonſt
nie befolgten Satze gehandelt: Non scholae,
sed vitae discimus (Barmann, ſehr laut:
Jawohl! Haben wir auch! Stilpe: Gewiß,
haben wir!)
Wem aber ſoll unſer Leben dienen?
Irgend einem dieſer ſackleinenen „wiſſenſchaft¬
lichen“ Broterwerbe, als da ſind: Die Lehre, den
Menſchen juriſtiſch zu verblöden, die Lehre, den
Menſchen theologiſch zu kaſtrieren, die Lehre, den
Menſchen mediziniſch zu vergiften, die Lehre, den
Menſchen philoſophiſch zu benebeln, die Lehre, den
Menſchen philologiſch zu verſchweinsledern?
Bei allen ſchönen Mädchen und guten Geiſtern,
wir rufen: Nein! Sapriſti! Nein! (Toſender
Beifall. Barmann ſchwingt die Arme.)
Unſer Leben ſoll der Kunſt dienen! Wir
wollen Dichter werden! (Gläſerklingen. Hörbare
tiefe Schlucke. Stilpe lächelt.)
Aber eben darum, meine lieben Debattier¬
naturaliſten, müſſen wir jetzt unſern Debattier¬
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