Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite
Stilpe.

So hatte er eigentliche vollkommene Freiheit,
und es fehlte ihm, um mit dieser Freiheit so viel
anfangen zu können, wie er wünschte, nur an
Gelde.

Leider machte sich dieser Mangel, seit sich
Martha "verändert hatte," viel fühlbarer als
früher.

Ein geradezu lächerlicher Gedanke, jetzt mit den
fünf Mark monatlichem Taschengelde auszukommen.
Man mußte, da eine regelrechte Erhöhung des
Budgets außerhalb jeder Möglichkeit lag, auf
Extraordinaria sinnen.

Da fing denn der junge Mann zunächst klein
und bescheiden an. Er durchmusterte seine Bib¬
liothek.

Nun, da fanden sich ja einige Sächelchen, die
vom Überflusse waren: Alle die überwundenen
Standpunkte der durchlaufenen Klassen, wie sie sich
in alten Grammatiken, Lehrbüchern, Schulausgaben,
Gesangbüchern verkörperten, und dazu des Knaben
Willibald Belletristik: Der Lederstrumpf, verschiedene
Walter Scott-Romane, "für die Jugend" bearbeitet,
eine "ausgewählter Goethe" (fahr hin, Castrat!
rief Willibald) und Anderes mehr.

Diese Literatur überlieferte Stilpe einem alten

Stilpe.

So hatte er eigentliche vollkommene Freiheit,
und es fehlte ihm, um mit dieſer Freiheit ſo viel
anfangen zu können, wie er wünſchte, nur an
Gelde.

Leider machte ſich dieſer Mangel, ſeit ſich
Martha „verändert hatte,“ viel fühlbarer als
früher.

Ein geradezu lächerlicher Gedanke, jetzt mit den
fünf Mark monatlichem Taſchengelde auszukommen.
Man mußte, da eine regelrechte Erhöhung des
Budgets außerhalb jeder Möglichkeit lag, auf
Extraordinaria ſinnen.

Da fing denn der junge Mann zunächſt klein
und beſcheiden an. Er durchmuſterte ſeine Bib¬
liothek.

Nun, da fanden ſich ja einige Sächelchen, die
vom Überfluſſe waren: Alle die überwundenen
Standpunkte der durchlaufenen Klaſſen, wie ſie ſich
in alten Grammatiken, Lehrbüchern, Schulausgaben,
Geſangbüchern verkörperten, und dazu des Knaben
Willibald Belletriſtik: Der Lederſtrumpf, verſchiedene
Walter Scott-Romane, „für die Jugend“ bearbeitet,
eine „ausgewählter Goethe“ (fahr hin, Caſtrat!
rief Willibald) und Anderes mehr.

Dieſe Literatur überlieferte Stilpe einem alten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0124" n="110"/>
          <fw place="top" type="header">Stilpe.<lb/></fw>
          <p>So hatte er eigentliche vollkommene Freiheit,<lb/>
und es fehlte ihm, um mit die&#x017F;er Freiheit &#x017F;o viel<lb/>
anfangen zu können, wie er wün&#x017F;chte, nur an<lb/>
Gelde.</p><lb/>
          <p>Leider machte &#x017F;ich die&#x017F;er Mangel, &#x017F;eit &#x017F;ich<lb/>
Martha &#x201E;verändert hatte,&#x201C; viel fühlbarer als<lb/>
früher.</p><lb/>
          <p>Ein geradezu lächerlicher Gedanke, jetzt mit den<lb/>
fünf Mark monatlichem Ta&#x017F;chengelde auszukommen.<lb/>
Man mußte, da eine regelrechte Erhöhung des<lb/>
Budgets außerhalb jeder Möglichkeit lag, auf<lb/>
Extraordinaria &#x017F;innen.</p><lb/>
          <p>Da fing denn der junge Mann zunäch&#x017F;t klein<lb/>
und be&#x017F;cheiden an. Er durchmu&#x017F;terte &#x017F;eine Bib¬<lb/>
liothek.</p><lb/>
          <p>Nun, da fanden &#x017F;ich ja einige Sächelchen, die<lb/>
vom Überflu&#x017F;&#x017F;e waren: Alle die überwundenen<lb/>
Standpunkte der durchlaufenen Kla&#x017F;&#x017F;en, wie &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
in alten Grammatiken, Lehrbüchern, Schulausgaben,<lb/>
Ge&#x017F;angbüchern verkörperten, und dazu des Knaben<lb/>
Willibald Belletri&#x017F;tik: Der Leder&#x017F;trumpf, ver&#x017F;chiedene<lb/>
Walter Scott-Romane, &#x201E;für die Jugend&#x201C; bearbeitet,<lb/>
eine &#x201E;ausgewählter Goethe&#x201C; (fahr hin, Ca&#x017F;trat!<lb/>
rief Willibald) und Anderes mehr.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Literatur überlieferte Stilpe einem alten<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0124] Stilpe. So hatte er eigentliche vollkommene Freiheit, und es fehlte ihm, um mit dieſer Freiheit ſo viel anfangen zu können, wie er wünſchte, nur an Gelde. Leider machte ſich dieſer Mangel, ſeit ſich Martha „verändert hatte,“ viel fühlbarer als früher. Ein geradezu lächerlicher Gedanke, jetzt mit den fünf Mark monatlichem Taſchengelde auszukommen. Man mußte, da eine regelrechte Erhöhung des Budgets außerhalb jeder Möglichkeit lag, auf Extraordinaria ſinnen. Da fing denn der junge Mann zunächſt klein und beſcheiden an. Er durchmuſterte ſeine Bib¬ liothek. Nun, da fanden ſich ja einige Sächelchen, die vom Überfluſſe waren: Alle die überwundenen Standpunkte der durchlaufenen Klaſſen, wie ſie ſich in alten Grammatiken, Lehrbüchern, Schulausgaben, Geſangbüchern verkörperten, und dazu des Knaben Willibald Belletriſtik: Der Lederſtrumpf, verſchiedene Walter Scott-Romane, „für die Jugend“ bearbeitet, eine „ausgewählter Goethe“ (fahr hin, Caſtrat! rief Willibald) und Anderes mehr. Dieſe Literatur überlieferte Stilpe einem alten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/124
Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/124>, abgerufen am 28.11.2024.