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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Zweites Buch, erstes Kapitel.

-- Gott, Stilpe, der Mann ist höchstens ein
Schweinehund gewesen. Er ist nämlich schon seit
einer ganzen Reihe von Jahren tot.

-- Ach! Willst Du mir nicht die Jahreszahl
nennen? Weißt Du, was Du bist? Ein Protz bist
Du! Bildst Dir wunder was ein, daß Du ein
bischen mehr von solchen Sachen weißt wie ich.
Wenn mein Vater Staatsanwalt wäre und solche
Bücher hätte, könnte ich auch Sozialdemokrat
sein, d. h., wenn mir das nicht zu niederträch¬
tig wäre.

-- Ich kann Dir sie ja zu lesen geben. Das
ist gescheidter, als mit sechzehn Jahren in Bums¬
kneipen zu gehn.

-- Bumskneipen? Du sagst Bumskneipen?
Du meinst also, diese Mädchen sind gemeine Frauen¬
zimmer? Wahrhaftig Du, ich sage Dir, es
giebt nichts Reineres und Schöneres als z. B.
Martha.

-- Was geht mich denn Deine Martha an?

-- Du hast doch Bumskneipe gesagt! Wie
kommst Du denn dazu, jemand zu beleidigen, den
Du nicht kennst? Aber Du ziehst eben alles Edle
in den Staub. So machst Dus mit Bismarck und
so mit Allem. Du kannst nichts als kritisieren und

Zweites Buch, erſtes Kapitel.

— Gott, Stilpe, der Mann iſt höchſtens ein
Schweinehund geweſen. Er iſt nämlich ſchon ſeit
einer ganzen Reihe von Jahren tot.

— Ach! Willſt Du mir nicht die Jahreszahl
nennen? Weißt Du, was Du biſt? Ein Protz biſt
Du! Bildſt Dir wunder was ein, daß Du ein
bischen mehr von ſolchen Sachen weißt wie ich.
Wenn mein Vater Staatsanwalt wäre und ſolche
Bücher hätte, könnte ich auch Sozialdemokrat
ſein, d. h., wenn mir das nicht zu niederträch¬
tig wäre.

— Ich kann Dir ſie ja zu leſen geben. Das
iſt geſcheidter, als mit ſechzehn Jahren in Bums¬
kneipen zu gehn.

— Bumskneipen? Du ſagſt Bumskneipen?
Du meinſt alſo, dieſe Mädchen ſind gemeine Frauen¬
zimmer? Wahrhaftig Du, ich ſage Dir, es
giebt nichts Reineres und Schöneres als z. B.
Martha.

— Was geht mich denn Deine Martha an?

— Du haſt doch Bumskneipe geſagt! Wie
kommſt Du denn dazu, jemand zu beleidigen, den
Du nicht kennſt? Aber Du ziehſt eben alles Edle
in den Staub. So machſt Dus mit Bismarck und
ſo mit Allem. Du kannſt nichts als kritiſieren und

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[91/0105] Zweites Buch, erſtes Kapitel. — Gott, Stilpe, der Mann iſt höchſtens ein Schweinehund geweſen. Er iſt nämlich ſchon ſeit einer ganzen Reihe von Jahren tot. — Ach! Willſt Du mir nicht die Jahreszahl nennen? Weißt Du, was Du biſt? Ein Protz biſt Du! Bildſt Dir wunder was ein, daß Du ein bischen mehr von ſolchen Sachen weißt wie ich. Wenn mein Vater Staatsanwalt wäre und ſolche Bücher hätte, könnte ich auch Sozialdemokrat ſein, d. h., wenn mir das nicht zu niederträch¬ tig wäre. — Ich kann Dir ſie ja zu leſen geben. Das iſt geſcheidter, als mit ſechzehn Jahren in Bums¬ kneipen zu gehn. — Bumskneipen? Du ſagſt Bumskneipen? Du meinſt alſo, dieſe Mädchen ſind gemeine Frauen¬ zimmer? Wahrhaftig Du, ich ſage Dir, es giebt nichts Reineres und Schöneres als z. B. Martha. — Was geht mich denn Deine Martha an? — Du haſt doch Bumskneipe geſagt! Wie kommſt Du denn dazu, jemand zu beleidigen, den Du nicht kennſt? Aber Du ziehſt eben alles Edle in den Staub. So machſt Dus mit Bismarck und ſo mit Allem. Du kannſt nichts als kritiſieren und

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/105>, abgerufen am 26.11.2024.