Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884.p3b_012.001 Vor meinem Auge stieg dann deutlich, klar p3b_012.002 p3b_012.019Das Bildnis auf von Jhrer Residenz, p3b_012.003 Jn deren stillen, herrlichen Jdylle p3b_012.004 Jhr Stern ein Licht verstrahlte, dessen Glanz p3b_012.005 Mir Hoffnung gab bei Sieg wie bei Gefahr. p3b_012.006 Jch fühlte Sehnsucht, fühlte wie mein Herz p3b_012.007 Unlösbar an der fernen Stätte hing. p3b_012.008 Und Jhre Briefe, Hoheit, teure Zeichen p3b_012.009 Der hohen Gunst, die ich zuvor genoß p3b_012.010 Entzückten mich; es steigerte das Glück p3b_012.011 Zum Hochgenuß der Seligkeit der Ausruf, p3b_012.012 Mit welchem Sie beim Eintritt mich empfingen. p3b_012.013 Geliebte Fürstin! Mutig fragt mein Mund: p3b_012.014 Bin ich in Wahrheit teuer Jhrem Herzen? - p3b_012.015 Darf kühn zu Jhnen ich das Aug' erheben p3b_012.016 Mit jener Frage, die der stolze Mann p3b_012.017 Jm Vollbewußtsein seines Werts nur Ein Mal p3b_012.018 Zum Weibe seiner Liebe werbend spricht? - Fürstin. Sie dürfen's, Leopold! wie ein Geschenk p3b_012.020 p3b_012.025Des Himmels nah'n Sie mir in dieser Stunde. p3b_012.021 Wo ich um Jhren Tod so innig klagte, p3b_012.022 Wo schon die schwarze Rotte frech die Hand p3b_012.023 Nach meines Landes Freiheit, meiner Ehre, p3b_012.024 Zu strecken suchte. Leopold. Wie? das wagte sie, p3b_012.026 p3b_012.028Die falsche Brut? Man täuschte Sie sogar p3b_012.027 Mit meinem Tod? (Geschrei unten:) "Fort mit den Jesuiten." (Wüster Lärm.) p3b_012.029Fürstin. Gerechter Gott! was kündet solcher Lärm? p3b_012.030 § 4. Bildung des neuen Senars (Trimeter). p3b_012.031 p3b_012.035 p3b_012.001 Vor meinem Auge stieg dann deutlich, klar p3b_012.002 p3b_012.019Das Bildnis auf von Jhrer Residenz, p3b_012.003 Jn deren stillen, herrlichen Jdylle p3b_012.004 Jhr Stern ein Licht verstrahlte, dessen Glanz p3b_012.005 Mir Hoffnung gab bei Sieg wie bei Gefahr. p3b_012.006 Jch fühlte Sehnsucht, fühlte wie mein Herz p3b_012.007 Unlösbar an der fernen Stätte hing. p3b_012.008 Und Jhre Briefe, Hoheit, teure Zeichen p3b_012.009 Der hohen Gunst, die ich zuvor genoß p3b_012.010 Entzückten mich; es steigerte das Glück p3b_012.011 Zum Hochgenuß der Seligkeit der Ausruf, p3b_012.012 Mit welchem Sie beim Eintritt mich empfingen. p3b_012.013 Geliebte Fürstin! Mutig fragt mein Mund: p3b_012.014 Bin ich in Wahrheit teuer Jhrem Herzen? ─ p3b_012.015 Darf kühn zu Jhnen ich das Aug' erheben p3b_012.016 Mit jener Frage, die der stolze Mann p3b_012.017 Jm Vollbewußtsein seines Werts nur Ein Mal p3b_012.018 Zum Weibe seiner Liebe werbend spricht? ─ Fürstin. Sie dürfen's, Leopold! wie ein Geschenk p3b_012.020 p3b_012.025Des Himmels nah'n Sie mir in dieser Stunde. p3b_012.021 Wo ich um Jhren Tod so innig klagte, p3b_012.022 Wo schon die schwarze Rotte frech die Hand p3b_012.023 Nach meines Landes Freiheit, meiner Ehre, p3b_012.024 Zu strecken suchte. Leopold. Wie? das wagte sie, p3b_012.026 p3b_012.028Die falsche Brut? Man täuschte Sie sogar p3b_012.027 Mit meinem Tod? (Geschrei unten:) „Fort mit den Jesuiten.“ (Wüster Lärm.) p3b_012.029Fürstin. Gerechter Gott! was kündet solcher Lärm? p3b_012.030 § 4. Bildung des neuen Senars (Trimeter). p3b_012.031 p3b_012.035 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0038" n="12"/> <lb n="p3b_012.001"/> <lg> <l>Vor meinem Auge stieg dann deutlich, klar</l> <lb n="p3b_012.002"/> <l>Das Bildnis auf von Jhrer Residenz,</l> <lb n="p3b_012.003"/> <l>Jn deren stillen, herrlichen Jdylle</l> <lb n="p3b_012.004"/> <l>Jhr Stern ein Licht verstrahlte, dessen Glanz</l> <lb n="p3b_012.005"/> <l>Mir Hoffnung gab bei Sieg wie bei Gefahr.</l> <lb n="p3b_012.006"/> <l>Jch fühlte Sehnsucht, fühlte wie mein Herz</l> <lb n="p3b_012.007"/> <l>Unlösbar an der fernen Stätte hing.</l> <lb n="p3b_012.008"/> <l>Und Jhre Briefe, Hoheit, teure Zeichen</l> <lb n="p3b_012.009"/> <l>Der hohen Gunst, die ich zuvor genoß</l> <lb n="p3b_012.010"/> <l>Entzückten mich; es steigerte das Glück</l> <lb n="p3b_012.011"/> <l>Zum Hochgenuß der Seligkeit der Ausruf,</l> <lb n="p3b_012.012"/> <l>Mit welchem Sie beim Eintritt mich empfingen.</l> <lb n="p3b_012.013"/> <l>Geliebte Fürstin! Mutig fragt mein Mund:</l> <lb n="p3b_012.014"/> <l>Bin ich in Wahrheit teuer Jhrem Herzen? ─</l> <lb n="p3b_012.015"/> <l>Darf kühn zu Jhnen ich das Aug' erheben</l> <lb n="p3b_012.016"/> <l>Mit jener Frage, die der stolze Mann</l> <lb n="p3b_012.017"/> <l>Jm Vollbewußtsein seines Werts nur Ein Mal</l> <lb n="p3b_012.018"/> <l>Zum Weibe seiner Liebe werbend spricht? ─</l> </lg> <lb n="p3b_012.019"/> <p> <hi rendition="#g">Fürstin.</hi> </p> <lg> <l>Sie dürfen's, Leopold! wie ein Geschenk</l> <lb n="p3b_012.020"/> <l>Des Himmels nah'n Sie mir in dieser Stunde.</l> <lb n="p3b_012.021"/> <l>Wo ich um Jhren Tod so innig klagte,</l> <lb n="p3b_012.022"/> <l>Wo schon die schwarze Rotte frech die Hand</l> <lb n="p3b_012.023"/> <l>Nach meines Landes Freiheit, meiner Ehre,</l> <lb n="p3b_012.024"/> <l>Zu strecken suchte.</l> </lg> <lb n="p3b_012.025"/> <p> <hi rendition="#g">Leopold.</hi> </p> <lg> <l> Wie? das wagte sie,</l> <lb n="p3b_012.026"/> <l>Die falsche Brut? Man täuschte Sie sogar</l> <lb n="p3b_012.027"/> <l>Mit meinem Tod? (Geschrei unten:) „Fort mit den Jesuiten.“</l> </lg> <lb n="p3b_012.028"/> <p> <hi rendition="#right">(Wüster Lärm.)</hi> </p> <lb n="p3b_012.029"/> <p> <hi rendition="#g">Fürstin.</hi> </p> <lg> <l>Gerechter Gott! was kündet solcher Lärm?</l> </lg> </div> <div n="3"> <lb n="p3b_012.030"/> <head> <hi rendition="#c">§ 4. Bildung des neuen Senars (Trimeter).</hi> </head> <p><lb n="p3b_012.031"/> 1. Der neue Senarius (⏑–⏑–⏑ │ –⏑–⏑–⏑– │) ist für unsere <lb n="p3b_012.032"/> Sprache ein etwas breites Gefäß, für welches der Satz oft nicht ausreicht, <lb n="p3b_012.033"/> so daß zur Ausfüllung nicht selten Flickwörter herbeigezogen <lb n="p3b_012.034"/> werden müssen.</p> <p><lb n="p3b_012.035"/> 2. Er ist für uns nicht unwichtig, da wir ihn bei Übersetzung <lb n="p3b_012.036"/> der griechischen Tragiker nötig haben, ganz abgesehen von den vielen <lb n="p3b_012.037"/> deutschen Gedichten, die in diesem Versmaß geschrieben sind. Außerdem <lb n="p3b_012.038"/> weist uns das Urteil Schillers (dessen Montgomery-Scene in <lb n="p3b_012.039"/> der „Jungfrau“ aus Senaren besteht) auf diesen Vers hin. Nach <lb n="p3b_012.040"/> seinem Geständnis wurde es ihm schwer, „von den schönen und volltönenden <lb n="p3b_012.041"/> Senaren zu den lahmen Fünffüßlern zurückzukehren“.</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [12/0038]
p3b_012.001
Vor meinem Auge stieg dann deutlich, klar p3b_012.002
Das Bildnis auf von Jhrer Residenz, p3b_012.003
Jn deren stillen, herrlichen Jdylle p3b_012.004
Jhr Stern ein Licht verstrahlte, dessen Glanz p3b_012.005
Mir Hoffnung gab bei Sieg wie bei Gefahr. p3b_012.006
Jch fühlte Sehnsucht, fühlte wie mein Herz p3b_012.007
Unlösbar an der fernen Stätte hing. p3b_012.008
Und Jhre Briefe, Hoheit, teure Zeichen p3b_012.009
Der hohen Gunst, die ich zuvor genoß p3b_012.010
Entzückten mich; es steigerte das Glück p3b_012.011
Zum Hochgenuß der Seligkeit der Ausruf, p3b_012.012
Mit welchem Sie beim Eintritt mich empfingen. p3b_012.013
Geliebte Fürstin! Mutig fragt mein Mund: p3b_012.014
Bin ich in Wahrheit teuer Jhrem Herzen? ─ p3b_012.015
Darf kühn zu Jhnen ich das Aug' erheben p3b_012.016
Mit jener Frage, die der stolze Mann p3b_012.017
Jm Vollbewußtsein seines Werts nur Ein Mal p3b_012.018
Zum Weibe seiner Liebe werbend spricht? ─
p3b_012.019
Fürstin.
Sie dürfen's, Leopold! wie ein Geschenk p3b_012.020
Des Himmels nah'n Sie mir in dieser Stunde. p3b_012.021
Wo ich um Jhren Tod so innig klagte, p3b_012.022
Wo schon die schwarze Rotte frech die Hand p3b_012.023
Nach meines Landes Freiheit, meiner Ehre, p3b_012.024
Zu strecken suchte.
p3b_012.025
Leopold.
Wie? das wagte sie, p3b_012.026
Die falsche Brut? Man täuschte Sie sogar p3b_012.027
Mit meinem Tod? (Geschrei unten:) „Fort mit den Jesuiten.“
p3b_012.028
(Wüster Lärm.)
p3b_012.029
Fürstin.
Gerechter Gott! was kündet solcher Lärm?
p3b_012.030
§ 4. Bildung des neuen Senars (Trimeter). p3b_012.031
1. Der neue Senarius (⏑–⏑–⏑ │ –⏑–⏑–⏑– │) ist für unsere p3b_012.032
Sprache ein etwas breites Gefäß, für welches der Satz oft nicht ausreicht, p3b_012.033
so daß zur Ausfüllung nicht selten Flickwörter herbeigezogen p3b_012.034
werden müssen.
p3b_012.035
2. Er ist für uns nicht unwichtig, da wir ihn bei Übersetzung p3b_012.036
der griechischen Tragiker nötig haben, ganz abgesehen von den vielen p3b_012.037
deutschen Gedichten, die in diesem Versmaß geschrieben sind. Außerdem p3b_012.038
weist uns das Urteil Schillers (dessen Montgomery-Scene in p3b_012.039
der „Jungfrau“ aus Senaren besteht) auf diesen Vers hin. Nach p3b_012.040
seinem Geständnis wurde es ihm schwer, „von den schönen und volltönenden p3b_012.041
Senaren zu den lahmen Fünffüßlern zurückzukehren“.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/38 |
Zitationshilfe: | Beyer, Conrad: Deutsche Poetik. Handbuch der deutschen Dichtkunst nach den Anforderungen der Gegenwart. Dritter Band. Stuttgart, 1884, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beyer_poetik03_1884/38>, abgerufen am 16.07.2024. |